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Der 9. November mahnt zur Verteidigung der Demokratie und Menschenwürde. Hier und überall.

Rede von Sören Pellmann,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 9. November ist ein Schicksalstag. Er steht für das Grauen der Pogromnacht am 9. November 1938, er steht seit dem 9. November 1918 für das Ende des Ersten Weltkrieges, und er steht seit dem 9. November 1989 für die Überwindung der deutschen Teilung. Er steht für die Überwindung einer unmenschlichen Grenze, die Hunderte Menschen das Leben kostete. Grenzen, die Menschen töten, sind inhuman, egal ob sie ein- oder aussperren, damals wie heute.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BSW)

Die vorliegenden Anträge atmen wiederholt vereinfachte Narrative von Gut und Böse. Viele Ostdeutsche sehen sich in solchen vereinfachten Geschichtsbildern wenig bis gar nicht mehr repräsentiert. Die Sehnsucht nach Veränderung umfasste 1989 in der DDR die gesamte Bevölkerung. Das Ziel eines solchen Wandels war allerdings unterschiedlich. Einige wollten den kompletten Wandel, und andere wollten eine andere DDR.

Am entscheidenden 9. Oktober 1989 setzte sich in meiner Heimatstadt Leipzig nicht nur der verdiente Gewandhauskapellmeister Masur für den friedlichen Verlauf der Demonstration ein, sondern auch drei SED-Bezirkssekretäre. Zuerst war die Macht der Friedlichkeit der Revolution ein Verdienst der Demonstrierenden.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BSW)

Und doch war es auch eine Entscheidung aus der Einsicht der Gegenseite nach langen Jahren der Repression, nunmehr am 9. Oktober 1989 bei der Montagsdemo in Leipzig keine Gewalt anzuwenden. All das verdient Respekt und Würdigung.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BSW)

Im CDU-Antrag sehen wir wieder die Erzählung vom Paradies, das sich den Ostdeutschen nach dem Wandel aufgetan hätte. Jeder, der die 1990er-Jahre miterlebt hat, weiß es besser. Der Freiheit folgten für Millionen die Unsicherheit und die Arbeitslosigkeit auf dem Fuße. Unterbelichtet bleibt Ihre eigene Verantwortung im Einigungsprozess und in den letzten Jahrzehnten für die Folgen des von Ihnen betriebenen Strukturwandels, die Sie in 35 Jahren nicht bewältigen konnten.

Schaut man aber auf die Unterschiede bei den Löhnen, bei der Rente, bei den Spitzenfunktionen und auch beim Vermögen und bei der Armut, stellt man fest: Die Trennung zwischen Ost und West bleibt weiter bestehen.

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [Die Linke])

Viele Ostdeutsche fordern zu Recht mehr Anerkennung, Achtung vor ihrer Arbeit, Achtung vor ihrer Lebensleistung sowohl in der DDR als auch in den 35 Jahren danach.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BSW und der Abg. Maja Wallstein [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wo in der DDR Unrecht geschehen ist, muss den Betroffenen geholfen werden. Wir wissen um unsere eigene Verantwortung. Die Geschichte der Einheit hingegen ist durchaus differenziert zu betrachten. Die erkämpfte Demokratisierung des Jahres 1989 ist eine wertvolle Erfahrung für ganz Deutschland. Der Bevölkerung der ehemaligen DDR gebührt dafür Respekt und Anerkennung.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BSW)

Der 9. November mahnt uns alle zur Ablehnung jeglicher Gewaltherrschaft, zur Verteidigung der Demokratie und zur Achtung vor der Würde des Menschen – hier und überall.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Amira Mohamed Ali [BSW])