1. Vor Jahresfrist fand ihr Bundesseminar im Brandenburgischen statt. Ich hatte sie bei Bernau besucht. Etliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten mich danach im Bundestag. Außerdem legten sie am Mahnmal der Homosexuellen Opfer des NS-Regimes in der Gedenkstätte Sachsenhausen Kränze nieder.
Ich erinnere daran, weil inzwischen auch in Berlin der offizielle Gedenkstein für die vom Hitler-Regime ermordeten Lesben und Schwulen eingeweiht wurde. Damit wurde eine weitere Lücke in der Gedenkkultur der Hauptstadt geschlossen. Im Herbst kommt noch das überfällige Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma dazu.
Sie alle sprechen uns Nachgeborenen keine Schuld für die Geschichte zu, wie ich manchmal höre. Nein, die Mahnmale sollen uns an unsere Verantwortung für die Gegenwart und Zukunft erinnern. Denn was vordem undenkbar war, ist geschehen. Und was einmal geschehen ist, kann wieder geschehen. Es liegt also an uns allen, dies zu verhindern.
2. Sie werden im Rahmen ihres Seminars am Christopher-Street-Day in München teilnehmen. Vor zwei Wochen war ich auf dem CSD in Berlin. Es war ein farbenfreudiges- und lebensfrohes Ereignis. Über 500.000 Leute waren auf den Beinen. Ich konnte sie übrigens gut sehen, da ich bei der Abschlusskundgebung auf der Bühne stand.
Dort war ich, weil ich eine kurze Laudatio auf einen Berliner halten durfte, der einen von vier Preisen für Zivilcourage erhielt. Der Geehrte gilt als „Urgestein“ der Schwulen-Bewegung in der DDR und er gehört auch im vereinten Berlin zu den Unermüdlichen, die sich für Gleichstellung, Respekt und Toleranz engagieren.
In meiner kurzen Rede habe ich unter anderem gesagt: Bunte Mega-Parties, wie der CSD, künden von gewachsenem Selbstbewusstsein. Aber der Alltag ist noch immer voller Diskriminierungen, auch von Gewalt gegen Lesben und Schwule. Sie nimmt sogar zu. Und so bedarf es noch immer Zivilcourage.
3. Als Innenpolitikerin bin ich auch für den öffentlichen Dienst und die Belange von Beamtinnen und Beamten zuständig, zumindest sofern es um die Bundesebene geht. Damit bin ich beim Dienstrecht und damit bin ich auch beim Anti-Diskriminierungsgesetz. Sie wissen es vielleicht: DIE LINKE hält beide für unzureichend.
Ich will nicht ins Detail gehen, sondern nur so viel sagen. SPD und Grüne waren mit ihrem Antidiskriminierungsgesetz durchaus ambitioniert gestartet. Nicht weit genug, wie ich fand, aber immerhin. Doch sie wurden ausgebremst, unter anderem durch eine Partei, die in ihrem Tagungs-Land bislang noch eine komfortable Mehrheit hat.
Ihr Argument: Das Antidiskriminierungsgesetz gehe viel zu weit über EU-Vorgaben hinaus. Das wiederum finde ich nun wieder eigenartig. Dieselbe Partei will in der EU überall Spitze sein. Nur, wenn es um Bürger- und Menschenrechte und um mehr Demokratie auf Bundesebene geht, dann ist ihr EU-Mittelmaß gerade recht.
4. Sie haben als Tagungs-Ort München gewählt. Und ich sage ihnen mit einem geflügelten Szene-Wort: „Und das ist gut so!“ Bayern ist das Land, indem traditionelle Geschlechterrollen und von gestern her gepredigte Familienbilder noch immer am tiefsten verankert scheinen. Deshalb braucht Bayern einen Zukunftsschub.
Wenn nun der Verband lesbischer und schwuler Polizeibediensteter dabei helfen kann und will, dann ist das aller Ehren wert. Übrigens nicht nur für sie, so zu sagen in eigener Sache. Das auch. Aber wenn wir alle eine Bundesrepublik Deutschland wollen, in der Artikel 1 Grundgesetz ohne Abstriche gilt, dann natürlich auch in Bayern.
Abschließend wünsche ich ihnen eine erfolgreiche Tagung. Sollte es ihnen obendrein gelingen, im Freistaat Bayern einen weiteren Landesverband zu gründen, umso besser. Der CSD-Umzug am Sonnabend möge sie zusätzlich inspirieren. Und wenn ich demnächst helfen kann, dann wissen sie ja, wie sie mich erreichen.
Und das ist gut so!
Archiv Linksfraktion -
Rede
von
Petra Pau,