Der heute vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung greift ein Anliegen auf, mit dem sich die Betroffenen immer wieder aktiv an die Politik gewendet haben: Auch Menschen, die mit einer Samenspende gezeugt wurden, haben das Recht darauf, ihre Abstammung zu kennen. In Deutschland werden jährlich etwa 1 200 Kinder nach einer heterologen Insemination, also einer Befruchtung der Frau mit Spendersamen, geboren. Insgesamt leben über 100 000 so gezeugte Menschen in Deutschland. Ihnen wird dieses Gesetz leider nicht mehr helfen können, ihren genetischen Vater zu finden, obwohl viele dieses Bedürfnis im Laufe ihres Lebens entwickeln. Bislang werden die Daten lediglich bei den Entnahmeeinrichtungen festgehalten. Die Suche nach der Herkunft erfordert also das Abfragen einzelner Samenbanken, in der Hoffnung, die richtige zu finden und dort auch die richtigen Daten zu erhalten, die bisher auch nur 30 Jahre aufbewahrt werden müssen.
Die Idee, diese derzeit völlig zersplitterten Daten zukünftig zentral bei einer Bundesbehörde wie dem DIMDI, dem Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information, zu sammeln und bereitzustellen, löst das Problem der zersplitterten Daten für die Zukunft. Gleichzeitig muss geregelt werden, dass sich aus einer Samenspende kein Verwandtschaftsverhältnis begründet. Dieses könnte nämlich zu ziemlich schwierig zu lösenden rechtlichen Fragen führen – zum Beispiel im Bereich des Unterhalts- und Erbschaftsrechts.
Der Verein „Spenderkinder“ hat zudem darauf gedrungen, dass sowohl der Spender als auch die sozialen Eltern vor der Samenspende ein verpflichtendes Beratungsangebot erhalten, um zu verstehen, dass die Kinder später das Bedürfnis haben könnten, ihren genetischen Vater kennenzulernen, und dass ein offener Umgang mit der Art der Zeugung für die familiäre Beziehung zwischen den sozialen Eltern und dem Kind positiv sein kann. Dem kommt der Gesetzentwurf zumindest teilweise nach.
Leider hat die Bundesregierung die Anregung nicht aufgegriffen, eine Möglichkeit zu schaffen, den genetischen Vater in irgendeiner Weise in den Abstammungsdokumenten der Kinder zu nennen und trotzdem rechtliche Ansprüche auszuschließen. Wir werden in der weiteren Beratung des Gesetzes prüfen, ob es nicht doch Möglichkeiten gibt, diesen Wunsch der Betroffenen zu berücksichtigen.
Auch weitere wichtige Vorschläge bleiben leider unberücksichtigt. So vermisse ich zum Beispiel eine Begrenzung der Zahl der Kinder, die mit den Samen eines einzelnen Spenders gezeugt werden dürfen. Dieses wäre angezeigt, um zu verhindern, dass unter Umständen sehr viele genetisch verwandte Spenderkinder gezeugt werden, die dann ein höheres Risiko haben, unwissentlich mit einem Halbgeschwister eine Familie zu gründen, wodurch die Kinder aus solchen Familien höheren Risiken für Erbkrankheiten ausgesetzt wären.
Ebenfalls nicht nachzuvollziehen ist, dass das Register nicht auch genutzt wird, um die Daten von Zeugungen in Form einer Embryonenspende zu erfassen. Auch wenn dieses Verfahren meiner Ansicht nach nicht vereinbar ist mit dem Embryonenschutzgesetz, wird es in Deutschland dennoch angewandt. Auch diese Kinder haben das Recht, ihre Abstammung zu kennen. So ist es wohl doch so, dass die unselige Tradition fortgesetzt wird, dass die Gesetzgebung hinter den Anforderungen neuer Techniken in der Reproduktionsmedizin herhinkt. Deswegen hoffe ich, dass wir hier im Lauf der Beratung noch zu Verbesserungen kommen werden.