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SPD bereitet mit FDP-Option nächsten Wählerbetrug vor / CSU stimmte Kürzung der Pendlerpauschale zu

Archiv Linksfraktion - Rede von Gregor Gysi,

Gregor Gysi antwortet in der Haushaltsdebatte über den Etat des Kanzleramtes 2009 auf die Ausführungen von Kanzlerin Merkel

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bundeskanzlerin, Sie haben fast allen in unserer Gesellschaft gedankt, nur die Linken haben Sie vergessen. Aber das macht nichts, wir kennen ja unseren Einfluss. Auf den ist von der FDP schon hingewiesen worden.

(Beifall bei der LINKEN)

Lassen Sie mich mit einem außenpolitischen Thema beginnen: mit Georgien. Die Situation war ja so: Der Präsident von Georgien hat sich entschieden, kriegerisch in Südossetien einzufallen. Niemand in diesem Haus glaubt, dass er das ohne Genehmigung des amerikanischen Präsidenten gemacht hat.

(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU - Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sagen Sie mal was zu den russischen Basen in der Region!)

Nun hört und liest man, ihm sei es wichtig gewesen, im Wahlkampf seinen eigenen Kandidaten voranzubringen. Wenn das stimmt, wenn jetzt schon Kriege wegen eines Wahlkampfes geführt werden, dann ist die Politik diesbezüglich vollständig verrottet. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Russland handelte zunächst noch völkerrechtsgemäß, als es Südossetien befreite. Es verletzte das Völkerrecht aber grob, als es Tiflis bombardierte und sich in Kerngeorgien festsetzte. Russland verletzte das Völkerrecht auch, als es die Unabhängigkeit, die territoriale Abspaltung von Südossetien und Abchasien anerkannte.

(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was machen Sie da vorne eigentlich für Pirouetten! - Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es verletzte das Völkerrecht, dass sie russische Pässe ausgegeben haben!)

Es verletzte das Völkerrecht genauso wie die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland, als sie Belgrad bombardierten, und genauso wie diese Länder, als diese die territoriale Abspaltung des Kosovo entgegen einem Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen beschlossen haben.

(Beifall bei der LINKEN Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich denke, die Völker sollen sich selbst befreien! Das sagen Sie sonst immer!)

Und nun passiert Folgendes: Vier Völkerrechtsverletzer stehen da und werfen dem fünften Völkerrechtsverletzer vor, dass er das Völkerrecht verletzt. Da kommt nicht viel bei heraus. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Lassen Sie mich noch einen Satz dazu sagen: Richard von Weizsäcker hat völlig recht, wenn er davor warnt, die NATO bis an die Grenzen Russlands zu treiben. Was sollen denn diese Provokationen? Man muss doch wissen, dass auch Russland ein Sicherheitsdenken hat. Die Provokationen fingen mit den Stationierungen in Polen und Tschechien an, und jetzt auch noch die Ausweitung der NATO. Lassen Sie das einfach bleiben. Wir sind doch froh, den Kalten Krieg los zu sein. Wir müssen ihn doch nicht unsererseits mit neu organisieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Ich erkenne durchaus an, dass Sie in Europa einen Beitrag zur Deeskalation geleistet haben, der dringend erforderlich war.
Jetzt haben wir eine Finanzkrise in den USA.

(Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sagen Sie doch einmal etwas zu den Russen! Zu Russland fällt Ihnen nichts eine! Unglaublich!)

