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Frauenpolitik hat bei der Ampel keine Priorität

Rede von Heidi Reichinnek,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Und vor allem: Liebe Frauen! Was haben wir doch für ein Glück! Letzte Woche, zum 8. März, gab es Blumen, und heute erfreut uns der Bundestag mit einer vereinbarten Debatte zum Frauentag. Nach dieser Debatte passiert übrigens exakt nichts; aber es ist ja schön, dass wir mal wieder über die Situation der Frauen in Deutschland geredet haben.

(Zuruf von der SPD)

Dabei stehen im Koalitionsvertrag ein paar gute Forderungen, liebe Kolleginnen und Kollegen; aber den Worten müssen dann langsam auch mal Taten folgen.

(Beifall bei der Linken)

Denn was sind die Fakten?

Erstens. Frauen verdienen in Deutschland 18 Prozent weniger als Männer. Diese Lohnlücke hat mehrere Gründe; aber besonders zentral ist die ungleiche Verteilung von Pflege- und Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen.

Sie wollten das Elterngeld vereinfachen und erhöhen und die Familienstartzeit einführen. Wir warten bis heute. Und statt Kitas auszubauen und massiv in Fachkräftegewinnung zu investieren, macht die Ampel einfach weiter wie bisher. Die Probleme sind nicht über Nacht entstanden; das ist klar. Aber jetzt sind Sie in der Verantwortung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Als Linke haben wir deswegen einen Kitagipfel gefordert und ein umfassendes Konzept vorgelegt, um den Kitakollaps zu verhindern. Also hören Sie auf, sich wegzuducken, und handeln Sie endlich!

(Beifall bei der Linken

Zweitens. In Deutschland fehlen 14 000 Frauenhausplätze. Das weiß hier jede und jeder; aber wissen Sie auch, dass Frauen, die ohne Hab und Gut vor Gewalt in ein Frauenhaus fliehen müssen, für diesen Schutz teilweise selbst auch noch bezahlen? Das muss man sich mal vorstellen! Man will als Frau Partnerschaftsgewalt entkommen, die eigenen Kinder schützen, und dann heißt es: Geld her! – Das ist doch ein absoluter Skandal.

(Beifall bei der Linken)

Sie wollten das ändern und die Finanzierung von Frauenhäusern bundeseinheitlich regeln. Dafür gibt es bisher nicht mal einen Vorschlag. Dabei kostet Gewalt gegen Frauen den Staat jedes Jahr 54 Milliarden Euro an Folgekosten im Gesundheitsweisen, bei der Polizei oder durch Arbeitsausfall. Der Ausbau des Gewaltschutzsystems würde nur 1,6 Milliarden Euro kosten und vor allem viel Leid verhindern. Setzen Sie doch endlich, wie versprochen, die Istanbul-Konvention um, und finanzieren Sie Prävention, Beratungsstellen und Frauenhäuser.

(Beifall bei der Linken)

Drittens. Verhütung ist Frauensache – und ziemlich teuer. Frauen kümmern sich um Verhütung, Frauen leiden unter den Nebenwirkungen, und Frauen zahlen. Die Ampel hat versprochen, Verhütungsmittel erstattungsfähig zu machen, für Geringverdienende sogar kostenlos. Auch hier bewegt sich nichts. Deswegen haben gerade auch 36 Verbände an dieses Versprechen erinnert. Also: Worauf warten Sie noch?

(Beifall bei der Linken)

Wahrscheinlich sagen Sie mir, Sie würden das ja alles gerne machen, aber es gäbe kein Geld. Ich sage Ihnen eins: Was der Staat in diesen Bereichen einspart, wird trotzdem gezahlt, und zwar von den betroffenen Frauen.

Also: Danke für die Blumen, aber endlich gute Politik für Frauen von der Ampelkoalition würde uns deutlich mehr helfen.

(Beifall bei der Linken)