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Schutz und Motivation

Archiv Linksfraktion - Rede von Matthias W. Birkwald,

Rede von Matthias W. Birkwald (DIE LINKE)

zur abschließenden Lesung der Anträge

DIE LINKE: „Keine Anrechnung von Ferienjobs auf das Arbeitslosengeld II“ (BT-Drs. 17/76)

SPD: „Mehr Chancengleichheit für Jugendliche - Ferienjobs nicht als regelmäßiges Ein­kommens anrechnen“ (BT-Drs. 17/524)

 

Sehr geehrter Herr Präsident/Frau Präsidentin!
Meine sehr geehrte Damen und Herren,

Hinhalten, rausschieben und feist für sich vereinnahmen - das ist die Gangart der schwarz-gelben Bundesregierung, der sich die SPD angeschlossen hat. Aber, wir wollen nicht nachtragend sein: Halten Sie ihr Fähnchen ruhig in den Wind - wir sorgen für den Sturm!


Meine Damen und Herren - LINKS wirkt! Allein der Beharrlichkeit seitens der LINKEN ist es zu verdanken, dass die Hartz IV-Parteien nun reagieren und endlich das Ferienjob-Ärgernis anpacken. Das hat viel zu lang gedauert!


Im August 2008 haben wir von der großen Koalition aus SPD und den Unionsparteien im Rahmen einer Kleinen Anfrage wissen wollen, ob sie bereit wären, Einkommen aus Ferienjobs nicht auf Hartz IV anzurechnen. Was taten SPD und CDU? Sie leugneten das Problem und taten nichts! Stattdessen heuchelten Volker Kauder und Klaus Wowereit im August 2009 in der Sendung „Hart aber fair“ Betroffenheit. Unseren Antrag, endlich zu handeln und Schluss zu machen mit der Anrechnung der Ferienjobs auf Hartz IV, lehnte die große Koalition schlicht ab - und die FDP konnte sich gerade mal dazu durchringen, sich zu enthalten. Nach der Bundestagswahl haben wir das Thema wieder aufgegriffen und erneut in den Bundestag getragen. Und was ist passiert? Die Unionsparteien und FDP haben den Antrag abgelehnt und die SPD hat sich nur enthalten. Das ist angesichts des Problems nichts anderes als Parteipolitik auf dem Rücken von Jugendlichen aus armen Familien und das ist nicht akzeptabel!


Jetzt endlich will die Bundesregierung auf dem Wege einer Verordnung Einkommen aus Ferienjobs teilweise freistellen.Damit hat sich der Antrag der SPD erledigt. Aber, meine Damen und Herren, damit hat sich der Antrag der LINKEN noch nicht erledigt.


Zwei Ziele müssen wir mit einer Ferienjob-Regelung für Jugendliche erreichen, deren Familien von Hartz IV betroffen sind: Wir wollen Schutz und Motivation. Wir wollen die Jugendlichen nicht entmutigen, sondern ermuntern, ihr eigenes Geld zu verdienen. Wir brauchen einen Sozialstaat, der es den Einzelnen ermöglicht, eigene Entscheidungen zu treffen. Denn nur wer tatsächlich etwas zu entscheiden hat, kann Verantwortung übernehmen. Im System Hartz IV gibt es für die Betroffenen nichts zu entscheiden - weder für die Eltern, noch für die Kinder. Hier setzen wir an! Denn wir LINKEN wissen - und weisen immer wieder darauf hin -, dass Motivation das eine, Schutz aber gerade bei Kindern und Jugendlichen das andere Ziel sein muss. Deswegen ist uns sehr wichtig, nicht über das Ziel hinaus zu schießen und die Balance zu halten: Der Jugendschutz muss eingehalten werden, denn eine reguläre Schulbildung ist wichtiger als der schnell und früh verdiente Euro. Deswegen ist es richtig, die Verdienstmöglichkeiten von Schülerinnen und Schülern strikt nach Alter der Schülerinnen und Schüler und Dauer des Jobs zu begrenzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, wir wollen den Arbeitsmarkt regulieren - aber selbstverständlich nur mit Sinn und Verstand. Vier Wochen im Jahr, wie es das Jugendarbeitsschutzgesetz vorsieht reichen. Wozu also zusätzlich die Einkommenshöhe beschränken? Die Bundesregierung schlägt nun vor, dass Schülerinnen und Schüler innerhalb der vier Wochen maximal 1200 Euro verdienen dürfen und beispielsweise bei einem Stundenlohn von 10 Euro 30 Stunden pro Woche arbeiten sollen. Diese Verdienstbegrenzung auf 1200 Euro lehnen wir ab!


Meine Damen und Herren von Union und FDP - Sie haben da etwas vollkommen falsch verstanden! Wir müssen einen Mindestlohn festlegen - da sind Ihre 10 Euro genau richtig - aber doch keinen Durchschnitts- oder Höchstlohn! Ich fordere Sie auf: Streichen Sie die Verdienstgrenze für jobbende Schülerinnen und Schüler, die im Hartz IV-System stecken! Schutz und Motivation brauchen eine Arbeitszeitbegrenzung, aber keine Verdienstgrenze!


Vielen Dank.