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Zivile Konfliktbearbeitung braucht Gewaltverzicht

Archiv Linksfraktion - Rede von Kathrin Vogler,

Rede von Kathrin Vogler (DIE LINKE) zur Beratung des Antrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen "Zivile Krisenprävention ins Zentrum deutscher Außenpolitik rücken" sowie zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen "Den friedenspolitischen und krisenpräventiven Auftrag des Europäischen Auswärtigen Dienstes jetzt umsetzen" (BT-Drs. 17/4043, 17/5307), am 26.05.2011 im Deutschen Bundestag

Sehr verehrte Damen und Herren!

28 Kriege und 126 weitere Gewaltkonflikte erschüttern in diesem Moment unseren Planeten. Diese vielen Konflikte erfordern ganz dringend von uns, zu überlegen, was wir dazu beitragen können, dass sie ohne Gewalt bearbeitet und gelöst werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Deswegen ist die Stärkung der zivilen Konfliktbearbeitung ein wichtiges Anliegen, insbesondere für eine Friedenspartei wie DIE LINKE.
Die Grünen schlagen nun viele einzelne Maßnahmen vor, die zum Teil in die richtige Richtung weisen:
Erstens wollen Sie den Aktionsplan „Zivile Krisenprävention“ weiterentwickeln und ihn mit klaren Zielvorgaben, Strategien und einem Zeitplan versehen. Das ist, um es einmal mit den Worten der Kollegin Bulmahn zu sagen, „sinnvoll …, aber nicht ausreichend“. Ohne eine klare Abgrenzung zu militärischen Maßnahmen bleiben der Aktionsplan und Ihr Antrag leider nur Fassade.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens. Auch den systematischen Aufbau ziviler Ressourcen, wenn es zum Beispiel um Richter oder Verwaltungsfachleute für zivile Missionen geht, unterstützen wir. Wir sind allerdings dagegen, Polizeimissionen etwa in Afghanistan als schlecht verkappten Ersatz für Militäreinsätze zu benutzen, nur weil sie vielleicht politisch leichter durchzusetzen sind. Ich hoffe, da habe ich Sie an unserer Seite. Denn einen solchen Missbrauch von Polizistinnen und Polizisten lehnt die Linke ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Drittens haben wir im letzten Jahr die schwarz-gelben Kürzungen der Mittel im Bereich der zivilen Konfliktbearbeitung gemeinsam scharf kritisiert. Auch DIE LINKE fordert mehr Mittel für zivilgesellschaftliche Initiativen in der gewaltfreien Konfliktbearbeitung. Aber die Mittel für die schwarz-gelbe Bundeswehrreform, für die Ihr Parteivorsitzender Cem Özdemir schon seine Unterstützung zugesagt hat, liebe Frau Müller, können nicht mehr für anderes, Sinnvolleres ausgegeben werden. Das muss auch einmal gesagt werden.
Bei einem solchen Sammelsurium politischer Forderungen wie in Ihrem Antrag muss man schon einmal genauer hinschauen, vor allem, um zu erkennen, was fehlt. Mich hat zum Beispiel gewundert, dass Sie gar nichts zu einer gerechten Weltwirtschaftsordnung und den Rohstoffkonflikten sagen. Gerade jetzt, wo die sudanesische Armee in die Erdölprovinz Abyei einmarschiert ist, liegt das Thema bei solch einem Antrag doch auf der Hand.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Die allermeisten Konflikte haben doch wirtschaftliche Hintergründe, für die die Bundesrepublik und die EU mit ihrer Außenwirtschaftspolitik mitverantwortlich sind. Wir hatten einmal einen Bundespräsidenten ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern , der das ganz offen ausgesprochen hat und dann gehen musste. Was wir brauchen, ist eine konsequente Krisenprävention durch gerechtere globale Wirtschaftsbeziehungen und sozial-ökologischen Umbau.


(Beifall bei der LINKEN)


Last, not least: Der Knackpunkt bei der Glaubwürdigkeit friedlicher und ziviler Außenpolitik ist für DIE LINKE der Gewaltverzicht, der in Ihrem Antrag leider gar nicht vorkommt. Ich sage es auch mit Blick auf die Position von SPD und Grünen zum Libyen-Krieg: Wer unter welchem Vorwand auch immer Kriege führt, der kann meiner Ansicht nach keine glaubwürdige Friedenspolitik machen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie schreiben selbst, dass es im Zusammenhang mit dem „Schutz der Zivilbevölkerung“ und „der Bekämpfung nichtstaatlicher Gewaltakteure“ „schier unlösbare Dilemmata“ gibt. Ja, genauso ist es doch: Krieg ist kein Schutz vor Gewalt; Krieg bedeutet immer Gewalt gegen die Zivilbevölkerung. Das sehen wir in Afghanistan, in Libyen und überall da, wo die NATO Kriege führt.


(Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Die NATO Kriege führt? Philipp Mißfelder (CDU/CSU): Jetzt reicht es aber! Das ist ja schon wieder wie heute Nachmittag!)


Gerade deswegen ist die zivile Konfliktbearbeitung so wichtig.


(Beifall bei der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, hier müssen Sie sich entscheiden, was Sie wollen: zivile Konfliktbearbeitung nur als Feigenblättchen für Militäreinsätze oder als echte Alternative zu einer Politik der Gewalt. Sie kritisieren den Begriff der vernetzten Sicherheit nur halbherzig. Sie tun so, als hätten die NGOs ein Wahrnehmungsproblem, wenn sie diesen Begriff kritisieren; man müsse ihn nur klarer formulieren und besser kommunizieren. Nein, das sehe ich nicht so.


(Joachim Spatz (FDP): Wir schon!)


Dieser Begriff weist in die ganz falsche Richtung. Das ganze Konzept gehört auf den Müllhaufen. Ich bitte Sie da um Unterstützung.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich komme zum Schluss. Treten Sie bitte mit uns gemeinsam dafür ein, dass der Gewaltverzicht zum Leitbild deutscher Außenpolitik wird und die zivile Konfliktbearbeitung zu seinem Instrumentenkasten. Dabei hätten Sie uns an Ihrer Seite. Wir lassen Ihnen aber keine Mogelpackungen durchgehen.


(Beifall bei der LINKEN)