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Theokraten bekämpfen wir nicht mit scheinheiligem Populismus

Rede von Martina Renner,

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Religiöser Fundamentalismus ist eine Gefahr für die Demokratie und die demokratische Gesellschaft. Das gilt für den gewaltbereiten Islamismus wie für alle Formen religiös begründeter Menschen- und Demokratieverachtung. Dazu zähle ich auch und ausdrücklich die Demonstrationen islamistischer Gruppen wie zuletzt in Hamburg, aber auch in Essen mit schwarzen Fahnen und der Forderung nach einem Gottesstaat. Gegen diese Aufmärsche sind bereits am 4. Mai – es ist hier schon mehrfach erwähnt worden – in Hamburg Hunderte Menschen der Zivilgesellschaft auf die Straße gegangen. Sie traten den Hasspredigern entgegen, die die Scharia über die Verfassung stellen und das Grundgesetz als Wertediktatur beschimpfen. Es braucht diese Zivilgesellschaft für einen wirksamen Einsatz gegen den Islamismus. Diese Zivilgesellschaft ist unsere stärkste Waffe, und wir sollten ihr unseren Dank aussprechen.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Was wir nicht brauchen, sind solche scheinheiligen und populistischen Anträge. Scheinheilig ist der vorliegende Antrag – ich will es erklären –, weil auch die CDU/CSU im Kampf gegen den Islamismus versagt hat. Seit Langem ist doch offenkundig, welche Staaten islamistische und terroristische Gruppen und Netzwerke unterstützen. Weder die Türkei noch der Iran haben ernsthafte Konsequenzen zu befürchten. Türkische Islamisten und Faschisten wie die Grauen Wölfe verbreiten ihre Propaganda, bedrohen Menschen, und Abgeordnete lassen sich mit ihnen ablichten. Menschen, die sich dem IS-Faschismus entgegenstellen – die verfolgten Jesiden und Jesidinnen, die Kurden und Kurdinnen –, werden in diesem Land verfolgt und abgeschoben. An den Grenzposten der Türkei werden Flüchtlinge aufgehalten, während gleichzeitig Waffen und Terroristen ungehindert passieren. Und es ist die Union gewesen – vielleicht erinnern Sie sich nicht mehr –,

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Exakt!)

die über Jahrzehnte das Wirken der türkischen Religionsbehörden in Deutschland befördert hat.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Es wird ja grotesk, Frau Kollegin, wirklich grotesk!)

Vor diesem Hintergrund sind Ihre aktuellen Forderungen nach Kontrolle der Finanzierung von Moscheen nicht glaubwürdig. Ja, vielleicht haben Sie das alles vergessen. Schauen Sie mal auf Ihre Sicherheitspolitik der letzten Jahre!

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Sprachlosigkeit sagt ja alles!)

Ich habe erläutert, warum Ihr Antrag scheinheilig ist. Ich will jetzt noch erläutern, warum Ihr Antrag populistisch ist.

(Josef Oster [CDU/CSU]: Nicht nötig! – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Kann man nicht ernst nehmen!)

Ihr Antrag ist populistisch, weil er mit der Praxis der Sicherheitsbehörden, deren Bedürfnissen und dem, was gerade passieren muss, überhaupt nichts zu tun hat. Sie wollen nicht die Praxis der Sicherheitsbehörden verbessern. Sie wollen lediglich leere und zum Teil – das ist schon mehrfach erwähnt worden – verfassungsrechtlich bedenkliche Vorschläge in die politische Arena einbringen, nur um sich selbst zu profilieren. Das hilft niemandem in diesem Land, –

– der von Islamisten bedroht wird.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Diese Debatte droht der Tiefpunkt des heutigen Tages zu werden!)

Das sollte aber unsere Perspektive sein: an der Seite der Betroffenen zu stehen, immer da.

Danke schön.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)