Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Ich will es gleich an den Anfang meiner Rede stellen: Die Linke wird dem sogenannten Zweiten Korb der Urheberrechtsnovelle nicht zustimmen.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Dann sind wir beruhigt!)
Wie in diesem Hause üblich, haben auch wir Verhandlungswillen signalisiert. Auch wir wollten, dass das Urheberrecht den unterschiedlichsten Interessen Rechnung trägt: angefangen von den Urhebern über die Verlage und Verwertungsgesellschaften bis hin zu den Verbrauchern sowie Nutzern in Bildung und Wissenschaft. Dies jedoch leistet aus unserer Sicht der Zweite Korb aus mehreren Gründen nicht. Der erste Grund betrifft die Urhebervergütung.
In einer Zeit, in der die Entwicklung von Medien und Medienträgern eine unglaubliche Umschlagsgeschwindigkeit hat, in der Inhalte im Internet so schnell verfügbar sind und heute nicht absehbar ist, wie und in welchem Format beispielsweise ein Zeitschriftenartikel später genutzt werden kann, muss sich der Gesetzgeber um den Schutz des geistigen Eigentums kümmern. Er muss dafür Sorge tragen, dass die Kreativen in diesem Land, also die Urheber und Urheberinnen, ihr Auskommen haben. Immerhin hat es Änderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf gegeben. Dieser sah im Falle der Abgabe auf Kopiergeräte und Ähnliches noch vor, dass die Vergütungen an Gerätepreise gekoppelt werden sollten. Dies aber - das können wir in jedem Elektronikmarkt beobachten - wäre mit einem ständigen Sinken der Vergütungen verbunden gewesen.
Die Einkommensspirale wäre für die Urheber und Urheberinnen nach unten offen gewesen. Dass das nun nicht kommen soll, finden wir richtig. Aber auch die neue Regelung vollzieht, mit Verlaub gesagt, ebenjenen Systemwechsel. Statt Vergütungssätze pauschal und fest zu regeln, sollen Urheber und Verwerter bzw. die Geräteindustrie gemeinsam eine vertragliche Lösung finden. Das wirtschaftliche Ungleichgewicht der Vertragspartner wird aber auch hier zu einer Schlechterstellung der Urheber und Urheberinnen führen. Das war bereits Gegenstand der Rede der Ministerin. Auch Herr Krings hat auf Probleme im Zusammenhang mit dieser Regelung hingewiesen.
Die gleichen Folgen hat die Streichung des § 31 Abs. 4 dieses Gesetzes. Danach ist es nun nicht mehr verboten, Nutzungsrechte für Nutzungsarten einzuräumen, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht bekannt sind. Das heißt also, ich kann im Zweifelsfall unter Druck gesetzt werden, ein Recht zu übertragen, dessen wirtschaftlichen Wert ich nicht einschätzen kann. An jedem neuen Medium kann sich die Verwertungsindustrie so künftig eine goldene Nase verdienen. Die Linke findet, dass sich auch nach vielen Jahren Diskussion über das Urheberrecht an der ursprünglichen Aufgabe, bei der der Umstand beachtet werden muss, dass Urheber schutzbedürftig sind, nichts geändert hat. Wir wollen, dass die bisherige Schutznorm des Gesetzes erhalten bleibt. Der zweite Grund, warum der Zweite Korb aus Sicht der Linken nicht zustimmungsfähig ist, betrifft die Interessen von Wissenschaft und Bildung. Wir haben darüber gestern im Ausschuss noch einmal intensiv geredet.
Der Entwurf, über den wir abzustimmen haben, trägt offiziell den Titel - ich erinnere daran - ”Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft”. Wir haben den Eindruck, dass man die Informationsgesellschaft irgendwie aus den Augen verloren hat. In den letzten Jahren wurden an den Hochschulen über 4 Millionen lokale Netzwerke eingerichtet. Unibibliotheken wurden von jedem Arbeitsplatz auf dem Hochschulcampus virtuell zugänglich. Mit dem Zweiten Korb werden nun genau diese Investitionen in den Onlinezugriff zunichte gemacht. Das heißt, künftig müssen Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wieder in die Bibliothek wackeln. Das ist doch wohl kein Fortschritt. Die Linke sagt, dass das Wissen zu den Nutzern kommen muss, nicht umgekehrt. Schneller Wissenszugang ist immerhin das A und O einer modernen Informationsgesellschaft. Deshalb sind wir für eine - wohlgemerkt - campusweite Nutzung.
Außerdem hinkt der Gesetzentwurf selbst den EU-Debatten hinterher. Anders als im Gesetzentwurf schlägt die EU-Kommission nämlich ein Open-Access-Modell vor. Das heißt: Öffentlich finanzierte Forschungsergebnisse dürfen nicht privatisiert werden; sie sollen frei zugänglich sein. Leser sind doch auch Steuerzahler und sollten als solche nicht doppelt zur Kasse gebeten werden. Genau das würde aber passieren, wenn sie das gewonnene Wissen allein in gekauften Zeitschriften und Büchern nachlesen könnten. Auch der Kopienversand durch öffentliche Bibliotheken ist aus unserer Sicht nicht ausreichend geregelt. Der Kopienversand für Schüler, Studierende und Forschende soll sich an den im Geschäftsverkehr geltenden Bedingungen orientieren. Das bedeutet doch ehrlich gesagt nichts anderes, als dass es zu einer Verteuerung des Wissenszugangs kommen wird. Wir wollen aber gerade nicht, dass es zusätzliche Preisbarrieren gibt und es zu einer Verteuerung des Wissens kommt.
(Zuruf von der CDU/CSU: Also kein Urheberrecht!)
Mein dritter und letzter Einwand betrifft die Privatkopie. Sie ist nach wie vor nicht durchsetzungsfest im Sinne der Verbraucher geregelt. Vielmehr nehmen technische Schutzmaßnahmen der Anbieter immer mehr zu, während der Datenschutz der Nutzer auf der anderen Seite immer mehr abnimmt. Der Schutz von Verbraucherdaten vor unzulässiger Weitergabe an die Anbieter von Internetdiensten gehört nach Auffassung der Linken sehr wohl zu den Aufgaben des Gesetzgebers. Schließlich - es ist klar, dass ich das hier noch einmal anspreche - kritisieren wir die fehlende Bagatellklausel. Natürlich kann Strafrecht immer nur Ultima Ratio sein. Gerade weil wir keine Kriminalisierung der Schulhöfe wollen, wäre ein Strafausschließungsgrund im Bagatellbereich echt angesagt gewesen. Das, meine Damen und Herren, sind im Wesentlichen die Gründe, weshalb wir dem Zweiten Korb nicht zustimmen werden. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN)