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Die Zeit läuft davon - globale Ungleichheit beenden!

Archiv Linksfraktion - Rede von Cornelia Möhring,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Afghanistan, Ukraine, Jemen – diese Ländernamen stehen für Krieg und Leid. Am Horn von Afrika sind laut UN über 200 000 Menschen vom Hungertod bedroht. Die Nachrichten von Dürren und Hitzetoten werden abgelöst von Nachrichten von Überschwemmungen und Flutopfern. Die Folgen des Klimawandels werden immer drastischer. Klimakatastrophe ist jetzt.

Die Bundesregierung könnte und müsste eigentlich den multiplen Krisen in der Welt mit gezielten Investitionen in Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe und internationale Klimafinanzierung begegnen. Sie tut das aber nicht ausreichend.

(Beifall bei der LINKEN)

Schlimmer noch: Die Ampel kürzt den Etat für Entwicklungszusammenarbeit auf den Stand von vor Corona. Ich halte das für fahrlässig und verantwortungslos. Frau Ministerin Schulze: Sie bauen auf unsere Unterstützung, sagen Sie – und die haben Sie ja auch in vielen, vielen Punkten. Aber es ist Ihr Entwurf, den Sie hier vorlegen, mit all den darin enthaltenen Kürzungen. Sie haben diesem Entwurf im Kabinett zugestimmt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erwarte, ehrlich gestanden, von einer Ministerin für Entwicklungszusammenarbeit ein paar deutlichere Töne für die bessere Ausstattung dieses Einzelplans.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Stefinger [CDU/CSU])

Deutschland gehört als Industrienation zu den Hauptverantwortlichen des Klimawandels und hat einen erheblichen Anteil am Zustand unserer Erde und an den stetig sich verschärfenden Vielfachkrisen. Dieser Verantwortung werden Sie nicht gerecht. Vor dem Krieg Russlands gegen die Ukraine litten bereits über 800 000 Millionen Menschen an chronischem Hunger. Weltweit stirbt alle 13 Sekunden ein Kind unter fünf Jahren an Hunger. Covid‑19 hat dabei wie ein Brandbeschleuniger für die weltweite Hungerkrise gewirkt. Andere Konflikte und Krisen wirken ebenso beschleunigend.

Und trotzdem werden deutsche Waffen in den Krisenregionen dieser Welt abgefeuert. Letztes Jahr wurden Waffenexporte im Wert von 9,4 Milliarden Euro genehmigt. Das ist laut Wirtschaftsministerium ein, historisch gesehen, Jahreshöchststand. Wovon die Rüstungsindustrie hier profitiert, ist das Leid anderer weltweit. Nun sollen auch noch die Mittel für das Welternährungsprogramm von 70 Millionen auf 28 Millionen Euro gekürzt werden, auf den Betrag, den es vor der Coronapandemie erhalten hat, als wäre mittlerweile nichts geschehen.

Ihre Worte und Taten driften auch in anderen Fragen arg auseinander. Sie predigen Diplomatie und Multilateralismus, aber streichen mal eben die Mittel für die UN und ihre Organisationen um fast 50 Prozent. Das Kinderhilfswerk UNICEF soll nur noch 60 Millionen Euro statt der bisherigen 140 Millionen erhalten. Ich frage Sie, Ministerin Schulze: Was senden Sie da für falsche Signale? Okay, das ist zugegebenermaßen eine rhetorische Frage; denn die Antwort lautet: Für das Militär werden mal schnell 100 Milliarden Euro Sondervermögen lockergemacht, für die Verheerungen in der Welt bleibt nicht genügend übrig.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Waffensystem bekommt mehr als achtmal so viel wie das Welternährungsprogramm; denn im Juli wurden 242 Millionen Euro für den Ausbau des Waffensystems Eurofighter ausgegeben. Nichts zeigt Ihre falschen Prioritäten so deutlich.

Um das globale Strukturproblem der Nahrungsmittelversorgung anzugehen, braucht es einen Strukturwandel hin zur Ernährungssouveränität. Dafür sind über Jahre größere Investitionen nötig. Dafür und für eine effektive Krisenintervention müssten Sie sich aber mit den Profiteuren dieser zahlreichen Krisen anlegen: mit den transnationalen Saatgutkonzernen, mit den Nahrungsmittelspekulanten, mit den Waffenexporteuren, den Pharmakonzernen, den Produzenten fossiler Energien. Sie müssen sich viel konsequenter in Europa und global dafür einsetzen, dass Steueroasen geschlossen, Schulden erlassen werden und Reichtum umverteilt wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Leider sehe ich bisher kaum Anzeichen, dass Sie sich an diese Gegner herantrauen. Ihr Haushaltsentwurf spiegelt eher die neoliberale Politik, die gleichzeitig doch Ursache dieser Krisen ist. Der Haushalt trägt die Handschrift der FDP, ist aber mit der Unfähigkeit von SPD und Grünen unterschrieben,

(Ulrich Lechte [FDP]: Sozialismus führt weltweit zu Diktaturen und autoritären Regimen!)

nämlich mit der Unfähigkeit, gegen Ihren kleinsten Koalitionspartner wenigstens einen Haushalt durchzusetzen, der den eigenen Koalitionsvertrag umsetzen würde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zeit läuft aber davon. Die Welt ist in einem Ausnahmezustand. Es ist an der Zeit für außergewöhnliche Maßnahmen und schnelles Handeln. Das sagte doch so richtig der Club of Rome letzte Woche und bringt es auf den Punkt: Ohne Umverteilung des Reichtums kann die Klimakrise, kann die Ungleichheit nicht beendet werden.

Ja, die Zeit läuft davon, und mit diesem Haushalt leisten Sie keinen Beitrag, um dem entgegenzuwirken. Die Welt ist im Ausnahmezustand, und Sie sollten Ihre Prioritäten dringend ändern. Es darf keine Kürzung im Etat für Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe und internationale Klimafinanzierung geben,

(Ulrich Lechte [FDP]: Man kann jeden Euro nur einmal ausgeben, gnädige Frau!)

von uns aus dafür gerne im Rüstungsetat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)