Ich unterstütze den fraktionsübergreifenden Gruppenantrag zur Anstrengung eines AfD-Verbotsverfahrens. Für einen solchen Antrag, der den Weg zu einem Prüfverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht eröffnet, spricht aus meiner Sicht viel:
Teile der AfD sind rechtsextrem. Das erleben wir, und das ist mehrfach durch einzelne Landesämter für Verfassungsschutz und Gerichte bestätigt. Damit ist für mich die grundsätzliche Anforderung an ein AfD-Verbotsverfahren gegeben. Es gilt: Schimmelt das Brot an einer Stelle, ist das ganze Brot schlecht. Wenn mithilfe einer dann „in Teilen“ nicht rechtsextremen Partei Steuergelder und hauptamtliche Strukturen dafür genutzt werden, auch die rechtsextremen Teile der Partei mit Geldern, Informationen und Personal zu versorgen, zeigt das die umfassende Gefahr auch einer „nur“ in Teilen rechtsextremen Partei!
Diesen Geld- und Informationsfluss auszutrocknen, kann nur ein Parteiverbotsverfahren erreichen. Dieses stellt im Nachhinein einen schon davor vorhandenen Zustand fest.
An diese Erkenntnis schließt sich meine Forderung an, dass ein Verbotsverfahren nicht das einzige Mittel bleiben darf. Jeder Versuch, ein Verbotsverfahren gegen das alltägliche Verteidigen demokratischer und rechtsstaatlicher Grundwerte auszuspielen, verbietet sich. Wo das Verbotsverfahren das institutionelle Instrument der wehrhaften Demokratie dieses Landes ist, müssen auch alle Demokratinnen und Demokraten dieses Landes dauerhaft wehrhaft gegen rechtsextreme Versuche vorgehen, demokratische und rechtsstaatliche Grundsätze zu unterminieren. Allen Demokratinnen und Demokraten im Deutschen Bundestag und allen Demokratinnen und Demokraten im Land ist daher weiterhin die Aufgabe gestellt, gegen rechtsextreme Argumentationen, Fake News und Verächtlichmachung demokratischer Grundprinzipien zu kämpfen. Die Auseinandersetzung mit AfD-Wählenden oder -Sympathisantinnen und -Sympathisanten wird durch die Einleitung eines Verbotsverfahrens in keinster Weise überflüssig. – So weit zu meiner Rechtsansicht.
Ich darf noch ein zweites und eher politisches Argument vorbringen. Schaue ich auf die vergangenen zehn Jahre und die Wirkung der AfD in dieser Zeit zurück, erschrecke ich vor dem Einfluss auf den politischen Diskurs, den diese Partei hatte, und zwar ohne über irgendeine staatliche oder institutionelle mediale Macht zu verfügen. Jeder Gedanke daran, durch ein Auslassen oder verspätetes Einleiten eines AfD-Verbotsverfahrens Möglichkeiten auch nur der geringsten Wahrscheinlichkeit offenzulassen, dass die AfD durch eine wie auch immer geartete Regierungsbeteiligung oder -tolerierung staatliche und/oder institutionell-mediale Macht erhält, sorgt mich zutiefst. Denn dies vervielfachte ihren Einfluss auf den Diskurs exorbitant, und das, obgleich ihr Einfluss auf die öffentliche Meinung in den letzten zehn Jahren schon ohne diese institutionelle Diskursmacht durchaus erheblich ist. Weil niemand die dann einsetzende Dynamik abschätzen kann, falls die AfD institutionelle Diskursmacht erhielte, muss diese Option so schnell wie möglich vom Tisch genommen werden.
In dieser Woche gedachten wir der Befreiung des für die industrielle Vernichtung von Menschen stehenden Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Die historische Lehre aus dieser ideologischen Überhebung und Entmenschlichung war für Deutschland und die Welt: Nie wieder! „Nie wieder“ mahnt uns. „Nie wieder“ verpflichtet uns. „Nie wieder“ ist die Kurzidentität der wehrhaften Demokratie. „Nie wieder“ ist jetzt!
Mit einem Verbot der AfD kann erreicht werden, dass diese Organisation keine Möglichkeit mehr bekommt, ihre faschistischen Einstellungen parteimäßig (und durch Steuergelder finanziert) zu kommunizieren. Der Anstrich, den sich diese Partei gern selbst gibt und als Legende vor sich herträgt, demokratisch zu sein, muss aufgelöst werden. Denn ihre Ziele und Forderungen sind undemokratisch. Sie stellen Grundrechte unserer Verfassung grundsätzlich infrage und untergraben damit den Rechtsstaat, der auf dem Grundgesetz beruht. Nicht selten verwechseln auch Bürgerinnen und Bürger den Unterschied, demokratisch gewählt worden zu sein und demokratisch zu sein. Die AfD konnte bisher in demokratischen Wahlen gewählt werden, auch wenn diese Partei nicht demokratisch ist. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass wir in einem Rechtsstaat leben. Eine rechtsstaatliche Entscheidung des Verfassungsgerichtes über diese Partei ist notwendig. Aus meiner Sicht kann ein solches Verfahren nur mit einem Verbot enden, aber diese Prüfung obliegt eben dem Verfassungsgericht und nicht einem Parlament.
Natürlich wird die politische Auseinandersetzung mit den von der AfD vertretenen Grundsätzen und Ideen davon unberührt bleiben, und unser Einsatz gegen Nazis muss weitergeführt werden.