Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Pandemie führt uns noch mal deutlich vor Augen, wie wichtig ein sozialer Rechtsstaat und ein gut ausgebauter Verbraucherschutz sind. Hier ist im Haushalt noch viel Luft nach oben. Für das kommende Jahr werden von Fachleuten bis zu 110 000 Privatinsolvenzen vorhergesagt. Das ist eine Verdopplung. Schon vor der Krise waren 7 Millionen Erwachsene in diesem Land überschuldet. Der neue SchuldnerAtlas hält die Perspektive vieler Betroffener für besorgniserregend. Deswegen fordert Die Linke schon seit Langem eine bundesweite Förderung der Schuldnerberatung.
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist ein guter Anfang, dass im Justizministerium jetzt ein Referat für Schuldnerberatung eingerichtet wird; aber Beratung alleine reicht nicht aus. Die Politik muss Gesetze machen, die verhindern, dass Menschen durch das Wirtschaftssystem massenhaft sozial abrutschen. Und dazu muss man dann den Mut haben, sich mit mächtigen Konzernen anzulegen, zum Beispiel mit der Schufa.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Schufa hat zu 68 Millionen Menschen Daten gesammelt und macht einer wachsenden Zahl von ihnen großen Ärger. Immer häufiger braucht man eine Schufa-Auskunft, um einen Vertrag abzuschließen: sei es für das Handy, für Strom oder für die Mietwohnung. Die Öffentlichkeit weiß nicht, nach welchen Kriterien entschieden wird, wer wie eingestuft wird. Es kommt zu Fehlern, und es kommt immer häufiger zu Ausgrenzung. Die Linke fordert, dass Schufa-Daten nur noch für Kreditverträge genutzt werden dürfen. Für alle anderen Verträge muss klar sein: Schufa-Auskünfte sind unzulässig.
(Beifall bei der LINKEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Hä? Ihre Rede ist unzulässig!)
Jetzt will die Schufa auch noch Zugriff – da wird es wirklich abenteuerlich – auf die Kontodaten der Bürgerinnen und Bürger haben; das ist eine völlig inakzeptable Schnüffelei. Wenn das legal ist, dann müssen die Gesetze geändert werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Es gibt weitere Beispiele. Wann unternehmen CDU/CSU und SPD endlich was dagegen, dass die Banken beliebig hohe Dispozinsen verlangen können? Wann begrenzen Sie die Abzockgebühren bei den Inkassofirmen?
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Haben wir doch alles beschlossen! Haben Sie verpasst, was wir so machen? – Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Waren Sie da nicht im Parlament?)
Wann werden Stromsperren endlich verboten? Es gibt in diesem Land viele Möglichkeiten, um ärmeren Menschen wirklich zu helfen; aber dafür muss man bereit sein, sich mit den Konzernen anzulegen. Und Die Linke legt hier immer wieder Vorschläge auf den Tisch, meine Damen und Herren. Aber Sie, Union und SPD, haben die Mehrheit. Schieben Sie solchen Methoden endlich einen Riegel vor!
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren, im Haushalt werden erstmals Bundesmittel für einen Hilfsfonds für die Opfer und für die Hinterbliebenen des Oktoberfest-Attentats von 1980 in München bereitgestellt. Damals hat mindestens ein Nazi mit einer Rohrbombe 12 Menschen ermordet und über 200 teils schwer verletzt. Erst in diesem Jahr ist diese Tat als politisch motiviert eingestuft worden. Wir begrüßen es, dass jetzt endlich ein Fonds für das erlittene Leid eingerichtet worden ist. Aber: Opferanwälte und Betroffene kritisieren, dass die Summe zu gering ist, um die körperlichen und die seelischen Schäden und die Folgen für die Betroffenen auszugleichen. Frau Ministerin, wir bitten Sie, da noch mal genau hinzuschauen und die Summe aufzustocken. Bitte ersparen Sie den Betroffenen Streit ums Geld.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine Damen und Herren, 30 Jahre nach der deutschen Einheit sollte die ausgewogene Verteilung von Bundesbehörden eigentlich keine Rolle mehr spielen. Aber es ist immer noch so, dass allein in Nordrhein-Westfalen doppelt so viele Bundesbehörden sind wie in allen ostdeutschen Bundesländern zusammen. Auch beim Justizministerium gibt es da Probleme.
(Mechthild Rawert [SPD]: Was heißt das jetzt?)
Ein Beispiel ist das Deutsche Patent- und Markenamt. Die Außenstelle in Jena, in Thüringen, ist immer noch viel kleiner, als es der Bundestag 1992 beschlossen hat. Stattdessen wächst der Standort München immer weiter, obwohl dort die Immobilien aus allen Nähten platzen.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ja, nachvollziehbar ist das nicht!)
Frau Ministerin hat jetzt positiv auf unsere Argumente reagiert und prüft, wie Jena gestärkt werden kann, wie man den Standort dort ausbauen kann. Wir erwarten, dass Sie da mit Nachdruck handeln. Diese Regierung sollte endlich den bald 30 Jahre alten Bundestagsbeschluss umsetzen. Es wäre ein kleines, aber ein wichtiges, ein richtiges Zeichen; denn bekanntlich gilt: Versprechen sollte man halten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)