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Die CDU hetzt weiter gegen Arme

von Janine Wissler,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Union schlägt als Lehre aus der Europawahl vor, das Bürgergeld zu kürzen und die Sanktionen für Erwerbslose zu verschärfen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Richtig!)

Nach dem Motto „Eure Armut kotzt uns an“ machen Sie Stimmung gegen Erwerbslose. Und das, meine Damen und Herren, ist schäbig.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Ist das die 2-Prozent-Partei?)

Sie versuchen, Menschen gegeneinander auszuspielen, statt zu realisieren, dass genau das und die Abstiegsängste von Menschen die Rechts-außen-Kräfte stärken.

Sie stellen Bürgergeldbeziehende als faul dar.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Schon wieder eine Verleumdung!)

Schauen wir uns die Fakten doch mal an! Von den etwa 5,5 Millionen Bürgergeldbeziehern sind erst mal 2 Millionen Kinder und Jugendliche, die eine echte Kindergrundsicherung brauchen statt viel zu niedriger Bürgergeldsätze.

(Beifall bei der Linken)

Etwa 1,5 Millionen Bürgergeldbezieher sind in einer Maßnahme, in einer Ausbildung oder pflegen Angehörige. Ein anderer Teil ist chronisch krank, ja, weil Krankheit arm macht und Armut krank.

Mehr als 800 000, also etwa 20 Prozent, der Bürgergeldbezieher arbeiten. Sie verdienen aber so wenig, dass der Staat aufstocken muss. Darunter sind viele Frauen, die alleinerziehend sind und in Teilzeit arbeiten; aber es sind auch Vollzeitbeschäftigte darunter. Hier könnte man tatsächlich Geld sparen beim Bürgergeld. Es kostet die Allgemeinheit nämlich über 5 Milliarden Euro pro Jahr, dass Unternehmen zu niedrige Löhne zahlen und der Staat draufzahlen muss. Arbeitgeber sparen Lohnkosten auf Kosten der Allgemeinheit. Damit hat die Union wohl kein Problem. Aber ich sage: Das ist Sozialleistungsmissbrauch.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb brauchen wir einen Mindestlohn von 15 Euro. Das würde öffentliche Gelder einsparen.

Und dann schauen wir uns doch mal die Sanktionen an. Im letzten Jahr wurden 2,6 Prozent der Bürgergeldbezieher sanktioniert, die allermeisten übrigens, weil Termine nicht eingehalten wurden, und nicht, weil sie eine Arbeitsannahme verweigert haben. Aber wir reden so viel darüber, als sei das die Mehrheit. Statt Erwerbslose unter Generalverdacht zu stellen und zu sanktionieren, sollten wir an der Stelle doch vielleicht mal über Sanktionen für reiche Steuerhinterzieher reden. Da ist nämlich auch viel mehr zu holen.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir reden hier über 100 Milliarden Euro Schaden pro Jahr. Das interessiert diese Law-and-Order-Partei aber nicht.

Statt Armut zu bekämpfen, bekämpft man die Armen. In diesem Land sitzen 7 000 Menschen wegen Schwarzfahrens, wegen Fahrens ohne Fahrschein, im Knast, aber nur einer wegen Cumex, wegen des größten Steuerraubs in der Geschichte der Bundesrepublik.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Deshalb brauchen wir einen Untersuchungsausschuss!)

Bei den einen geht es um ein paar Euro, bei den anderen geht es um Milliarden. Die einen handeln aus Not, die anderen aus Gier. Die einen sitzen im Knast, die anderen nicht.

Was die Union macht, ist schäbig. Und ich frage mich wirklich: Was hat das mit einem christlichen Weltbild zu tun?

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und die SPD? Die hat uns nur Hartz IV eingebrockt. Arbeitsminister Heil hat die Debatte um die angeblichen Totalverweigerer selbst losgetreten, statt Armut zu bekämpfen. Da muss man leider sagen: Gelber wird’s nicht. 8 Millionen Menschen erhalten weniger als 14 Euro Stundenlohn. Aber Finanzminister Lindner beklagt die angeblich fehlende Arbeitsmoral. Kein Beschäftigter hat auch nur einen Euro mehr, wenn die Grundsicherung gekürzt wird.

Letzter Satz, Frau Präsidentin. – Wer die Interessen der hart arbeitenden Menschen vertreten will, der muss sich für einen höheren gesetzlichen Mindestlohn einsetzen und für die Stärkung der Tarifbindung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD)