Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! In den vergangenen Jahren haben mehr als 100 Menschen, überwiegend Frauen, die sich in der Öffentlichkeit gegen Neonazis engagieren, Drohbriefe mit Mord- und Gewaltfantasien bekommen,
(Tino Chrupalla [AfD]: Ich kann Ihnen meine auch mal zeigen!)
unterzeichnet mit „NSU 2.0“. Diese Frauen wie Seda Basay-Yildiz, Idil Baydar oder Nancy Faeser wurden mit dem Tod bedroht, weil sie Demokratie und Rechtsstaat aktiv verteidigen. Allen, die täglich gegen Rassismus, Antisemitismus und Frauenhass Stellung beziehen, muss unser Dank gelten.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Die CDU/CSU attackiert mit der VVN-BdA stellvertretend diese Engagierten, die aus Überzeugung Antifaschisten und Antifaschistinnen sind. Antifaschismus erfordert Haltung und ist nicht beliebig.
(Zuruf von der AfD)
Es reicht nicht, in Sonntagsreden den Gestus der harten Hand gegen rechts zu postulieren oder politische Allgemeinplätze zu verkünden. Antifaschismus bedeutet die unversöhnliche Gegnerschaft zu neuen und alten Neonazis mitsamt ihren politischen Wegbereitern.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Mitsamt ihren Familien!)
Antifaschismus bedeutet Solidarität mit denen, die von Nazis bedroht werden, und den aktiven Einsatz dafür, dass diese Menschen geschützt und Nazis zurückgedrängt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Und Antifaschismus bedeutet auch, die infamen Behauptungen, die Nazis seien auch irgendwie so was wie Sozialisten,
(Beatrix von Storch [AfD]: Nicht „irgendwie so was“, sondern ganz direkt! – Tino Sorge [CDU/CSU]: Nationalsozialisten!)
zu enttarnen als das, was sie sind: schamlose Geschichtsfälschung und Verkehrung von Opfern und Tätern. Wenn solche Lügen auch in bundesdeutschen Zeitungen stehen, sagen wir: Wir weisen solche Lügen zurück!
(Beifall bei der LINKEN – Nicole Höchst [AfD]: Das Braunbuch der DDR von Olaf Kappelt lesen!)
Liebe Demokraten und Demokratinnen in diesem Haus, wir befinden uns in der Woche des Jahrestages des Anschlages von Hanau. Neun junge Menschen wurden von einem Rassisten aus Hass ermordet. Rassismus und die damit einhergehende Bedrohung von Menschen ist Alltag in dieser Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund finde ich es unerträglich, dass die Union in dieser Woche gemeinsam mit der AfD die Hetzkampagne weiterführt, die von der extrem rechten „Jungen Freiheit“ und der Springer-Presse losgetreten wurde.
(Beifall des Abg. Helge Lindh [SPD] – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Die Demokratie schützt nicht – und damit meine ich Sie –, wer mit Rassisten und Antisemiten in der AfD gemeinsame Sache macht und neurechten Postillen politische Macht gibt.
(Beifall bei der LINKEN – Christoph de Vries [CDU/CSU]: Steht im Verfassungsschutzbericht! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)
Sie, die CDU/CSU und die AfD, sitzen jetzt gemeinsam rechts im Plenum, und ich finde, da sitzen Sie gut.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Ja, ja, genau! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ach Gott!)
Eine Bemerkung will ich mir an der Stelle nicht verkneifen: Unter Merkel hätte es so eine Aktuelle Stunde nicht gegeben.
(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Alexander Throm [CDU/CSU]: Unter Merkel hätte es so eine unklare Ministerin nicht gegeben!)
Wir für unseren Teil bleiben Antifaschistinnen und Antifaschisten. Wir erhalten das Andenken der Opfer und Überlebenden des faschistischen Terrors und das der Widerstandskämpfer/-innen aufrecht. Wir sind stolz darauf, dass in unseren Reihen so viele – wie ich selbst – Mitglied in der VVN-BdA sind.
(Beatrix von Storch [AfD]: Wahnsinn!)
Und wir werden nicht ruhen, bis der Schwur von Buchenwald, eine Welt ohne Nazis und Krieg, Realität geworden ist.
Weil Sie vorhin auch schon wieder reingerufen haben: „Aber der Verfassungsschutz meint …“, will ich Ihnen etwas sagen:
(Christoph de Vries [CDU/CSU]: Das haben die Gerichte bestätigt!)
Es ist eine Farce, sich in dieser Frage auf eine Behörde zu beziehen, die qua Auftrag und Geschichte Linke diffamiert und Rechte schützt.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Was man hier für einen Blödsinn teilweise hören muss! Unglaublich!)
Meine Damen und Herren, zum zweiten Teil des Titels Ihrer Aktuellen Stunde. Die Demokratie in Deutschland ist wahrlich nicht gefährdet, wenn sich junge Menschen für die Belange der zukünftigen Generationen oder soziale Gerechtigkeit auf die Straße setzen. Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Deutschland sind bedroht von Neonazis, Rassisten und Antisemiten, von rechten Mobs, die mit Fackeln vor Häusern von Politikern und Politikerinnen aufmarschieren. Dagegen müssen wir die Demokratie verteidigen!
(Beifall bei der LINKEN)
Sie muss verteidigt werden gegen die extrem rechte Hetze in den sozialen Medien. Sie muss verteidigt werden gegen die im Parlament sitzenden Stichwortgeber rechter Gewalt. Sie, die CDU/CSU, greifen die Innenministerin dafür an, dass sie als SPD-Abgeordnete in Hessen genau das getan hat: die Demokratie zu verteidigen. Ich finde, Sie sollten sich für diese Aktuelle Stunde schämen!
(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU und der AfD)