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Umweltschutz nur dann, wenn Bürger die Kosten tragen müssen

Archiv Linksfraktion - Rede von Ralph Lenkert,

Rede im Bundestag am 31.01.2014 zu TOP 1. „Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin“

Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Frau Ministerin Hendricks, die zwei Sofortprogramme zum Klimaschutz und Hochwasserschutz waren so ziemlich das erste an Konkreterem, was ich von dieser Koalition zum Umweltschutz gehört habe. Allein die Neugestaltung der Bundeswehr nimmt im Koalitionsvertrag mehr Platz ein als das globale Thema Umweltschutz, so als gäbe es keine globalen Herausforderungen.

Die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie bis 2015 wird Deutschland nicht erfüllen. Die EU hat bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, unter anderem wegen der Versalzung der Werra im thüringisch-hessischen Grenzgebiet. Wie will die Regierung damit umgehen? Kein Wort dazu.

Der Konzern Kali und Salz kann also weiter ungestört Salz in die Werra einleiten. Sollte Deutschland Strafzahlungen leisten müssen, dann zahlt die nicht der Konzern. Die zahlen dann die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. So macht man keine Politik für die Umwelt.

Richtig schlimm wird es, wenn ökologisch sinnlose Maßnahmen als Umweltschutz verkauft werden. Ich hätte mich gerne an ihnen abgearbeitet; das fällt aber schwer. Deswegen nenne ich ein paar warnende Beispiele aus der Vergangenheit:

Erstens. Energiesparlampen sind gesamtökologisch schädlich. Die Energieeinsparung wurde nie über den gesamten Lebenszyklus der Energiesparlampen betrachtet. Sie ist zweifelhaft. Das Lichtspektrum macht Menschen krank. Die Entsorgung ist nicht geklärt. Die Lampen landen auf dem Müll; das Quecksilber verdampft oder wird einfach unter Tage abgelagert. Bei einem Bruch der Lampen in geschlossenen Räumen besteht die Gefahr einer Quecksilbervergiftung.

Aber der Preis einer Energiesparlampe ist deutlich höher als der Preis einer Glühbirne. Das nennen wir Pseudoumweltschutz zur Profitmaximierung.

Das zweite Beispiel: Das Land Nordrhein-Westfalen ordnet an, alle Hausanschlüsse von Abwasserleitungen auf Dichtheit zu prüfen. Das kostet zwischen 500 und 3 000 Euro je Anschluss für den Gutachter. Es geht angeblich um Trinkwasserschutz. Der ist wichtig. Aber der Schadstoffeintrag durch undichte Hausanschlussleitungen ist ein Bruchteil dessen, was aus anderen Quellen stammt. Zum Beispiel stammen 60 Prozent des Stickstoffeintrages aus der Landwirtschaft. Wo sind da Ihre Maßnahmen? Da ist nichts, gar nichts. Sie greifen immer dort zu, wo Verbraucherinnen und Verbraucher bezahlen müssen. Wenn es die Industrie oder Ihre Lobbygruppen treffen würde, lassen Sie schön die Hände davon. Eine solche Politik werden wir bekämpfen.

Damit solcher Irrsinn künftig unterbleibt, erwarte ich ‑ Sie haben die Chance, das zu ändern ‑ konsequente und effektive Umweltschutzmaßnahmen: für eine salzfreie Werra, für Mindestabstände von Hochspannungsleitungen von 800 Metern, für mehr Lärmschutz an Straßen, Schienen und Flughäfen und für einen Hochwasserschutz, der Menschen und Natur berücksichtigt. Das wäre Umweltschutz, wie ihn die Menschen erwarten. Dafür sind wir verantwortlich.

Vielen Dank.