Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll es größere Rechtssicherheit bei der Besetzung der Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes geben. Dieses Vorhaben begrüßen wir durchaus; denn es ist untragbar, dass die Leitung dieser Behörde seit Jahren vakant ist.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir leben in Zeiten, in denen rassistisch, antisemitisch und queerfeindlich motivierte Beleidigungen und Übergriffe erschreckende Dimensionen erreicht haben. Ressentiments und Vorurteile in der Bevölkerung sind auf einem beängstigend hohen Niveau; ich spreche hier auch aus eigener Erfahrung. Es ist daher inakzeptabel, dass die Antidiskriminierungsbehörde des Bundes nur kommissarisch geleitet wird. Das ist ein fatales Zeichen für die Betroffenen und für all diejenigen, die sich in der Antidiskriminierungsarbeit engagieren.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir freuen uns, dass hier endlich eine Neuregelung geschaffen wird, bei der die Leitung dieser Behörde durch das Parlament gewählt wird. Die Wahl durch den Bundestag schafft größere Transparenz, wertet diese Leitungsstelle auf und erspart uns in Zukunft hoffentlich Peinlichkeiten bei der Besetzung, wie wir sie unter der ehemaligen Familienministerin Franziska Giffey erleben mussten.
Mit diesem Gesetzentwurf soll auch etwas mehr Klarheit über die Rolle der Antidiskriminierungsstelle im Gesamtgefüge der Bundesverwaltung geschaffen werden. Das gelingt jedoch nur begrenzt. So soll die Stelle bei allen Vorhaben, die ihre Aufgabenbereiche berühren, beteiligt werden. Das ist zwar ein Fortschritt gegenüber dem Status quo; aber insgesamt bleibt der Gesetzentwurf weit hinter den Anforderungen des Evaluierungsberichtes zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz von 2016 zurück.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Damals wurde empfohlen, die Antidiskriminierungsstelle in eine eigenständige oberste Bundesbehörde umzuwandeln, um ihre Unabhängigkeit von Regierungen auch langfristig zu garantieren. Diesen Schritt wollte die ach so fortschrittliche Ampelkoalition offenbar nicht gehen. Stattdessen erfolgt lediglich eine Umbenennung in „Die oder der Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung“. Doch anders als der neue Titel vermuten lässt, ist die Antidiskriminierungsstelle weiterhin dem Bundesfamilienministerium untergeordnet. Ihre Leitung bleibt unter der Rechtsaufsicht der Bundesregierung. Von einer unabhängigen Behörde, Herr Lehmann, kann hier wirklich nicht die Rede sein.
Auch in anderen Fragen kann der Gesetzentwurf viele Erwartungen leider nicht erfüllen. Eine Erweiterung der Diskriminierungsmerkmale findet hier nicht statt; kein Wort zum Verbandsklagerecht, keine wesentlichen Erweiterungen der Befugnisse der oder des Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung. So versäumt die Ampel die Chance, mit einer grundlegenden Reform einen Beitrag zur Stärkung und vor allem zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit der Antidiskriminierungsarbeit des Bundes zu schaffen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)