Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Unionsfraktion hat ein neues Level an übermütiger Selbstbeweihräucherung und politischer Vergesslichkeit erreicht.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Eijeijei! )
Während Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion, ganze 16 Jahre – ich kann es Ihnen nicht ersparen – die Bundesregierung geführt haben, sind die durchaus vorhandenen Verbesserungen in dieser Zeit doch sehr überschaubar. Noch immer scheitern zahlreiche Menschen mit Behinderungen beispielsweise an Barrieren im Kino, beim Einkaufen, beim Sport, im Straßenverkehr, in und mit Behörden oder im Gesundheitswesen.
Dass Sie in Ihrer Zeit als Regierungsfraktion jedoch vollkommen beratungsresistent waren, zeigt sich an Ihrem Abstimmungsverhalten in der Vergangenheit. 2020 hatte die Linksfraktion zehn Anträge für eine bessere Barrierefreiheit eingebracht. Die haben Sie alle abgelehnt.
(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Die von der SPD haben die auch abgelehnt!)
Stattdessen mussten wir uns anhören: Machen wir, ist gemacht, wird gemacht, haben wir längst erledigt. – Unsinn; denn Ihre Bilanz ist verheerend:
Barrierefreier Wohnraum ist in Deutschland Goldstaub und in der Realität leider völlig unbezahlbar. Das Statistische Bundesamt beziffert den Anteil an barrierefreien Wohnungen auf nur 1,5 Prozent.
Die gleiche verheerende Bilanz auf dem Arbeitsmarkt: Der Anteil der langzeitarbeitsuchenden Menschen mit Behinderungen stieg von 41,2 Prozent vor der Pandemie auf 46,5 Prozent danach.
Und auch die Kritik der Monitoring-Stelle der UN-Behindertenrechtskonvention zum Gesundheitswesen ist eindeutig: Sie stellt erhebliche Defizite fest – Zitat –:
"Infolge der knappen Ressourcen in der Pandemie haben die Barrieren und Benachteiligungen für diese Personen"
– für Menschen mit Behinderungen –
"noch zugenommen."
Konkret heißt das, dass lediglich jede vierte Arztpraxis auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich ist. Und das ist völlig inakzeptabel.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jens Beeck [FDP])
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion, bei all Ihrem oppositionellen, freundlichen Optimismus: Diese Zahlen sind Ihre Zahlen des Scheiterns für die Politik Ihrer Regierungszeit seit 2005; und daran ändern auch einige gute Vorschläge in Ihrem Antrag nichts. Etwas erfreulicher ist allerdings, dass Ihre damalige Juniorpartnerin, die SPD, nach langen Jahren des Nichtstuns und Abstreitens
(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)
das Problem zumindest erkannt hat und diese Woche ein Eckpunktepapier für mehr Barrierefreiheit vorgestellt hat. Gut so!
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Integraler Bestandteil dieses Konzeptes ist ein noch zu gründender Beirat für die „Bundesinitiative Barrierefreiheit“, der bis 2025 ein Papier vorlegen möge. Das ist unambitioniert, meine Damen und Herren; denn das bedeutet für die Betroffenen, dass sie vor dem Jahre 2030 sicherlich wenig an Umsetzung und realer Verbesserung zu erwarten haben; und das ist schlecht. Das Konstrukt eines solchen Beirates darf nicht zu einer weiteren Verschleppung von mehr Barrierefreiheit führen.
Als Linker sage ich – letzter Satz –: Wir brauchen unverzüglich mehr Barrierefreiheit. Also, liebe Ampelkoalition, kommen Sie in die Gänge, und zeigen Sie der Union, dass Sie es besser können! Die Menschen mit Behinderungen würden es Ihnen danken.
Und ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)