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Zwei Dimensionen des NSA-Skandals: Demokratie und Internet

Archiv Linksfraktion - Rede von Petra Pau,

Demokratie im digitalen Zeitalter

Petra Pau (DIE LINKE):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Linke fordert seit Monaten eine zügige, umfassende und öffentliche Aufklärung aller Umstände des sogenannten NSA-Datenskandals; meine Kollegin Halina Wawzyniak hat es bereits gesagt. Deshalb unterstützt die Linke auch den vorliegenden Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der NSA-Skandal ist der bislang größte Angriff auf Bürgerrechte und Demokratie in der Geschichte der westlichen Zivilisation. Im Bundeskanzleramt müssten eigentlich alle Alarmglocken schrillen. Aber da herrscht Grabesstille. Die Linke hat dafür überhaupt kein Verständnis.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ‑ Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir auch nicht! - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir auch nicht!)

Dass massiv gegen verbriefte Bürgerrechte verstoßen wurde und wird, liegt auf der Hand. Dazu gehören das Postgeheimnis ebenso wie der Datenschutz. Ausgehöhlt werden zudem der Rechtsstaat, die Pressefreiheit und die Schweigepflicht von Ärzten oder Geistlichen sowie anderes mehr. Das Grundgesetz wird nicht verteidigt, sondern entwertet. Ich frage Sie: Kann es einen größeren Ernstfall geben? Ich glaube, kaum.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Erinnern wir uns: Im Volkszählungsurteil hatte das Bundesverfassungsgericht das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und damit den Datenschutz begründet. Im Urteil hieß es sinngemäß: Bürgerinnen und Bürger, die nicht mehr wissen oder nicht mehr wissen können, wer was über sie weiß, sind als Mensch nicht mehr souverän. Wer als Mensch nicht mehr souverän ist, kann auch als Bürger kein Souverän sein. Eine Demokratie ohne Souveräne ist aber undenkbar.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Niemand kann heute mehr wissen, wer was über sie oder ihn weiß. Um diese Dimension geht es hier, um die Bedrohung der Demokratie. Das wiederum darf keine Partei hier im Bundestag einfach aussitzen.

Ich konstatiere: Das Internet und die Geheimdienste sind zu einer unheiligen Allianz verkommen. Schon wird öffentlich über das Ende des Internets philosophiert. Die Freiheit des Internets und geheime Dienste widersprechen sich. Also muss man sich entscheiden. Die Linke sagt: für das Internet und gegen Geheimdienste.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn das ist die zweite große Dimension des NSA-Skandals: die Freiheit des Internets als soziale, kulturelle und wirtschaftliche Grundlage der Zukunft. Ein geheimes Antispionageabkommen zwischen Geheimdiensten ist dafür ein Witz ohne Lacher.

(Beifall bei der LINKEN)

Das taugt vielleicht für die nächste James-Bond-Folge, aber nicht für das richtige Leben.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)