Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Ich will gern zugeben, dass Berichtslektüre nicht unbedingt zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört. Der Technologiebericht war aber schon im letzten Jahr sehr interessant und ist es auch in diesem Jahr. Trotz anhaltender Exporterfolge hat sich die technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands auf längere Sicht nicht gut entwickelt - das war der Alarmsatz des vorherigen Berichtes. Offensichtlich hat sich die Einsicht verbreitet, dass es so nicht weiterlaufen kann.
Forschungs- und Innovationspolitik sind gewissermaßen aus den Puschen gekommen. Jetzt hat man sich Hightechlaufschuhe hingestellt. Der jetzige Bericht honoriert das auch. Er zeigt aber zugleich, wo auch diese Schuhe Blasen verursachen können. Manche dieser Kritiken kommt mir sehr bekannt vor. Wir haben das hier schon sehr oft vorgetragen. (Jörg Tauss [SPD]: Hightechlaufschuhe?) - Darüber können wir gerne einmal reden. Davon verstehe ich eine ganze Menge. Erstens wird in dem Bericht das Verhältnis von staatlichen zu privatwirtschaftlichen Forschungsausgaben untersucht.
Den wachsenden öffentlichen Ausgaben steht keine vergleichbare Entwicklung bei den FuE-Ausgaben der Unternehmen gegenüber. Im Gegenteil: Man beobachtet die Tendenz, dass die Unternehmen eigene Ausgaben mindern, indem sie öffentliche Fördermittel in Anspruch nehmen. Das ist eine absurde Entwicklung, der Einhalt geboten werden muss. Zweitens wird in dem Bericht kritisiert, dass der Löwenanteil öffentlicher Fördermittel bereits boomenden Großunternehmen gewährt wird. In diesem Zusammenhang werden Unternehmen aus der Automobilindustrie, dem Maschinenbau, der Chemie, der Informations- und Kommunikationstechnik sowie der Logistik genannt. Sie werden sich erinnern, dass genau diese Unternehmen hervorragende Exportwerte erzielen. Das heißt also nichts weiter, als dass man fette Kröten noch fetter macht und dass die öffentliche Förderung an anderen, viel notwendigeren Stellen letztlich auf zu schmalen Füßen steht. Drittens sollen laut Bericht innovative kleine und mittelständische Unternehmen ins Zentrum der Förderung gerückt werden. Ich bin den Verfassern des Berichts an dieser Stelle überaus dankbar. Sie sagen nämlich etwas, was wir uns hier nie trauen dürfen: dass die Unternehmensteuerreform für genau diese Unternehmensgruppe keine Impulse für eigenständige FuE-Aktivitäten setzen wird.
(Ulrike Flach [FDP]: Das sagen wir aber ständig, Frau Sitte!)
- Prima; dann sind wir ja schon zu zweit. - Deshalb muss der Wissenstransfer zu innovativen kleinen und mittelständischen Unternehmen konsequent stimuliert werden. Vor allen Dingen müssen auch die Startbedingungen für innovative Unternehmensgründungen verbessert werden. Als Instrumente werden in dem Bericht unter anderem Wagniskapital und die Forschungsprämie untersucht. So erhalten Wissenschaftseinrichtungen mit der Forschungsprämie zusätzliche Gelder auf ihre Einnahmen aus Forschungsaufträgen aus der Wirtschaft. Sie bekommen also sozusagen den Blubb in den Spinat. Dort liegt aber nicht das Hauptproblem. Darauf habe ich schon oft hingewiesen.
Der Bericht bestätigt das endlich. Dort heißt es nämlich - ich zitiere -: Insgesamt gilt, dass die Forschungsprämie nicht an einer ausgemachten Schwachstelle der Wissenschafts-Wirtschafts-Kooperation ansetzt. Die Linke hält es für sinnvoll, die Forschungsprämie auf innovative kleine und mittelständische Unternehmen auszudehnen. Dabei wollen wir auch die gemeinnützigen Forschungs-GmbHs im Osten einbeziehen, die einen Großteil der Industrieforschung betreiben. Nun ist diese Position endlich im Haushalt vermerkt. Sie nennt sich dort Forschungsprämie II und soll mit 76 Millionen Euro und weiteren Steigerungen in den Folgejahren ausgestattet werden. Das freut mich. Steter Tropfen höhlt den Stein; er hat Erfolg.
