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Ein Angriff auf die Opposition

Rede von Heidi Reichinnek,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Erstens. Ja, die Linksfraktion musste sich auflösen.

(Zuruf von der FDP: Warum noch mal?)

Wir sind daher alle fraktionslose Abgeordnete. Die Freude und Häme darüber haben wir zur Kenntnis genommen. Danke dafür.

Aber, zweitens. Abgeordnete haben das Recht, sich als Gruppe zusammenzuschließen, um zur politischen Willensbildung beizutragen. Dass heute die Gruppe Die Linke und die Gruppe BSW anerkannt werden, hat nichts mit der Güte Einzelner hier im Hause zu tun. Das ist schlicht und ergreifend geltende Rechtslage. Das möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und bei fraktionslosen Abgeordneten)

Drittens. Das, was teilweise im Ermessen dieses Hauses liegt, sind die Bedingungen, denen die Gruppe unterworfen ist. Deswegen nehmen Sie uns die Tische weg. Das finde ich ein bisschen lächerlich; aber wenn Sie glücklich sind, bin ich es auch.

(Zuruf der Abg. Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP])

Deswegen setzen Sie uns nach hinten; dann werden wir eben lauter. Und deswegen kürzen Sie uns die Redezeit. Also reden wir schneller, kein Problem.

(Beifall bei fraktionslosen Abgeordneten)

Viertens. Die zentrale Aufgabe der Opposition ist es, die Regierung zu kontrollieren und für Transparenz zu sorgen.

(Beifall bei fraktionslosen Abgeordneten – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Dazu habt ihr alle Möglichkeiten!)

Und das wichtigste Mittel dafür sind Kleine Anfragen.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie Ihre Fraktion nicht zusammengehalten?)

Sie haben doch selber gesagt, dass darin wertvolle Informationen enthalten sind. Dadurch werden Skandale aufgedeckt, und es werden Infos erfragt, die sonst nicht an die Öffentlichkeit kommen.

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Könnt ihr alles machen! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Arbeiten Sie alle mal!)

Verbände und Fachpublikum und auch die Gesellschaft sind auf unsere Kleinen Anfragen angewiesen. Und diese auf zehn pro Monat pro Gruppe zu begrenzen, ist einfach lächerlich.

(Beifall bei fraktionslosen Abgeordneten – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist das Problem? Meine Güte!)

Wir arbeiten an mehr als zehn Themen gleichzeitig, auch wenn Sie das vielleicht nicht hinbekommen.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fragen Sie mal Frau Wagenknecht, wie oft sie hier war und im Parlament gearbeitet hat!)

Ich zeige Ihnen das mal: Wie viele Frauen landen trotz Vollzeitstelle in Altersarmut? – Kleine Anfrage von uns. Wie viele mit Haftbefehl gesuchte Neonazis sind untergetaucht? – Kleine Anfrage von uns.

(Beifall bei fraktionslosen Abgeordneten)

Wie hoch war der Anstieg von Krankheitstagen wegen psychischer Belastung? – Kleine Anfrage von uns.

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr könnt das alles fragen! – Torsten Herbst [FDP]: Könnt ihr alles weiterhin machen! Niemand beschränkt Sie, diese Fragen zu stellen!)

Ich kann Ihnen über 900 Beispiele nennen. Diese Begrenzung ist eine Frechheit. Und es gibt auch überhaupt keinen Grund dafür. Oder haben Sie Angst vor dem, was da ans Licht kommen könnte? Wir haben es gerade schon gehört: Bei früheren Gruppen gab es diese Begrenzung nicht. Es ist also kein Neuland.

(Beifall bei fraktionslosen Abgeordneten)

Ich sage Ihnen noch was, fünftens: Dass wir nur noch zwei Aktuelle Stunden beantragen dürfen, ist doch reine Schikane.

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das ist Mathematik!)

Aktuelle Stunden werden sowieso nach Größe der Fraktionen und Gruppen vergeben. Da gibt es also eine natürliche Begrenzung. Mit uns sind wichtige Themen wie die Situation in den Kinderkliniken oder Tarifauseinandersetzungen hier diskutiert worden. Auch das würde dann einfach fehlen.

Sechstens – das sage ich ganz klar an die Adresse der CDU/CSU und auch an die Adresse der Ampel –:

(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Sind Sie in Eile?)

Wenn Sie sich jetzt hierhinstellen und sagen, die CDU/CSU und die AfD wollten noch weniger Rechte einräumen, dann frage ich Sie: Haben Sie es wirklich nötig, sich hinter diesem Demokratieverständnis zu verstecken?

(Beifall bei fraktionslosen Abgeordneten)

Herr Frei, Sie haben es ja deutlich gemacht: Sie haben Angst, dass sich die WerteUnion abspaltet. Aber mal unter uns: Das wäre kein Verlust für Sie. Also haben Sie nicht so viel Angst davor.

Ich sage Ihnen: Wenn diese Beschränkungen bestehen bleiben,

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind keine Beschränkungen!)

überlegen wir uns, vor Gericht zu ziehen. Ob Sie sich eine Klatsche in Karlsruhe einfangen wollen, ist Ihre Entscheidung.

Vielen Dank.

(Beifall bei fraktionslosen Abgeordneten)