Wir haben eine weltweite Finanzkrise. Ich kann nur sagen: Ich bin ziemlich entsetzt, was in diesem Zusammenhang alles passiert. Jetzt ist die nächste Großbank pleite, und alle tun so, als ob es Deutschland fast nichts anginge. Heute früh habe ich in den Nachrichten gehört, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau kurz vor der Pleite der Bank noch einmal 300 Millionen überwiesen hat. Futsch sind sie! Tolle Experten, die da sitzen, kann ich dazu nur sagen.
Folgendes ist passiert: Die größte amerikanische Versicherung stand kurz vor der Pleite. Die Notenbank gewährte einen Kredit von 85 Milliarden Dollar das muss man sich einmal überlegen , übernimmt dafür aber 80 Prozent des Eigentums. Was macht unsere Bundesregierung bei der Industriekreditbank? Sie übernimmt natürlich auch die Schulden dieser Privatbank in Höhe von 9,2 Milliarden Euro, aber ihr gehört hinterher kein Prozentpünktchen mehr. Ich weiß gar nicht, ob wir das Geld je wiederbekommen oder ob das einfach so verschenkt wurde. Der Bundesfinanzminister stellt sich hier hin und erklärt stolz, es gebe eine Neuverschuldung von nur 10 Milliarden Euro, und sagt ganz nebenbei: Wir haften hier mit 9,2 Milliarden Euro mit.

Übrigens hat nicht nur die Industriekreditbank diesbezüglich Probleme auch das muss ich sagen , sondern auch die Sächsische Landesbank und, ja, Herr Huber, auch die Bayerische Landesbank. Herr Huber, Sie waren der verantwortliche Finanzminister. Der Schaden liegt bei 4,5 Milliarden Euro. Andere würden zurücktreten. Sie hingegen streben nach höheren Ämtern. Ich sage das nur mal so.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos) - Lachen von Staatsminister Erwin Huber (Bayern))

All das müssen die Bürgerinnen und Bürger bezahlen.
Lassen Sie mich noch ein Wort zur Finanzkrise sagen: Der tiefe Konflikt zwischen Schröder und Lafontaine bezog sich auf genau diese Frage. Als Rot-Grün, SPD und Grüne die Wahlen gewannen, da hat Schröder noch erklärt, er wolle die Finanzmärkte regulieren. In Absprache mit Blair ist er aber völlig davon abgekommen und wollte plötzlich die liberalisierten, freien Finanzmärkte.

(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Deswegen ist Oskar zurückgetreten, ja?)

Lafontaine wollte den Finanzmarkt regulieren. Das war der Zwist.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Jetzt stellen Sie sich als SPD doch einmal hier hin und sagen: In dieser entscheidenden Frage hatte Lafontaine recht und Schröder unrecht. So einfach ist das nämlich.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Die Zeche bezahlen wir jetzt alle.

(Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie waren auch schon mal besser!
Heiner Geißler, zu früheren Zeiten Generalsekretär der CDU, hat jetzt geschrieben: Die Politiker, die Professoren, die Journalisten, die immer von der Freiheit der Finanzmärkte gesprochen haben, können leider nicht zur Verantwortung gezogen werden, obwohl sie eine Mitverantwortung für die gesamte Krise haben.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Wenn wir uns die Situation in Deutschland ansehen, erkennen wir, dass es Momente gibt, die Sie hier ausgelassen haben, Frau Bundeskanzlerin. In den letzten zehn Jahren bis 2006 die Zahlen liegen vor sind die Realeinkommen in Deutschland um 6 Prozent gesunken. Das trifft nicht nur die Menschen, sondern auch die kleinen und mittleren Unternehmen, die auf den Binnenmarkt angewiesen sind. Denn wenn die Kaufkraft zurückgeht, werden bei ihnen weniger Waren gekauft und weniger Dienstleistungen in Anspruch genommen. Das alles hat Folgen.

In derselben Zeit das ist spannend, weil Sie immer sagen, es sei ein internationaler Trend sind die Reallöhne in Frankreich, den USA, Großbritannien und Schweden zwischen 10 und 29 Prozent gestiegen. In Deutschland sind sie um 6 Prozent gesunken. Auch unter Schröder und unter Merkel hat sich nichts daran geändert. Jetzt gibt es eine Studie, die das genauer analysiert. Auch das ist immer spannend. Das Ergebnis der Studie lautet: In den letzten zehn Jahren sind bei den Geringverdienern die Realeinkommen um 10 Prozent gesunken, bei Minijobbern und Teilzeitbeschäftigten sind sie um 14 Prozent gesunken und beim obersten Viertel, bei den Bestverdienenden, sind sie um 4 Prozent gestiegen. Wenn man das alles miteinander verrechnet, kommt insgesamt ein Minus von 6 Prozent heraus. Aber man muss wissen, dass unten viel mehr verloren wurde und oben die Realeinkommen sogar gestiegen sind.

