Rede zur Einbringung des Haushaltsgesetzes 2014.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schäuble, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede darauf aufmerksam gemacht, dass es für die Ukraine und die umliegende Region nur Diplomatie als Lösung gibt. Ich will mich dem ausdrücklich anschließen und hoffe, dass wir auch darin einer Meinung sind, dass Äußerungen, die dies konterkarieren, wenig hilfreich sind.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Jetzt aber zum Bundeshaushalt. Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass es fast Standing Ovations gegeben hat, als von dauerhaftem Haushaltsausgleich die Rede war.
(Zurufe von der CDU/CSU: Zu Recht!)
Die schwarze Null geht durch alle Medien. Ich will zunächst einige Fakten nennen. In der letzten Legislatur haben Sie und Ihre Regierung, Herr Schäuble, 102,9 Milliarden Euro neue Schulden gemacht.
(Zuruf von der LINKEN: Richtig!)
Frau Merkel ist seit 2005 im Amt und hat seitdem über 200 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. Im Rahmen des Haushalts 2014, um den es nun geht, wollen Sie 6,5 Milliarden Euro neue Schulden machen; das ist Fakt. Sie sind also weit weg von den eigentlichen Zielen. Sie haben die Neuverschuldung in diesem Land in nennenswerter Größenordnung angehoben.
Um es klar und deutlich zu sagen: Auch die Linke ist für Haushaltskonsolidierung. Wir sind für Schuldenreduzierung. Da, wo wir regiert haben, in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, kann man genau sehen, dass wir in diese Richtung agiert haben. Brandenburg ist in den letzten drei Jahren ohne neue Schulden ausgekommen und hat im letzten Jahr sogar einen Haushaltsüberschuss in Höhe von 583 Millionen Euro ausgewiesen, von denen 300 Millionen Euro in die Tilgung geflossen sind. Trotzdem wurden die Mittel für den Bildungsetat in diesem Bundesland um 10 Prozent gesteigert. Das ist solide Finanzpolitik. Dafür steht auch die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Der Preis für Ihre Art der Haushaltskonsolidierung ist extrem hoch. Sie fahren mit diesem Haushalt das Land auf Verschleiß. Das ist das Gegenteil von Verantwortung für die Zukunft. Sie haben hier in umfangreichen Worten über Investitionen geredet und gesagt, wie wunderbar wir uns entwickeln. Die Realität ist aber: Wir steigern die Investitionen nur um 1 Milliarde Euro. Das ist unverantwortlich wenig angesichts der Herausforderungen, vor denen wir in den Bereichen Bildung, Infrastruktur und Verkehrswege ‑ schauen Sie sich die Situation vieler Brücken in Deutschland an ‑ und bei den Krankenhäusern stehen. Das alles hat mit Zukunftsfähigkeit überhaupt nichts zu tun.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Schauen Sie alleine auf den Wirtschaftsetat. Er hat ein Volumen von 6 Milliarden Euro. Wenn man die Subventionen abzieht, dann sind es nur noch 3 Milliarden Euro. 1 Prozent des Gesamthaushalts steht somit für Wirtschaftspolitik zur Verfügung. Das soll Zukunftspolitik sein? Das ist ganz weit weg davon.
(Beifall bei der LINKEN)
Dieser Haushalt ist an vielen Stellen schlichtweg unterfinanziert, und zwar in der ganzen Breite. Das geht vom Steuervollzug über die Bundespolizei und die Finanzierung der Energiewende bis hin zur Arbeitsmarktpolitik. Da legen Sie ein Programm für gerade einmal 3 Prozent der Langzeitarbeitslosen auf. Den Rentenkassen werden zur Finanzierung Ihres Haushalts 19 Milliarden Euro weggenommen. Das alles, den Preis Ihrer schwarzen Null, zahlen zukünftige Generationen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Sie blenden die Haushaltsrisiken aus. Sie haben zwar über die Zinsentwicklung geredet, aber ein Anstieg von nur einem halben Prozentpunkt ‑ man sieht, dass die Entwicklung auf den Finanzmärkten in diese Richtung geht ‑ würde uns mit 6 Milliarden Euro mehr belasten. Ähnlich ist es mit den gesamten Schattenhaushalten. Allein der Soffin hat inzwischen ein Minus von 25 Milliarden Euro angehäuft. Das alles wird zu bezahlen sein. Das hat eben nichts mit struktureller Haushaltskonsolidierung zu tun.
