Die LINKE hat heute einen Antrag vorgelegt mit Vorschlägen, wie wir den Ausbau der Hochschulen im Sinne der Inklusion voranbringen können.
Seit 2009 hat sich Deutschland zur Inklusion verpflichtet, seit 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft, und das bedeutet nichts weniger, als dass alle Menschen das gleiche Recht auf vollständige gesellschaftliche Teilhabe haben, dass wir die Verschiedenheit, die Unterschiedlichkeit der Menschen endlich als Reichtum und nicht als Hemmnis oder Problem begreifen. In der Bildung wie in jedem anderen gesellschaftlichen Bereich muss es einen uneingeschränkten, einen gleichberechtigten Zugang für alle Menschen geben. Für alle Menschen, also weder die soziale Zugehörigkeit noch der ökonomische Hintergrund, weder individuell verschiedene Voraussetzungen noch Handicaps, weder das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung noch Religion oder Herkunft dürfen ein Hindernis für Partizipation darstellen.
Alle meint einfach alle. Für dieses Umdenken ist es wirklich höchste Zeit! An vielen Hochschulen werden Anstrengungen unternommen, um die Barrierefreiheit voranzubringen, mit Rampen und Aufzügen für Rollstuhlfahrer und Rollstuhlfahrerinnen oder mit barrierefreien Web-Auftritten. Aber es ist bei diesem Thema genauso wie bei den meisten anderen wichtigen Herausforderungen in der Bildung: Eine angemessen schnelle und flächendeckende Umstellung wird nur gelingen, wenn es dafür eine gezielte Unterstützung von Bund und Ländern gibt, und deshalb wirbt die Linke für ein Investitionsprogramm für inklusive Bildung, zusammen mit einem Inklusionspakt für die Hochschulen, um nicht nur bauliche Maßnahmen voranzubringen, sondern auch die Lehr- und Lernmittel inklusiv auszurichten, oder um das Betreuungsverhältnis von Studierenden und Lehrenden zu verbessern.
Aber statt sich darüber Gedanken zu machen, wie die Bundesregierung helfen kann, Hürden zu beseitigen, baut sie selber neue auf. Das neue Bundesteilhabegesetz, das heute verabschiedet wurde – und zwar gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke –, bedeutet, auch nach den nun vorgenommenen Änderungen, deutliche Verschlechterungen für Studierende mit Beeinträchtigungen. Fakt ist, dass die Pläne der Bundesregierung das Recht auf freie Berufswahl einschränken werden, und es ist eigentlich unglaublich, dass wir uns heute, statt über die nächsten Schritte in Richtung Inklusion zu reden, uns über die Verhinderung von neuer Diskriminierung unterhalten müssen.
Statt das Leben einfacher zu machen für diejenigen, die auf persönliche Assistenz angewiesen sind, schränken sie ihre Rechte im Vergleich mit Studierenden ohne Behinderung ein. Der Erhalt von Eingliederungshilfe für eine schulische oder hochschulische berufliche Weiterbildung soll an zeitliche und inhaltliche Vorgaben gebunden sein, und Leistungen für ein Promotionsstudium werden im Bundeteilhabegesetz nicht einmal aufgeführt.
All das sind massive Benachteiligungen für Studierende und Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen mit Behinderungen, es ist das Gegenteil von dem, was die UN-Behindertenrechtskonvention will. Und das ist nicht hinzunehmen. Und für die allermeisten Studierenden mit Beeinträchtigung ist der notwendige finanzielle Mehrbedarf für das Studium ein echtes Problem. Und es kann doch nicht sein, dass erhöhte Bedarfe wegen einer Behinderung im BAföG grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Dieser Zustand ist unzumutbar für die Betroffenen.
Deswegen wollen wir das BAföG zukünftig in eine der Beeinträchtigung angemessene Förderung umwandeln und über die Regelstudienzeit hinaus zahlen – nur so kann verhindert werden, dass Studierende mit Behinderung nicht vielleicht zum Studienabbruch gezwungen sind.
Die Beseitigung von Barrieren, das ist nicht nur relevant für Menschen mit Beeinträchtigungen, sondern für uns alle, weil jede und jeder von uns immer wieder darauf angewiesen ist, dass uns Hürden aus dem Weg geräumt werden. Dieses Verständnis von Inklusion wollen wir voranbringen.