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Die FDP hat der Mehrheit der Menschen steuerlich nichts zu bieten

Rede von Janine Wissler,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Mehr Netto vom Brutto“, das fordert die FDP in ihrem Antrag und im Wahlkampf.

(Johannes Vogel [FDP]: Eine gute Sache!)

Zeit für einen Faktencheck! Hätten die Menschen tatsächlich mehr Netto vom Brutto mit der FDP, und, wenn ja, wer hätte mehr?

Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung hat zusammen mit der „Süddeutschen Zeitung“ die finanziellen Auswirkungen der Wahlprogramme der Parteien verglichen. Wie würden sich die Vorschläge der FDP auf das verfügbare Einkommen auswirken? Das Ergebnis: Haushalte mit einem Einkommen von bis zu 20 000 Euro im Jahr würden von der FDP sogar schlechtergestellt als heute.

(Leni Breymaier [SPD]: Ist doch klar!)

Der Linken hingegen bescheinigt das ZEW für niedrige Einkommen eine Einkommenssteigerung von 12 bis 30 Prozent.

Okay, dass die FDP kein Herz für Arme hat, ist allgemein bekannt, was aber vielleicht für viele überraschend sein könnte, sind die Zahlen des ZEW für die Einkommen zwischen 20 000 Euro und 80 000 Euro jährlich, also für die vielbeschworene Mitte der Gesellschaft.

(Abg. Maximilian Mordhorst [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Auch dort will Die Linke weit mehr entlasten als die FDP und mehr als alle anderen Parteien hier im Haus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linken)

Frau Präsidentin, wenn Sie die Zwischenfrage zulassen, würde ich sie auch zulassen.

Frau Präsidentin! Liebe Frau Kollegin, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich möchte jetzt doch einmal etwas zu dieser ZEW-Studie sagen bzw. Sie dazu fragen, weil diese Studie wirklich dauerhaft von linken Parteien herangezogen wird, um Fake News zu verbreiten, die auch das ZEW schon eingestehen musste.

(Michael Schrodi [SPD]: Dieselben Zahlen wie das Institut der deutschen Wirtschaft!)

Nehmen Sie zur Kenntnis, dass unter anderem die Annahme des ZEW, die Freien Demokraten würden das Wohngeld abschaffen wollen, nie in einem Programm der FDP erwähnt wurde, sondern dass wir die Entbürokratisierung von Sozialleistungen voranbringen wollen, damit mehr Geld bei den Menschen und weniger in der Bürokratie landet! Das sollte ja eigentlich auch ein linkes Anliegen sein, wenn Sie sich für kleine Einkommen einsetzen wollen. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass unser Vorschlag zur Stabilisierung der Sozialbeiträge durch die Aktienrente, worauf Sie gar keine Antwort haben, in der ZEW-Studie überhaupt keine Berücksichtigung gefunden hat! Und nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Erhöhung des Grundfreibetrages um 1 000 Euro gerade kleine Einkommen massiv bürokratisch und steuerlich entlasten würde!

Wenn Sie all das berücksichtigen: Würden Sie dann aufhören, dauerhaft Fake News zu verbreiten, die mit der Realität der Programme überhaupt nichts zu tun haben?

(Beifall bei der FDP – Michael Schrodi [SPD]: Sieht das DIW genauso!)

Vielen Dank, Herr Mordhorst, für diese Zwischenfrage. – Ja, ich habe mir die Studie des ZEW natürlich angeschaut – und auch die Kritik der FDP daran.

Erstens. Sie sagen, Sie wollen die Sozialleistungen bündeln und absenken; das sagen Sie gerade beim Bürgergeld. Bürgergeld beziehen nicht nur Erwerbslose, sondern auch diejenigen mit sehr niedrigen Einkommen, die aufstocken müssen.

Zum Zweiten. Ihre Kritik an der ZEW-Studie ist ja, das ZEW würde nicht mitberechnen, was die Vorschläge der FDP für wirtschaftliches Wachstum, Wohlstand, mehr Arbeitsplätze und höhere Löhne bedeuten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ich sage Ihnen: Das ZEW ist ein seriöses Institut.

(Kay Gottschalk [AfD]: 600 Millionen aus dem Haushalt! Das nennt man „Kaufen von Meinung“!)

Deren Prognosen beruhen nicht auf finanzpolitischer Scharlatanerie und FDP-Voodoo. So entstehen Ihre Wahlprogramme; aber so entstehen keine seriösen Studien. Und es ist auch mehrfach durch die Realität widerlegt, dass man einfach die Steuern für Unternehmen senken müsse und sie dann investieren. Das ist doch einfach Unfug. In vielen Fällen haben wir erlebt, dass sehr hohe Gewinne überhaupt nicht reinvestiert wurden, sondern einfach in die Taschen von Aktionären gewandert sind und wenige Menschen reicher und immer reicher gemacht haben.

(Jörn König [AfD]: Die haben dann konsumiert und investiert!)

Also, Ihre ganze Logik stimmt doch überhaupt nicht. Ich weiß, dass sich das Weltbild der FDP nicht durch die Realität erschüttern lässt, aber dass sich das ZEW an der Realität orientiert, können Sie einem renommierten Wirtschaftsforschungsinstitut nicht zum Vorwurf machen, meine Damen und Herren.

Und um es noch einmal deutlich zu machen: Bei der FDP beginnt ab 100 000 Euro Jahreseinkommen die Mehr-Netto-vom-Brutto-Party. Diese Einkommen wollen Sie besonders stark entlasten. Deshalb ist Ihr Konzept für mehr Netto vom Brutto wirklich eine Vorspiegelung falscher Tatsachen für die allermeisten Wähler.

Wir als Linke wollen kleine und mittlere Einkommen entlasten. Wir sagen auch – anders als die FDP –, wie wir das machen wollen. Wir wollen Milliardäre, reiche Erben und Konzerne stärker an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben beteiligen.

(Kay Gottschalk [AfD]: Das ist jetzt ganz was Neues!)

Und vor allem sagen wir: Wir brauchen mehr Brutto für mehr Netto, das heißt, höhere Löhne.

(Beifall bei der Linken)

Denn die kleinen und niedrigen Einkommen haben doch gar nichts von den Steuersenkungen, weil sie kaum Steuern zahlen. Und wir brauchen unbedingt einen bundesweiten Mietendeckel; denn es sind doch die hohen Mieten, die die Einkommen auffressen. Da hilft auch die Steuerentlastung nichts

Im Übrigen will ich noch sagen: „Nie wieder!“ ist jetzt. Die FDP paktiert mit rechts außen. Ich wünsche Christian Lindner, dass ihn das gleiche Schicksal ereilt wie Kemmerich, nämlich die politische Bedeutungslosigkeit. Das wäre die richtige Antwort auf das Verhalten der FDP am gestrigen Tag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Das sagt die Richtige! Sie haben Ihre Partei geschreddert! So eine Bösartigkeit! Echt!)