Wenn man sich dann noch die Unternehmens- und Vermögenseinkommen ansieht, dann schlackern einem die Ohren. Denn sie sind um 42 Prozent, um 177 Milliarden Euro, gestiegen. Deshalb spüren die Leute genau, dass die Armut zunimmt, während der Reichtum in dieser Gesellschaft maßlos wird. Dagegen unternehmen Sie gar nichts.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Es gibt immer das folgende Argument das hat mich auch beschäftigt : Wir hatten zu hohe Löhne und mussten mit den Realeinkünften herunter, weil Deutschland im internationalen Vergleich nicht mithalten konnte. Jetzt haben wir uns das einmal angesehen. Die Deutsche Bank Research Sie werden zugeben, dass dies keine linke Einrichtung ist hat das Pro-Kopf-Einkommen in den alten 15 EU-Mitgliedsländern festgestellt. Wissen Sie, Herr Huber, auf welchem Platz wir liegen? Auf Platz zwölf. Ich bitte Sie! Spanien hat uns im letzten Jahr überholt; da waren wir noch auf Platz elf. Jetzt sind wir auf Platz zwölf. Hinter uns liegen nur noch Italien, Griechenland und Portugal; aber die geben sich Mühe.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich kann also nur sagen: Auf das Ergebnis, das Sie vorlegen, können Sie nicht stolz sein.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Ich möchte auch erwähnen, dass die 20 Millionen Rentnerinnen und Rentner seit Jahren nur Minusrunden erleben. Denn auch das kleine Plus ist immer eine Minusrunde, wenn Sie es mit der Mehrwertsteuererhöhung, mit der Inflationsrate und anderen Dingen verrechnen.
Nun sagen Sie: Die Linken kritisieren immer alles und versprechen das Blaue vom Himmel. Das alles sind Populisten, die nichts einhalten können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD Ludwig Stiegler (SPD): Vollkommen richtig! - Joachim Poß (SPD): Bei Ihnen beginnt ja die Selbsterkenntnis!)

- Ich wusste es doch.

(Ludwig Stiegler (SPD): Sie sind nur verstockt!)

Verstehen Sie, diese billige Argumentation ist selbst bis zu mir schon vorgedrungen. Aber sie ist falsch.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Denn wir müssen einmal einen Vergleich der Steuer- und Abgabenquoten wiederum in den 15 alten EU-Mitgliedsländern machen. Im Schnitt liegt die Steuer- und Abgabenquote in diesen 15 Ländern bei 40 Prozent. In Deutschland liegt sie bei 36 Prozent. Das sind 4 Prozent weniger. Hätten wir den Durchschnitt der alten EU-Mitgliedsländer, hätten wir jährlich eine Mehreinnahme in Höhe von 100 Milliarden Euro. Damit ließe sich alles finanzieren, was die Linke hier im Bundestag vorgeschlagen hat.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos) Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD): Es fehlen immer noch 50!)

Was haben Sie stattdessen gemacht? Sie sind der Deutschen Bank entgegengekommen. Sie haben die Körperschaftsteuer von 45 auf 15 Prozent gesenkt. Sie sind den Spitzenverdienern entgegengekommen. Sie haben den Spitzensteuersatz der Einkommensteuer von 53 auf 42 Prozent gesenkt. Das kostet den Staat übrigens jährlich 11 Milliarden Euro, die einfach weg sind, weil Sie dieses Geschenk verteilt haben. Was müssten wir machen, um an den Durchschnitt heranzukommen? Man sollte nicht die Mehrwertsteuer erhöhen. Welchen Weg könnte man gehen?

(Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD): Gysi höher besteuern!)

