Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche für all jene, die in der Landwirtschaft arbeiten, für die Menschen im ländlichen Raum wie in meinem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, für die Menschen, die zu Recht gesunde und bezahlbare Lebensmittel fordern. Für all diese Menschen ist der Einzelplan ein Trauerspiel.
(Beifall bei der LINKEN)
In diesen Zeiten, in denen die Menschen Angst vor weiterer Inflation haben, vor Ernährungs- und Energiekrisen, denen wir näher sind denn je, hat die Bundesregierung aus meiner Sicht keinen belastbaren Plan.
(Stephan Protschka [AfD]: Ihr habt nirgends einen Plan!)
Entgegen der optimistischen Rede des Ministers bildet sich der Handlungsdruck in diesem Etat überhaupt nicht ab.
Die Berichte aus der Landwirtschaft sind zum Teil dramatisch. Als agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion kann ich die aktuelle Politik der Bundesrepublik nicht erklären. Ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro fürs Militär wird über Nacht beschlossen, Extrapakete werden punktuell verabschiedet. Aber was ist mit der aktiven Umgestaltung und damit mit der Sicherung der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelproduktion? Im Haushaltsplan der Ampel ist hier zu wenig zu finden, und das ist unverantwortlich.
(Beifall bei der LINKEN)
7,175 Milliarden Euro im Etat 2023, ja, aber weniger als 2 Prozent des Gesamthaushaltes und nach Abzug der Sozialleistungen von über 3 Milliarden Euro bleiben nur noch 0,7 Prozent des Gesamthaushaltes für die Transformation in der Landwirtschaft, für die Sicherung der Ernährung, für den Verbraucherschutz, für die ländlichen Räume, die Fischerei und den Wald, dessen Umbau so dringend erforderlich ist. Der Transformationsfonds genügt hierfür nicht.
(Beifall bei der LINKEN)
Anstatt unsere Kapazitäten im Bereich Rüstung zu verschwenden, sollte die Regierung lieber wirksam die 14 Millionen Bürgerinnen und Bürger unseres Landes unterstützen, die direkt oder indirekt von Armut betroffen sind. Dazu gehört vor allem eine vernünftige Ernährungspolitik. Denn die Preise für Grundnahrungsmittel sind in den letzten Jahren – und nicht erst in diesem Jahr – dramatisch gestiegen, laut Statistischem Bundesamt in den vergangen fünf Jahren, das heißt ohne die aktuellen Steigerungen, um 26 Prozent – unglaublich. Wer in den Supermarkt geht, kann die Preise förmlich explodieren sehen. Schon lange wären wirksame Maßnahmen gegen Ernährungsspekulation und Preistreiberei nötig gewesen. Aber das hatte weder die alte noch hat es die neue Bundesregierung auf dem Schirm – fatal!
(Beifall bei der LINKEN)
Wir als Linke mahnen dies seit Monaten an und haben jüngst auch einen Antrag zur Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel vorgelegt. Unterstützen Sie diesen Baustein der Entlastung, der sofort ankommen würde!
(Beifall bei der LINKEN)
Nötiger denn je ist die Begrenzung der Marktmacht von Lebensmittelkonzernen, um Landwirtinnen und Landwirte genauso wie Verbraucherinnen und Verbraucher zu entlasten. Die großen Konzerne verdienen sich – Entschuldigung – gerade dumm und dämlich. Die Produzenten werden abgespeist, und die Verbraucher und Verbraucherinnen zahlen die Zeche. Auch hier ändert sich nichts: Sie überlassen alles dem profitorientierten Markt und verschärfen damit die Armut in unserem reichen Land.
Die Agrarwende ist lange angekündigt. Ihre Absichtserklärungen und die Zahlen im Haushalt stehen aber im krassen Widerspruch zueinander. Einerseits wollen Sie einen gesunderhaltenden und nachhaltigen Ernährungs- und Lebensstil fördern. Andererseits zementieren Sie den Status quo und kürzen sogar, zum Beispiel bei den Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Ernährung. Alle, die aufmerksam lesen und zuhören, müssten diese Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit eigentlich bemerken.
(Beifall bei der LINKEN)
Dass eine gesunde Ernährung gerade für die Jugend am besten über öffentliche Angebote wie ein kostenfreies Schulessen erreicht werden kann, besagte schon 2020 eine Studie des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz.
(Beifall bei der LINKEN)
Die zentrale Empfehlung lautete, eine „beitragsfreie und qualitativ hochwertige Kita- und Schulverpflegung“ schrittweise in ganz Deutschland zu etablieren. Auch aus meiner Sicht ist dies eine wichtige und wirksame Maßnahme, um eine gesunde Ernährung zu erreichen.
(Marianne Schieder [SPD]: Meinen Sie nicht, dass das Ländersache ist?)
– Das kann auch der Bund unterstützen.
(Beifall bei der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich könnte jetzt die Zwischenfrage stellen, was in Thüringen alles passiert!)
In der heutigen Krisensituation ist das dringender denn je. Leider ist Deutschland, anders als zum Beispiel die skandinavischen Länder, weit davon entfernt. Wir fordern hier seit Jahren ein Umsteuern, und wir werden das auch weiterhin tun.
(Beifall bei der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Thüringen!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine wichtige Aufgabe des Ministeriums ist auch die Förderung der ländlichen Räume. Da geht es um Nachhaltigkeit, Zukunftsfähigkeit, Attraktivität und die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Das ist nach wie vor mehr Theorie als Wirklichkeit; das sehen wir in der Prignitz genauso wie in Euskirchen. Und mit der Nettoabsenkung der Mittel für das Förderinstrument der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ um rund 41 Millionen Euro wird sich das nicht ändern – eher umgekehrt. Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land, also zwischen Hannover und Ückeritz, ist so faktisch unmöglich.
Mein Fazit. Dieser Haushalt gibt ein verheerendes Signal für die Menschen in unserem Land und wird den Aufgaben nicht gerecht.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)