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Keine Hochrüstung ins Grundgesetz!

Archiv Linksfraktion - Rede von Victor Perli,

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bilder des furchtbaren Krieges in der Ukraine, das Blutvergießen, die Zerstörung – all das geht unter die Haut und macht wütend. Die militärische Aggression Russlands muss sofort enden. Die Waffen müssen schweigen, damit das Leid endlich endet!

(Beifall bei der LINKEN)

Die mutigen Antikriegsdemonstranten, die in Moskau, in Sankt Petersburg und in vielen anderen Orten festgenommen worden sind, müssen sofort freigelassen werden. Es ist niemals ein Verbrechen, sich für den Frieden einzusetzen. Es ist ein Verbrechen, einen Angriffskrieg zu führen!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Den Geflüchteten aus der Ukraine muss schnell geholfen werden. Die Mittel dafür müssen weiter aufgestockt werden. Das ist Solidarität, und die ist richtig.

Meine Damen und Herren, es ist bekannt, dass die Ampelkoalition massive Hochrüstungspläne hat; dazu komme ich noch. Weniger bekannt ist, welche Kürzungen sie vornehmen möchte. Mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf sollen die Ausgaben für Humanitäres, für Krisenprävention und Entwicklungspolitik zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder sinken. Die großen sozialen und demokratischen Herausforderungen und die Klimaherausforderungen treten im Vergleich zum Militärischen in den Hintergrund, und das finden wir völlig falsch.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch bei der auswärtigen Kultur- und Bildungsarbeit sind drastische Kürzungen geplant. Beim Goethe-Institut, das in 98 Ländern deutsche Kultur und Sprache fördert, sollen 19 Millionen Euro gestrichen werden.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Unglaublich!)

Ich bitte Sie! Das können Sie doch nicht ernsthaft als Botschaft hier aussenden, dass Außenpolitik jetzt heißt: Mehr Geld für Waffen, aber weniger Geld für Kultur und Konfliktprävention.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wäre ein verheerendes Signal.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Natürlich muss die Bundeswehr in der Lage sein, die Bürgerinnen und Bürger zu verteidigen; das ist der Auftrag unseres Grundgesetzes.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ah!)

Aber die geplante Beschaffung von zum Beispiel 35 Atombombern hat nichts mit Verteidigung zu tun. Das sind Angriffswaffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deutschland hat den siebtgrößten Rüstungsetat der Welt. Er ist in der Amtszeit von Angela Merkel um 50 Prozent aufgestockt worden und so groß wie der von Frankreich. Wenn die Hochrüstungspläne der Ampelkoalition durchkommen, haben wir den drittgrößten Rüstungsetat der Welt nach den USA und China. Dann fließt fast jeder fünfte Euro aus dem Bundeshaushalt in die Armee.

Ich zitiere:

"Die auf Jahrzehnte geplante Hochrüstung beendet das Sterben in der Ukraine nicht, macht unsere Welt nicht friedlicher und nicht sicherer."

(Zuruf von der CDU/CSU: Sondern?)

Dieser Satz steht im gestern veröffentlichten Appell „Demokratie und Sozialstaat bewahren – Keine Hochrüstung ins Grundgesetz!“. Binnen weniger Stunden haben sich bereits über 13 000 Menschen angeschlossen: Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Kulturschaffende, Wissenschaftler, Vertreter der Kirchen, Journalisten, Gewerkschafter, Linke, Sozialdemokraten, Grüne, Prominente wie Margot Käßmann, die Schauspielerin Katja Riemann und Bela B von der Musikgruppe „Die Ärzte“. Sie zeigen die Vielfalt derer, die sich den Hochrüstungsplänen von SPD, Grünen, FDP und Union entgegenstellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist keine Randposition. Das ist die Mitte der Gesellschaft, die hier Stellung bezieht.

Das ist ein Appell zum Nachdenken, und es ist ein Aufruf zu einer gesellschaftlichen Debatte. Denn bereits vor dem Ukrainekrieg haben die NATO-Staaten, einschließlich Deutschland, mehr als 15‑mal so viel für Rüstung ausgegeben wie Russland. Die bittere Wahrheit ist, dass dieser Krieg einer Atommacht auch mit noch deutlich höheren Rüstungsausgaben wohl nicht verhindert worden wäre. Ja, wir brauchen umfassende Sicherheitskonzepte, und wir brauchen Schutz vor militärischen Angriffen. Ein Wettrüsten macht unsere Welt aber nicht sicherer, sondern gefährlicher. Das ist eine Lehre aus dem Kalten Krieg. Die müssen wir beachten.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Frage ist: Wo soll das alles enden? Ein Nuklearkrieg – das muss doch völlig klar sein – hätte als Schlachtfeld Europa. Das ist die reale Gefahr.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Machen Sie doch mal einen konstruktiven Vorschlag!)

Liebe Sozialdemokraten und liebe Grüne, was Sie einmal mit der CDU/CSU ins Grundgesetz bringen, das kriegen Sie ohne die nie wieder raus. Ich appelliere an Sie, an Ihr Gewissen: Lassen Sie das bleiben! Sie haben in der Rede von Herrn Merz gehört, wo das jetzt hinführt. Wir möchten das nicht. Wir appellieren an Sie: Keine Aufrüstung ins Grundgesetz! Kein Wettrüsten mit Verfassungsrang!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)