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Ernährungssouveränität muss ein wesentliches Ziel sozial gerechter Landwirtschaftspolitik sein!

Archiv Linksfraktion - Rede von Ina Latendorf,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ernährungs- und Versorgungssicherheit sowie Ressourceneffizienz sind dringende Themen unserer Zeit, und zwar weltweit. Der völkerrechtswidrige Angriff auf die Ukraine hat die globalen Probleme der Lebensmittelversorgung nicht plötzlich und unvermittelt erzeugt. Der Krieg in Osteuropa hat die Situation wie unter einem Brennglas offengelegt und verschärft; ja. Versorgungsschwierigkeiten in der Ernährung haben wir aber seit Langem vor Augen; ich sage nur: Welthungerhilfe. Die Ursachen liegen in der Art des Wirtschaftens, in Spekulationen mit Lebensmitteln, in ungleicher Ressourcenverteilung, in falscher Subventionspolitik.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke hat schon immer gefordert, dass Ernährungssouveränität ein wesentliches Ziel sozial gerechter Landwirtschaft sein muss. Hierzu zählt auch, dass wir mit unseren Exporten von subventionierten Gütern nicht die Strukturen andernorts zerstören. Das ist in der Vergangenheit viel zu oft geschehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Schwemme von Geflügelprodukten aus der EU hat beispielsweise im Senegal, in Kamerun, in Ghana die einheimische Landwirtschaft in entscheidender Größenordnung zerstört. Die Bauern dort haben ihre Existenz verloren, und zwar weil die EU-Hähnchen für den halben Preis zu haben sind im Vergleich zu den einheimischen. Hierauf müssen wir zukünftig auch unseren Fokus richten.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Stephan Protschka [AfD])

Was ist aus Sicht der Linken in Deutschland unabdingbar? Zunächst einmal, dass die heimischen Landwirtinnen und Landwirte mit einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion ein gerechtes Auskommen haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Jegliche Idee, jemanden in der Landwirtschaft in puncto Mindestlohn schlechter zu stellen, verurteilen wir.

(Beifall bei der LINKEN)

Das bedeutet zweitens, dass die Marktmacht des Handels begrenzt werden muss; denn durch den Handel werden die Preise bestimmt, und deren Löwenanteil kommt nicht bei den Produzenten und Produzentinnen an.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das stimmt!)

Das bedeutet drittens, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher gesunde und bezahlbare Lebensmittel auch leisten können müssen. Denn wieder sind es die Verbraucherinnen und Verbraucher, die vor der Frage stehen: Wofür reicht es noch bei niedrigen Einkommen, wenn zwischen Mietzahlungen, Strom- und Energiekosten, der Tankfüllung für den Weg zur Arbeit und den Aufwendungen für Essen und Trinken eine schmerzliche Entscheidung getroffen werden muss? Es sind zu viele Menschen, die sich das fragen müssen, und das ist unsozial.

(Beifall bei der LINKEN)

Und noch einmal: Schon vor dem Ukrainekrieg sind die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte gestiegen, und zwar immens. Um den Jahreswechsel kletterten die Preise um ein Fünftel in die Höhe. Schon im Januar konnten sich 1,65 Millionen Menschen in Deutschland Lebensmittel nicht mehr ausreichend leisten. Diese Menschen sind auf die Lebensmittelspenden der Tafel angewiesen, und das ist beschämend. Völlig unzureichend ist die Erhöhung der ALG-II-Leistungen in diesem Zusammenhang, auf die gerne verwiesen wird; denn hierdurch erhalten die Betroffenen für Nahrungsmittel ganze 1,03 Euro im Monat mehr. Das ist beschämend! Kaufen Sie mal für umgerechnet 3 Cent pro Tag ein Brot!

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Mit Verlaub gesagt, auch für einen Tankgutschein gibt es kein Brot und keine Milch. Hier muss dringend sozial abgefedert werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)