Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute Nacht wird es in Berlin wieder minus 2 Grad Außentemperatur haben, gestern hat es dazu noch geschneit. Während so manch einer hier mit dem Fahrdienst in die warme Stube fährt, sind viele andere noch auf der Suche nach einem Platz zum Übernachten.
Wohnungslosigkeit - das lässt sich nicht abstreiten - ist ein zunehmendes Problem in Deutschland. Das sieht jeder, der mit offenen Augen durch die Städte geht. Das belegen auch die Zahlen, die wir kennen. Schätzungsweise 335 000 Menschen waren im letzten Jahr ohne Wohnung. Das ist gemessen an den Schätzungen der Jahre davor ein Anstieg um 18 Prozent. Das sagt die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, die diese Zahlen seit Jahren erhebt und bei der ich mich an dieser Stelle sehr herzlich für ihr Engagement bedanken möchte.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
335 000 Obdachlose in einem reichen Land, mit steigender Tendenz - das ist ein Armutszeugnis für unser Land. Wir können da nicht länger zusehen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wohnen ist doch ein Grundrecht. Deswegen ist es unsere Verantwortung in der Politik, dafür zu sorgen, dass jeder Mensch dieses Grundrecht auch wahrnehmen kann.
Für die nächsten Jahre prognostiziert die BAGW sogar noch einen Anstieg und geht davon aus, dass schon in wenigen Jahren die Grenze von einer halben Million Wohnungsloser überschritten sein wird. Und wer erst einmal seine Wohnung verloren hat, der hat wenige Chancen, schnell einen anderen Lebensweg einzuschlagen. Jeder Vermieter wird stutzig, wenn er keine aktuelle Adresse aufweisen kann, jeder potenzielle Arbeitgeber auch. Die Wohnungslosigkeit ist häufig der Beginn eines Teufelskreises. Wir müssen alles daran setzen, dass Menschen aus diesem Teufelskreis aussteigen können.
Verlässliche Zahlen über die steigende Wohnungslosigkeit zu haben, das ist der erste Schritt. Das ist immer so. Damit sagen wir als Gesellschaft, damit sagen wir als Politik: Wir haben das Problem erkannt. Wir setzen alles daran, es statistisch sauber zu erfassen. Das ist die Grundlage, um Wohnungslosigkeit zu bekämpfen.
Damit komme ich zu meinem nächsten Punkt. Wir begrüßen den Antrag der Grünen. Wir, die Fraktion Die Linke, haben vor wenigen Jahren einen ähnlichen Antrag gestellt. Er trug den Titel „Obdach- und Wohnungslosigkeit erkennen und bekämpfen“. Den zweiten Punkt vermisse ich ein wenig im Antrag der Grünen.
Steigende Mieten sind der Nährboden für Wohnungslosigkeit. Wir hatten in vielen Großstädten in den letzten fünf Jahren Mietsteigerungen von 20, 30, 40, in Berlin bis zu 50 Prozent. Die Mietenexplosion und die Wohnungsnot sind hausgemacht. Das fällt nicht einfach vom Himmel. Das ist Ergebnis einer falschen und verfehlten Miet- und Wohnungspolitik. Das muss man an dieser Stelle ganz klar sagen.
Eine Privatisierungswelle sondergleichen auch der Bundesregierung in den letzten Jahren und das Zusammenstreichen von Sozialwohnungen führten dazu, dass hier in zehn Jahren über eine Million Sozialwohnungen weggefallen sind. Ihre positive Einschätzung kann ich da beim besten Willen nicht teilen.
Jährlich fallen 80.000 bis 100.000 Wohnungen aus der Sozial-, der Belegungs- und der Preisbindung, aber neu gebaut werden gerade einmal 10.000 Wohnungen im Jahr. Das steht doch in gar keinem Verhältnis. Hier sind andere Anstrengungen nötig.
Bei allen Sonntagsreden über den sozialen Wohnungsbau kann ich die Beschlusslage hier nicht erkennen. Sie beschließen Steuerabschreibungsmodelle für Reiche. Das ist Gießkannenförderung. Das ist nicht der richtige Weg. Das ist überhaupt nicht zielführend.
Meine Damen und Herren, zu guter Letzt wenige Punkte, wie wir die Wohnungslosigkeit bekämpfen wollen. Wir sagen ganz klar - da kann ich an meinen Vorredner anschließen -: Sanktionsfreie Mindestsicherung statt Hartz IV wäre einer der wichtigen Schritte.
Eine ganz wesentliche Ursache sind die Zwangsräumungen. 22 Zwangsräumungen im Schnitt am Tag allein in Berlin sind doch eine Schande. Das haben Sie mit der letzten Mietrechtsnovelle begünstigt, die die Union mit zu verantworten hat. Sie haben Zwangsräumungen erleichtert. Das müssen wir dringend rückgängig machen.
Zu guter Letzt, meine Damen und Herren: Wir brauchen einen sinnvollen und starken Neustart im sozialen Wohnungsbau. Da muss man mehr Geld in die Hand nehmen, und da muss man die Gemeinnützigkeit wieder einführen.
Aber auf diese Gießkannenförderung, die Sie beschlossen haben, können wir verzichten. Das wird keinem Wohnungslosen nutzen.
Vielen Dank.