Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Biologische Waffen sind ja ein eher weniger beachtetes Problem bei der Rüstungskontrolle. Das mag wohl daran liegen, dass sie weniger mit Bildern verknüpft werden als beispielsweise Atom- oder Chemiewaffen. Wenn wir darüber sprechen, haben wir vor unserem inneren Auge sofort die fürchterlichen Bilder aus Hiroshima und Nagasaki, aus Vietnam oder aus der kurdischen Stadt Halabdscha. Aber zum Beispiel die 350 000 Menschen, die 1942 in China durch einen Angriff der japanischen Streitkräfte mit Pesterregern umkamen, sind nicht in unserem kollektiven Gedächtnis angekommen.
Als politisch Verantwortliche sollten wir aber nicht nur zurückschauen, sondern alles dafür tun, dass sich solche Verbrechen nicht wiederholen. Die Gefahr durch Biowaffen ist durch die Fortschritte in der Gentechnik rasant gestiegen. Heute ist es technisch überhaupt kein Problem, Mikroorganismen durch Gentechnik so zu verändern, dass auch Antibiotika oder Impfungen nicht mehr helfen. Und es wird zunehmend schwerer, abzugrenzen, welche Forschung dem Schutz vor Infektionen dient und welche der Entwicklung von Kampfstoffen.
Mit dem Biowaffenübereinkommen von 1971 haben die Vereinten Nationen ein wichtiges Vertragsdokument geschaffen. Was diesem aber fehlt, sind verbindliche Kontrollinstrumente. 2001 war man fast so weit, ein solches Kontrollsystem auf den Weg zu bringen. Doch die USA ließen die Verhandlungen kurz vor dem Abschluss platzen. Dies war das Jahr – wir erinnern uns –, in dem in den USA Milzbranderreger auftauchten, die aus dem Biowaffenforschungslabor der US-Militärs in Fort Detrick stammten. Auch in Russland wurde wohl trotz des Biowaffenabkommens noch jahrelang weiter geforscht, zum Beispiel auch mit dem Ebolavirus.
All das zeigt: Ohne ein wirksames Kontrollsystem bleibt die Biowaffenkonvention unvollständig.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nur wenige Länder beteiligen sich bisher an den freiwilligen Kontrollen. Deutschland ist dabei Vorreiter und deshalb auch ein glaubwürdiger Fürsprecher für bessere und verbindlichere Kontrollen. Der Antrag der Koalitionsfraktionen weist daher in eine richtige Richtung. Vielen Punkten, die Sie auflisten, können wir problemlos zustimmen. Sie stecken aber auch in dem Dilemma, dass Sie unter den Regierungen noch viel zu wenig Verbündete haben. Wenn es nicht gelingt, auch die USA, Russland und all die anderen Länder für eine verbindliche Offenlegung ihrer Biowaffenforschung zu gewinnen, kommen wir auf diesem Feld nur sehr langsam voran. Da wünsche ich mir von dieser Bundesregierung doch mehr Biss, vor allem auch in Richtung der US-Regierung.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie vernachlässigen wichtige Faktoren, die wir selbst beeinflussen können, wenn wir es denn wollen. Dazu nenne ich einmal drei Punkte, die in Ihrem Antrag fehlen.
Erstens. Es ist richtig und gut, dass Sie die Forscherinnen und Forscher für die Biowaffenproblematik sensibilisieren und der Ethik in den Naturwissenschaften mehr Raum verschaffen wollen. Wir als Linke würden da weitergehen. Wir wollen, dass sich das Militär aus der Wissenschaft heraushält, und unterstützen deshalb die Bewegung für Zivilklauseln an Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
(Beifall bei der LINKEN)
Zweitens. Biowaffen haben auch eine verheerende psychologische Wirkung auf die Bevölkerung. Der beste und wirksamste Schutz davor sind gute öffentliche Gesundheitssysteme in jedem Land. Das bedeutet hier in Deutschland, die Privatisierung und Profitorientierung im Gesundheitswesen zurückzudrängen und Gesundheit als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge zu gestalten. Weiter bedeutet es, entwicklungspolitisch andere Länder viel stärker beim Aufbau solcher Gesundheitssysteme zu unterstützen, anstatt sie primär als Märkte für den Export von deutschen teuren Medizinprodukten zu begreifen.
Drittens. Wo Staaten nicht bereit sind, sich in die Bioforschungskarten gucken zu lassen, da können Nichtregierungsorganisationen einen Teil der Rüstungskontrolle übernehmen. Dazu brauchen sie unsere finanzielle und politische Unterstützung. Des Weiteren benötigen wir ein Gesetz, das bedrohten Whistleblowern in Deutschland Zuflucht und Schutz gewährt.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Rolle und Bedeutung der Zivilgesellschaft in der Friedenspolitik muss dieser Regierung leider immer noch erklärt werden – aber wir als Linke machen das gerne.
(Beifall bei der LINKEN)