Einen vierten Problemkreis, der im Bericht angesprochen wird, könnte man eigentlich auf eine tibetanische Gebetsmühle schreiben: Fachkräftemangel, Fachkräftemangel, Fachkräftemangel. Seit Jahren wird darüber geredet. Aus eigener Erfahrung kenne ich entsprechende Debatten aus meiner Zeit als Landtagsabgeordnete; aber auch im Bundestag ist dieses Thema schon längere Zeit aktuell. In diesem Punkt ist der Bericht mit Aussagen aus den Vorgängerberichten deckungsgleich. Diese Fehlentwicklung reißt natürlich große Löcher in den Hightechbereich dieses Landes. Kehren wir noch einmal zu dem Bild aus dem Sportbereich zurück: Wir haben sehr gute Sportschuhe und hervorragende Wettkampfstätten. Aber was fehlt, sind die Spitzensportler. So verpufft die ganze Investition. In dem Bericht werden auch Gründe genannt, die der Linken ausgesprochen bekannt vorkommen: Die Abbrecherquoten an den Hochschulen sind dramatisch hoch. Das ist die logische Konsequenz einer verfehlten und unterfinanzierten Studienreform.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Studiengebühren, so steht es im Bericht, schrecken Studienbewerberinnen und Studienbewerber ab. Das haben auch wir schon mehrfach gesagt.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Dass es in dem Bericht ebenso gesehen wird, sollte endlich Anlass sein, einmal umzusteuern. Ebenso kontraproduktiv wirken schlechte Studienbedingungen und natürlich auch zusätzliche Zulassungsbeschränkungen der Hochschulen. Hochschulpakt und Exzellenzinitiative als Gegenmaßnahmen der Bundesregierung reichen gemäß dem Bericht in dieser Form nicht aus. Der Bericht besagt auch noch - das ist ein sehr schöner Satz, Herr Röspel, den Sie herausgesucht haben; ich habe ihn mir über den Spiegel gehängt -, dass das Prinzip der Auslese verlassen werden muss, um eine größtmögliche individuelle Förderung einzuräumen.
(Beifall bei der LINKEN - René Röspel [SPD]: Ich wusste, dass Sie das vorlesen würden! - Jörg Tauss [SPD]: Das haben wir schon immer gesagt! Das ist klassische SPD-Position!)
Das gehört natürlich alles zu dem Kanon, mehr Fachkräfte auszubilden. Was können Sie wirklich ändern? Sie können in diesem Hause nicht wirklich etwas ändern, weil Sie sich im vergangenen Jahr mit der Föderalismusreform alle Instrumente selber aus der Hand geschlagen haben. Sie müssen jetzt versuchen, zusammen mit den Ländern ein Wissenschaftsförderprogramm aufzulegen - Sie müssen sozusagen darum bitten, dass man das gemeinsam macht -, damit man an diesem Punkt entsprechende Ausgaben tätigen kann und damit endlich der Fachkräfte- und Akademikermangel konsequent angegangen werden kann. Was lehrt uns dieser Bericht insgesamt? Er lehrt uns, dass staatliche Bildung, Forschungs- und Technologiepolitik zusammengehören und dass man daraus keinen Flickenteppich machen darf, weil die angestrebten Ziele komplex sind.
(Jörg Tauss [SPD]: Deshalb heißt es Bildung und Forschung!)
Nur so - ich will ausdrücklich daran erinnern, weil es um Steuergelder geht - kann ein echter Mehrwert für unsere Gesellschaft entstehen: mehr Beschäftigung, gesicherte soziale Lebensverhältnisse und Minimierung des Ressourceneinsatzes. Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD])