Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie gibt es eine wichtige Erkenntnis, die Erkenntnis, dass unser Bildungssystem schlecht aufgestellt ist, dass es soziale Spaltung und soziale Ungleichheit sogar verschärft und dass es dramatische Folgen hat, wenn der Zugang zu Bildung für Kinder und junge Menschen eingeschränkt ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Diese Erkenntnis ist jetzt da. Alle wissen: Daran muss sich jetzt schnellstens etwas ändern. Jetzt ist die Bildungspolitik gefragt. Aber aus dem Bildungsministerium kommt nichts, keine Vorschläge, keine Initiativen von Frau Karliczek, wie man das Bildungssystem jetzt auf Vordermann bringen könnte. Sie ist noch nicht einmal bei dieser Debatte heute hier – das ist wirklich unglaublich –, dabei wäre das jetzt der Job der Ministerin.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Was wir an Schulen und Hochschulen in diesen Tagen erleben, ist nicht nur eine Extremsituation unter den Bedingungen einer Pandemie, sondern auch das Ergebnis einer neoliberalen Bildungspolitik und das Ergebnis einer kurzsichtigen Sparpolitik durch Einführung der Schuldenbremse. Spätestens jetzt ist doch klar geworden, dass die Schuldenbremse in Wahrheit vor allem die Investitionen in die öffentliche Infrastruktur gebremst hat, dass sie die bitter nötigen Investitionen in unser Bildungssystem verhindert hat. Die Schulen und Hochschulen wurden buchstäblich kaputtgespart.
(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Besonders unter Rot-Rot! Gucken Sie mal, was hier in Berlin los ist!)
Das war ein fataler politischer Fehler, der uns jetzt auf die Füße fällt. Es ist höchste Zeit, ihn zu korrigieren, und zwar nachhaltig zu korrigieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Viele Schulen und Hochschulen sind in einem miserablen Zustand. Es fehlt manchmal an allem – das sehen wir jetzt –: Es fehlt an warmem Wasser, an funktionierenden Toiletten. Die Fenster lassen sich nicht öffnen; von Lüftungsanlagen möchte ich gar nicht sprechen. Es gibt nicht genügend Steckdosen, kein WLAN. Die meisten Gebäude sind nicht barrierefrei, und die Räume reichen nicht aus, um kleinere Klassen zu schaffen oder endlich flächendeckend den Ganztagsbetrieb zu ermöglichen. Der Investitionsstau an Schulen und Hochschulen beläuft sich auf rund 80 Milliarden Euro – 80 Milliarden Euro –, und das ist noch konservativ geschätzt.
Die Mittel, die Sie für den Schulbau mit dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz bereitstellen, sind nur ein Bruchteil dessen, was benötigt wird. Es war ein kompletter Irrsinn, dass die gemeinsame Finanzierung des Hochschulbaus durch Bund und Länder im Jahr 2006 aufgegeben wurde. Das hatte nämlich gut funktioniert. Seither funktioniert es nicht mehr, und das darf nicht so bleiben.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es ist völlig offensichtlich: Wir brauchen die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen. Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern für die Bildung muss endlich vollständig fallen.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir brauchen die Gemeinschaftsaufgabe Bildung; nur so bekommen wir das Problem in den Griff.
Und es braucht ein Förderprogramm für die Hochschulen, mit dem auch der Bund notwendige Mittel für die Sanierung und den Neubau von Gebäuden zur Verfügung stellt. Ich würde jetzt gerne Frau Karliczek fragen – wenn sie denn da wäre –, die an dieser Stelle immer gerne argumentiert, dass sie dafür gar nicht zuständig ist.
(Dr. Astrid Mannes [CDU/CSU]: Genau!)
Ganz ehrlich: Das kann kein Mensch mehr nachvollziehen, kein Mensch. Die Menschen wollen – und damit haben sie recht, und ich finde, darauf haben sie auch ein Recht –, dass das Bildungssystem funktioniert, und zwar gut und überall und für alle Menschen in diesem Land.
(Beifall bei der LINKEN)
Mitten in einer Jahrhundertpandemie darf es kein Weiter-so geben.
Kolleginnen und Kollegen, eine gute Bildungspolitik war selten wichtiger als jetzt. Aber diese Regierung duckt sich weg. Wenn Frau Karliczek das Ziel hat, als unauffälligste Ministerin aller Zeiten in die Geschichte einzugehen, dann muss ich das nicht verstehen; es kann mir herzlich egal sein.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Nicht egal ist es mir aber, dass Frau Karliczek und diese Regierung die Kinder und Jugendlichen und ihre Eltern, die Lehrenden und die Studierenden im Regen stehen lässt und diese Krise noch mal dazu führt, dass der Zugang zu Bildung von der sozialen Herkunft abhängt. Das darf man nicht hinnehmen, und das wird Die Linke auch nicht hinnehmen. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)