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Steuernachzahlung für Kurzarbeiter verhindern!

Archiv Linksfraktion - Rede von Christian Görke,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie wissen, haben wir Tausende Beschäftigte gehabt, die sich in der Krise in Kurzarbeit befunden haben. Ich finde, wenn diese Beschäftigten, die oft schmerzhafte Einschnitte hinnehmen mussten, jetzt fette Steuernachzahlungen aufgedrückt bekommen, geht das nicht. Das muss auch hier diskutiert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Kurzarbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, heißt nicht nur weniger Geld. Kurzarbeit heißt natürlich auch, Angst davor zu haben, den Job zu verlieren, Angst, seine Miete nicht bezahlen zu können, Angst, mit der Familie nicht über die Runden zu kommen. Das Letzte, was man in dieser bescheidenen Situation dann noch gebrauchen kann, ist Post vom Finanzamt mit der besagten Nachzahlung.

Warum diese Nachzahlung? Nun, das Kurzarbeitergeld ist zwar steuerfrei; aber im Einkommensteuersatz gibt es eine Tücke, den sogenannten Progressionsvorbehalt, ein schreckliches Wort. Was heißt das? Um den richtigen Steuersatz auf das zu versteuernde Einkommen zu ermitteln, wird das Kurzarbeitergeld zu dem sonstigen Einkommen dazugerechnet.

Hier mal ein gutes Beispiel aus der Lebenswirklichkeit aus meinem Wahlkreis in der Lausitz: Eine alleinstehende Köchin hat letztes Jahr 40 000 Euro verdient, musste aber einige Monate in Kurzarbeit und hat währenddessen 5 000 Euro Kurzarbeitergeld bekommen. Wären diese 40 000 Euro ihr einziges Einkommen, läge ihr durchschnittlicher Steuersatz bei 21,1 Prozent. Die 5 000 Euro Kurzarbeitergeld werden aber bei der Berechnung des Steuersatzes obendrauf geschlagen. Das Problem ist, dass die Köchin also zu wenig Einkommensteuer gezahlt hat und deshalb 652 Euro nachzahlen muss, 652 Euro, die ganz schön wehtun können.

Obendrein, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen 100 000 Kurzarbeiter aufgrund dieser Sachlage eine Einkommensteuererklärung abgeben. Das haben viele auch nicht auf dem Schirm. Der erste Brief vom Finanzamt ist die Mahnung, der zweite Brief ist dann die schmerzhafte Nachzahlung – zwei Briefe, die man sich, glaube ich, verkneifen kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, liebe Kollegen, ich habe die Regierung gefragt, über welche Summe wir hier reden. Aus dem Progressionsvorbehalt ergibt sich allein für 2020 und 2021 eine zusätzliche Steuerbelastung von 3,5 Milliarden Euro. Auf der anderen Seite sind diese 3,5 Milliarden Euro natürlich Einnahmen, die von denjenigen gezahlt werden, die es unbedingt brauchen. Um diese Ungerechtigkeit zu stoppen und nebenbei auch die Lohnsteuerhilfevereine und Steuerberater zu entlasten, wollen wir das Kurzarbeitergeld von diesem Progressionsvorbehalt temporär ausnehmen.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Das wäre mir neu, dass Sie die Steuerberater entlasten wollen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, sehr geehrter Herr Herbrand, ich darf Sie daran erinnern – aber Sie wissen es ja selbst –: Das haben Sie im Jahr 2020 als FDP-Fraktion hier in diesem Bundestag beantragt; wir haben damals zugestimmt. Heute stellen Sie den Finanzminister, und ich finde, jetzt könnten Sie einfach mal Nägel mit Köpfen machen, Sie als FDP mit Bündnis 90/Die Grünen und den Sozialdemokraten, die ja auch im Wahlkampf so oft bei Entlastungen vor allem über die gesprochen haben, die es nötig haben: die mit einem schmalen Geldbeutel.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wäre jetzt das Mindeste, die Kurzarbeiter von diesen Nachzahlungen auszunehmen und zu schützen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)