Wir wollen wieder eine paritätische Beteiligung der Unternehmen an der Rentenversicherung. Die Riester-Rente ist doch nichts anderes als eine Entlastung der Unternehmen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Staat müssen das allein bezahlen.
Die Allianz macht mit der Riester-Rente ein tolles Geschäft. Deshalb überweist sie jedes Jahr an die CSU, an die CDU, an die FDP, an die SPD und auch an die Grünen 60 001 Euro. Die einzige Partei, die nichts bekommt, sind wir.

(Joachim Poß (SPD): Sie haben ja genug Vermögen im Hintergrund! Sie haben ja das SED-Vermögen!)

Aber ich sage einmal: Ich bin relativ stolz darauf, dass es noch eine nicht allianzgesponserte Partei im Deutschen Bundestag gibt.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos) Joachim Poß (SPD): Möglicherweise ist Ihr Geld auch in Liechtenstein!)

Wir schlagen Ihnen eine Börsenumsatzsteuer vor. Hätten wir eine Börsenumsatzsteuer von 1 Prozent, hätten wir jährlich eine Mehreinnahme in Höhe von 70 Milliarden Euro. Das lässt sich doch machen; auch andere Länder haben Börsenumsatzsteuern.

(Zuruf von der FDP)

- Ach, Quatsch. Wir sollten vor allen Dingen auch die Spekulationen ein bisschen reduzieren, die auf unserem Erdball maßlos geworden sind.
Wir schlagen eine angemessene Vermögensteuer vor. Wir haben in Deutschland Milliardäre. Ich bitte Sie! So fleißig kann gar kein Einzelner sein, um sich eine Milliarde legal zu erwirtschaften. Wie dem auch sei: Alle Milliardäre sind doch Verfassungspatrioten und wissen, dass das Eigentum auch dem Allgemeinwohl dienen soll. Wir kommen ihnen solidarisch entgegen, nehmen ihnen einen Teil ihres Geldes weg und verteilen es im Interesse des Allgemeinwohls. Das ist doch nachvollziehbar.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Wir wollen, dass der Spitzensatz der Einkommensteuer für Einkommen über 80 000 Euro im Jahr 50 Prozent beträgt. Das ist doch nicht unangemessen!
Sie behaupten, Sie hätten die Arbeitslosigkeit abgebaut. Die SPD behauptet sogar, das liege an der Agenda 2010. Das hat zwar nichts miteinander zu tun; aber Sie können ja erzählen, was Sie wollen.

(Dr. Peter Struck (SPD): Quatsch! Dummes Zeug!)

Der Aufschwung, der von Ihnen gepriesen worden ist, kam bei 16 Prozent der Leute an. 84 Prozent der Leute haben von diesem Aufschwung nichts, aber auch gar nichts mitbekommen.

Das Statistische Bundesamt auch keine linke Einrichtung hat eine wunderbare Analyse vorgelegt und darin Folgendes festgestellt: Die Zahl der Menschen in Teilzeitjobs, Leiharbeitsstellen, 400-Euro-Jobs und befristeten Arbeitsverhältnissen ist von 1997 bis 2007 um 2,6 Millionen gestiegen. Jetzt liegt diese Zahl bei 7,68 Millionen. In denselben zehn Jahren ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten um 1,53 Millionen gesunken. Sie haben also keinen Grund, stolz zu sein.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Abbau der Arbeitslosigkeit durch Verschiebung von Vollzeitbeschäftigung in prekäre Arbeitsverhältnisse das ist bei Ihrer Politik herausgekommen.
Herr Huber, Frau Merkel und Herr Steinmeier, ich sage Ihnen: CSU, CDU und SPD haben keinen Grund, stolz zu sein auf 2,5 Millionen arme Kinder in Deutschland. Sie haben keinen Grund, stolz zu sein auf 7,4 Millionen Menschen, die von Hartz IV leben. Sie haben keinen Grund, stolz zu sein auf 6,6 Millionen Menschen, die in Minijobs für ein Einkommen von 400 Euro arbeiten. Sie haben keinen Grund, stolz zu sein auf weitere 6,5 Millionen Menschen mit niedrigsten Einkommen. Sie haben keinen Grund, stolz zu sein auf 800 000 Menschen, die in Leiharbeit beschäftigt sind, in einer modernen Form der Sklaverei.

