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Der Haushaltsentwurf ist bestenfalls ein Pflaster auf die Wunden der Verkehrsinfrastruktur!

Rede von Bernd Riexinger,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Europameisterschaft bleibt für viele Besucher nicht nur wegen des Fußballs, sondern vor allen Dingen wegen der Bahn in Erinnerung: Rekordunpünktlichkeit, Züge komplett ausgefallen, Klimaanlage kaputt, Zugrestaurant wegen Personalmangels nicht in Betrieb. Hunderttausende Fußballfans aus aller Welt teilten die Alltagserfahrungen der Bahnfahrenden in Deutschland. Die Bahn ist marode, und Sie, Herr Wissing, tun zu wenig, um sie wieder in Form zu bringen.

(Beifall bei der Linken – Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 18 Milliarden Euro, Herr Riexinger! 18 Milliarden Euro nächstes Jahr!)

Die Bahn ist im Zangengriff zwischen unzureichender Finanzierung und einer verwüsteten Infrastruktur gefangen. Digitalisierung der Schiene? Infrage gestellt. Stuttgart 21? Ein Milliardengrab.

(Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, Stuttgart 21! Wer ist daran denn jetzt schuld? Viele, aber nicht Herr Wissing!)

Selbst ihr Kostbarstes, ihre Belegschaft, die den Laden noch am Laufen gehalten hat, zweifelt zunehmend an ihrer Zukunftsfähigkeit. Dass der Bahnvorstand 30 000 Stellen kürzen will, ist absurd, falsch und verunsichert das Personal.

(Beifall bei der Linken)

Der vorgelegte Etat für die Bahn ist mit heißer Nadel gestrickt. Die Erhöhung des Eigenkapitals führt absehbar zu höheren Trassenpreisen. Anstatt mehr Güter auf die Schiene zu bringen, trennt man dem Güterverkehr die Lebensader ab.

Nach wie vor ist die Finanzierung des 49-Euro-Tickets nicht dauerhaft gesichert. Es zu verteuern, wäre der völlig falsche Weg, wenn mehr Menschen zum Umsteigen motiviert werden sollen.

(Beifall bei der Linken)

Besonders kritisch für Studierende: Wird das 49-Euro-Ticket teurer, kippt das System Semesterticket.

Und wie kommt es eigentlich, dass man von der angekündigten Modernisierung und dem dringend nötigen Ausbau des ÖPNV gar nichts mehr hört?

(Frank Schäffler [FDP]: Machen wir doch!)

Was ist da los?

Die angekündigte Transformation zur Elektromotorisierung des Pkw- und Lkw-Verkehrs läuft Gefahr, an die Wand zu fahren, und das Ziel, 15 Millionen Elektroautos bis 2030 auf die Straße zu bringen, rückt in weite Ferne. Es ist eine Kampfansage an Belegschaft und Betriebsrat, dass VW trotz Milliardenrendite Personalkürzungen und Werksschließungen ankündigt. Das ist eine Unverschämtheit.

(Beifall bei der Linken)

Wir haben an dieser Stelle vergeblich vor der mangelhaften Konkurrenzfähigkeit der Automobilindustrie und der Untätigkeit der Konzernleitungen und der Regierung gewarnt. Wer jetzt als Reaktion darauf die Lebensdauer der Verbrenner verlängern will, gefährdet die Zukunftsfähigkeit der Automobilindustrie und damit Arbeitsplätze.

(Beifall bei der Linken – Thomas Bareiß [CDU/CSU]: Quatsch! Alles Unsinn!)

Die Koalition ist mit vielen Vorsätzen gestartet. Ihr Haushaltsentwurf ist bestenfalls ein Pflaster auf die Wunden der Verkehrsinfrastruktur. Ein Jahr vor Ende der Legislatur zementieren Sie die Unzulänglichkeiten, –

– die falschen Weichenstellungen und die Visionslosigkeit Ihrer Verkehrspolitik.

(Beifall bei der Linken – Bernd Reuther [FDP]: Sie haben ja echt viele Vorschläge gemacht! Mann, Mann, Mann! – Gegenruf des Abg. Bernd Riexinger [Die Linke]: Ich habe mehr Vorschläge gemacht im Verkehrsausschuss in einer Woche als Sie in drei Jahren!)