Der Haushaltsentwurf bedeutet für die meisten Menschen weniger Netto vom Brutto. Sie belasten die Menschen und greifen ihnen tief in die Tasche. Die Rentenkassenbeiträge sollten zum 1. Januar gesenkt werden. Das haben Sie mit einem Federstrich annulliert. Es ist so, dass die Zuschüsse zum Gesundheitsfonds reduziert werden, und es stimmt eben nicht, dass die Krankenkassenbeiträge nicht steigen werden. Natürlich werden sie mittelfristig steigen, und es werden die Zuzahlungen für viele Menschen in diesem Land steigen. Genauso steigen die Beiträge zur Pflegeversicherung. Das führt im Ergebnis dazu, dass die Menschen weniger in ihren Taschen haben.
Sie träumen von der schwarzen Null, aber viele Menschen in diesem Land sehen eine schwarze Zukunft. Sie haben nicht über die über 3 Millionen Arbeitslosen in diesem Land geredet. Sie haben nicht darüber geredet, dass es Millionen Hartz-IV-Empfänger in diesem Land gibt. Sie haben nicht über die 2 Millionen Kinder und Jugendlichen, die sich in Armut befinden, geredet und auch nicht über die 465 000 Rentnerinnen und Rentner, die Sozialleistungen beantragen, weil ihre Rente unterhalb der Grundsicherung liegt. Das sind die Kollateralschäden der Regierung auf dem Weg zur Haushaltskonsolidierung.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Ein ausgeglichener Haushalt, sehr geehrter Herr Schäuble, ist nicht automatisch Ausdruck einer guten Haushaltspolitik; denn Haushaltspolitik muss immer auch einen Beitrag zur Gerechtigkeit leisten. Der Haushalt 2014 leistet ein weiteres Mal keinen Beitrag, um die katastrophale Entwicklung bei Einkommen und Vermögen wirklich umzudrehen. Auf gut Deutsch: Die Schere zwischen Arm und Reich in diesem Land geht immer weiter auf.
Es ist eben so, dass wir mehr Mittel brauchen, sehr geehrter Herr Schäuble. Nur so können wir die Aufgaben wirklich erfüllen. Um Ihrem Vorwurf gleich entgegenzutreten: Nein, wir fordern nicht pauschal Steuererhöhungen. Wir wollen mit unserem Steuerkonzept 90 Prozent der Menschen entlasten oder im bisherigen Zustand belassen. Aber die 10 Prozent der Vermögenden in diesem Land müssen mehr belastet werden, die Vermögenden und Superreichen.
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist doch nicht zu akzeptieren, dass in diesem Land die Zahl der Vermögensmillionäre jedes Jahr größer wird. Wir haben inzwischen 1 015 000 Vermögensmillionäre. Sie haben nicht den Mut, bei denen auch nur ein bisschen abzukassieren, sehr geehrter Herr Schäuble. Da muss ich den Kolleginnen und Kollegen der SPD sagen: Was ist eigentlich aus all Ihren Wahlversprechen geworden? Drängen Sie die CDU/CSU doch wenigstens dazu, dass sie ihr Wahlversprechen, den Abbau der kalten Progression, umsetzt. Das wäre doch vernünftig.
(Beifall bei der LINKEN)
Das müsste allerdings solide gegenfinanziert werden. Es ist eine Mär, dass die Erhöhung des Spitzensteuersatzes letztlich der Untergang des Abendlandes wäre. Das ist doch völlig absurd. Zu Zeiten Helmut Kohls lag der Satz bei 53 Prozent,
(Widerspruch bei der CDU/CSU)
und jetzt können wir nicht einmal über eine moderate Anhebung nachdenken? Das ist völlig absurd. Wir brauchen mehr Haushaltseinnahmen.
(Beifall bei der LINKEN)
Deswegen wäre eine Vermögensteuer notwendig.
Deswegen wäre es auch notwendig, eine Veränderung bei der Erbschaftsteuer durchzusetzen. In den nächsten Jahren werden 2 Billionen Euro vererbt. Angesichts dessen nicht den Mut zu haben, davon wenigstens etwas mitzunehmen ‑ niemand will enteignen; aber wir brauchen für die Aufgaben, vor denen unsere Gesellschaft steht, höhere Einnahmen, und diese Mittel müssen von denjenigen kommen, die in der Krise ausdrücklich profitiert haben ‑, ist ein Fehler.
Wir, meine Damen und Herren, sehen, dass dieser Haushalt in einer Tradition der Ungerechtigkeit steht. Wir werden in den Beratungen viele sehr vernünftige Vorschläge einbringen. Ich hoffe, dass Sie viele aufnehmen können. Dann ist die Hoffnung vielleicht noch nicht verloren, dass man wirklich einen ausgeglichenen Haushalt der sozialen Gerechtigkeit und der Zukunftsfähigkeit schafft. Der jetzt vorgesehene Haushalt ist im Moment weit davon entfernt.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)