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Neues Wettrüsten bringt nicht mehr, sondern weniger Sicherheit!

Archiv Linksfraktion - Rede von Gesine Lötzsch,

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Krieg Russlands gegen die Ukraine muss sofort beendet werden. Die russische Armee muss sich zurückziehen. Ich fordere die Bundesregierung auf, alles zu tun, damit es zu einem sofortigen Waffenstillstand kommt.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der SPD: Fordern Sie mal die Russen auf! – Zuruf von der FDP: Fahren Sie doch zu Putin!)

Ich will auch in aller Klarheit sagen, weil es schon in der vergangenen Debatte so komische Zwischenbemerkungen gab: Hätten wir als Linke irgendeinen Einfluss auf Putin, dann hätte es diesen Krieg nicht gegeben. Es gibt keinerlei Spitzenpolitiker aus meiner Partei, die sich mit Putin getroffen haben.

(Michael Georg Link [Heilbronn] [FDP]: Was?)

In den anderen Parteien sieht das anders aus, um das hier mal in aller Klarheit zu sagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, mit SPD, FDP, Grünen und der Union hat sich die größte Koalition aller Zeiten zusammengefunden, um ein gigantisches Konjunkturprogramm für die Rüstungsindustrie zu starten. Wir als Linke sagen ganz klar: Es darf kein neues Wettrüsten in dieser Welt geben. Es darf kein dritter Weltkrieg riskiert werden.

(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Scheinheilig ist das!)

Wir müssen alles tun, um den Frieden zu bewahren.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Joe Weingarten [SPD]: Peinlich! – Weiterer Zuruf von der SPD: Welchen Frieden?)

Für die Erstellung des 100-Milliarden-Euro-Aufrüstungsprogramms haben Sie nur 100 Tage gebraucht. Zum Vergleich: Die angekündigte Kindergrundsicherung wollen Sie uns erst zum Ende der Legislaturperiode vorlegen; das wären 1 000 Tage. Es kann doch nicht sein, dass Sie ganz langsam sind, wenn es um den Kampf gegen Kinderarmut geht, und ganz schnell, wenn es um die Interessen der Rüstungsindustrie geht. Das ist ein Missverhältnis, ein Trauerspiel. Das darf so nicht weitergehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Joe Weingarten [SPD]: Die alte SED-Rhetorik! – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Sagen Sie das mal den Familien, deren Kinder gerade sterben in der Ukraine!)

Als der Koalitionsvertrag unterschrieben wurde, stand der Aktienkurs von Rheinmetall bei knapp 83 Euro. Am 3. Mai lag die Aktie schon bei 222,40 Euro. Das ist fast eine Verdreifachung des Kurswerts. Da knallen die Korken bei den Besitzern dieser Aktien. Ich denke, die dürfen wir nicht finanzieren. Das ist der falsche Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will die Grünen auch daran erinnern, dass sie mal dafür gekämpft haben, dass die Rüstungsindustrie von der EU als nicht nachhaltig eingestuft wird. Warum haben Sie das vergessen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen? Kehren Sie zu dieser Auffassung zurück!

(Beifall bei der LINKEN)

Der Bundesregierung ist auch zu verdanken, dass Rheinmetall in den DAX 40 aufsteigen wird. Wir lehnen solche staatlichen Investitionen in derartige, todbringende Aktien ab, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Es darf nicht vergessen werden – das hat der Kollege vor mir schon zugegeben –, dass die 100 Milliarden Euro Sondervermögen zusätzlich zum ganz normalen Militärhaushalt zur Verfügung stehen. Dafür sind allein in diesem Jahr 50,4 Milliarden Euro vorgesehen, nach NATO-Kriterien berechnet sind es sogar 55,6 Milliarden Euro. Zusätzlich zu dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen geben Sie in diesem Jahr für das Militär mehr Geld aus als insgesamt für Bildung, Forschung, Familien, Senioren, Frauen, Jugend, Wohnungsbau und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Das geht so nicht weiter. Wir müssen in den Frieden investieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Joe Weingarten [SPD]: Das sagt mal den Ukrainern! Die lachen über euch!)

Es ist auch ein Ammenmärchen, dass die Bundeswehr kaputtgespart worden wäre. Olaf Scholz, der Bundeskanzler, hat in seiner Amtszeit als Finanzminister für einen Aufwuchs bei der Bundeswehr gesorgt, und zwar addiert um 38,5 Milliarden Euro.

(Beifall des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP])

Das ist ja wohl nicht nichts, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Nicht nur wir, sondern auch der Bundesrechnungshof und sicher auch viele Soldatinnen und Soldaten stellen sich zu Recht die Frage: Wo ist denn das viele Geld für die Bundeswehr geblieben? Wir hören von Bürokratieproblemen und Beschaffungsproblemen. Nun soll es ein Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz geben; das soll die Probleme lösen. Aber, ich glaube, die Probleme liegen ganz woanders, nämlich in knallharten wirtschaftlichen Interessen.

(Zuruf des Abg. Lars Lindemann [FDP])

Der Kollege vor mir hat ein Beispiel genannt: Die Bremer Lürssen Werft wird für die Bundeswehr zwei Tankschiffe für 870 Millionen Euro bauen. Bundeswehrintern wurde dieser Preis als exorbitant hoch bezeichnet, und das Beschaffungsamt wurde beauftragt, den Preis zu überprüfen. Das Amt stellte fest, dass der Preis um 250 Millionen Euro zu hoch ist. Trotzdem wurde dieser überteuerte Vertrag geschlossen. Meine Damen und Herren, geht es Ihnen wirklich um eine bessere Ausrüstung der Bundeswehr, oder geht es um hohe Gewinne für die Rüstungsindustrie? Da müssen Sie sich entscheiden.

(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Wir als Linke sagen: Wir brauchen Abrüstung. Wir brauchen eine friedliche Weltordnung. Und ich erwarte, dass die Bundesregierung dafür kämpft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Joe Weingarten [SPD]: Träumereien sind das! Peinlich!)