(Dirk Niebel (FDP): Glauben Sie denn, die wären lieber arbeitslos? Das ist doch unglaublich!)

Sie haben keinen Grund, stolz darauf zu sein, dass die Energiepreise um 14 Prozent gestiegen sind, dass bereits 800 000 Haushalten in Deutschland ich wiederhole: 800 000 Haushalten! der Strom abgestellt wurde und dass die Nahrungsmittel um 8 Prozent teuerer geworden sind.

(Joachim Poß (SPD): Das ist doch Quatsch! - Dr. Peter Struck (SPD): Wer hat das denn zu verantworten? Was soll dieser Mist?)

Frau Bundeskanzlerin, Sie haben viel über Bildung geredet. Ich stimme Ihnen zu: Bildung ist ein zentrales Thema; denn Chancengleichheit kann nur über Bildung erreicht werden. Sie haben aber nicht erwähnt, dass unser Bildungsniveau im Vergleich in Europa mittlerweile unterdurchschnittlich ist. Es geht nicht um Besuche, sondern um Investitionen. Die brauchen wir im Bildungsbereich.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Frau von der Leyen, gelegentlich schätze ich, was Sie sagen. Aber Ihre Elterngeldregelung ist ein starkes Stück. Für die Hälfte der Bezieherinnen und Bezieher, und zwar für die ärmere Hälfte der Bevölkerung, haben Sie die Bezugsdauer des Elterngeldes um die Hälfte gekürzt und den Bestverdienenden eine Erhöhung des Elterngeldes zugebilligt. Eine so direkte Umverteilung von unten nach oben, wie Sie sie an dieser Stelle organisiert haben, habe ich in dieser Gesellschaft bisher selten erlebt. Das ist nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Wo blieb eigentlich der Protest der SPD? Warum haben Sie das zugelassen?
Frau Bundeskanzlerin, nun komme ich auf Ostdeutschland zu sprechen. Nur ein Beispiel: Wir haben vor einem Jahr 17 Anträge gestellt, um Überführungslücken und -ungerechtigkeiten sowie Ungleichbehandlungen bei der Rente zu überwinden.

(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Stasirenten zum Beispiel!)

Ihr Kanzleramtsminister hat uns seinerzeit mitgeteilt, es gebe noch Beratungsbedarf.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Stasirenten!)

Also haben wir gewartet. Im Mai hat er uns dann mitgeteilt, dass es immer noch Beratungsbedarf gibt. Wir haben wieder gewartet. Später haben wir das zwar in erster Lesung im Plenum behandelt, aber noch nicht in den Ausschüssen. Das Kanzleramt teilte uns nämlich mit, dass es immer noch Beratungsbedarf gibt.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Stasirenten!)

Herr Kauder, quatschen Sie doch nicht über etwas, von dem Sie keine Ahnung haben! Lesen Sie lieber erst einmal unsere 17 Anträge, bevor Sie sich leichtfertig dazu äußern.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Wir werden darauf drängen, dass dieses Thema jetzt auch in den Ausschüssen behandelt wird, damit unser Gesetzentwurf bald im Plenum des Bundestages in zweiter Lesung beraten werden kann. Seit 1990 sind diese Probleme bekannt. Noch länger kann Ihr Kanzleramt nicht beraten. Jetzt müssen Sie dazu endlich einmal Ja oder Nein sagen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Bald findet die Bayernwahl statt. Deshalb ist heute auch Herr Huber zu uns gekommen; das ist völlig okay, und das ist Ihr gutes Recht.

(Thomas Oppermann (SPD): Wie bitte? Ist das wirklich der Grund, Herr Huber?)

Eines geht aber nicht, Herr Huber: Sie können nicht in Bayern immer so tun, als wären Sie in Berlin in der Opposition. Denn hier in Berlin sind Sie an der Regierung beteiligt; das müssen wir allen Bürgerinnen und Bürgern sagen. Die Mehrheit des Bundestages hat seit 2005 keinen Beschluss gefasst, der nicht auch Ihre Zustimmung gefunden hat, einschließlich der dramatischen und unverantwortlichen Kürzung der Pendlerpauschale. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos) - Ulrich Kelber (SPD): Das war der erste richtige Satz!)

Der Bundesfinanzhof, der seinen Sitz in München hat, hält die Kürzung der Pendlerpauschale für grundgesetzwidrig.

Daraufhin haben wir gesagt: Lasst uns doch selbst Politik machen! Lasst uns diese Schwachsinnsregelung zurücknehmen! Wir müssen doch nicht warten, bis das Bundesverfassungsgericht wieder ersatzweise für den Bundestag Politik macht. Dann haben wir eine namentliche Abstimmung durchgeführt. Herr Huber, ich muss es Ihnen sagen: Alle CSU-Abgeordneten haben im November 2007 dafür gestimmt, dass die Kürzung der Pendlerpauschale erhalten bleibt. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Nun haben wir festgestellt, dass Sie jetzt eine andere Auffassung vertreten. Deshalb haben wir es wieder in den Bundestag eingebracht. Am Donnerstag vor der Landtagswahl in Bayern können wir namentlich darüber abstimmen. Mal sehen, wie Ihre Abgeordneten dann entscheiden. Darauf dürfen wir gespannt sein.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Ich finde es toll, dass Sie plötzlich dafür sind, den Steuerfreibetrag bei der Einkommensteuer von 6 800 Euro auf 8 000 Euro zu erhöhen, dass Sie dafür sind, den Steuerbauch bei der Einkommensteuer zu beseitigen. Damit haben Sie völlig recht. Wenn man oben bei den Bestverdienenden in der Steuer nachlässt, dann muss das einer bezahlen. Das sind bei uns die Durchschnittsverdiener. Deshalb haben wir diesen Steuerbauch, der nicht gerechtfertigt ist. Herr Huber, Sie müssen aber erwähnen, wer den Steuerbauch erfunden hat. Das war Theo Waigel unter Kanzler Kohl. Er war zudem Vorsitzender der CSU. Ich finde, darauf muss man doch wenigstens hinweisen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Sie erwähnen auch nicht, dass wir im April 2008 im Bundestag eine Debatte über die Erhöhung des Steuerfreibetrags und über die Beseitigung des Steuerbauches geführt haben und die CSU dagegen polemisiert und dagegen gestimmt hat. Einen Monat später fällt Ihnen ein, dass Sie eine andere Auffassung vertreten. Diese Art des Wahlkampfes ist zu billig.
Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zur SPD sagen. Ich habe Ihre Personalentscheidung zurück zu Schröder mitbekommen. Hierzu möchte ich Ihnen drei Dinge sagen. Sie haben beschlossen, für einen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn einzutreten. Sie haben ferner beschlossen, dass Sie für eine Bürgerversicherung sind. Irgendwann einmal haben Sie auch beschlossen, dass Sie die Vermögensteuer erheben wollen. Nun sagt Herr Müntefering, dass er unbedingt eine Koalition mit der FDP eingehen möchte. Das heißt, es gibt keinen Mindestlohn, es gibt keine Bürgerversicherung, und es gibt keine Vermögensteuer. Ich nehme an, diesbezüglich ist Verlass auf die FDP.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Wenn das so ist, dann sage ich Ihnen: Wenn Sie wieder im Wahlkampf für einen gesetzlichen Mindestlohn eintreten und gleichzeitig sagen, dass Sie mit der FDP zusammengehen wollen, dann bereiten Sie den nächsten Betrug der Wählerinnen und Wähler vor. Das werden wir versuchen deutlich zu entlarven.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))