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Mehr Geld für den Sport, weniger für Geheimdienste und Big-Data-Projekte

Archiv Linksfraktion - Rede von André Hahn,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich fange heute einmal mit dem einzigen Lichtblick im Etat des Innenministeriums an.

(Armin Schuster [Weil am Rhein] [CDU/CSU]: Mit dem Minister!)

– Nein, der Minister ist es wirklich nicht, Herr Schuster. Es tut mir leid. – Die Bundespolizei wird deutlich gestärkt; es gibt einen Aufwuchs um insgesamt fast 2 000 Stellen. Wir als Linke haben seit langem den Personalmangel bei der Polizei auf Bundes- und Länderebene kritisiert. Deshalb begrüßen wir, dass hier endlich gehandelt wird; denn in diesem Bereich ist das Geld deutlich besser eingesetzt als bei den zum Teil wirklich abenteuerlichen Aufstockungen für die Geheimdienste.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber wenn ich vom einzigen Lichtblick im Haushalt des BMI spreche, dann ist klar, dass es aus unserer Sicht dort vor allem sehr viel Schatten gibt. Was hier an Steuergeld verpulvert wird, ist schier unglaublich. Schon der ursprüngliche Regierungsentwurf, Herr de Maizière, sah für das Innenministerium eine satte Erhöhung um 537 Millionen Euro vor. In den Ausschussberatungen wurden dann zum Teil völlig konzeptionslos noch einmal 640 Millionen Euro obendrauf gepackt. Eine derartige Aufstockung hat es vermutlich seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Und neben dem Verteidigungsetat ist nur noch der Innenhaushalt von jedweden Sparauflagen freigestellt. Dadurch wird deutlich, wo die Große Koalition ihre politischen Schwerpunkte setzt: Repression und Überwachung im Innern, immer neue und sinnlosere Kriegsbeteiligungen im Ausland

(Sebastian Hartmann [SPD]: Integration!)

statt Deeskalation und Unterstützung friedlicher Konfliktlösungen. Das, meine Damen und Herren, kann und wird nie die Politik der Linken sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass wir grundsätzlich begrüßen, dass es zusätzliche Stellen bei der Bundespolizei gibt, habe ich eingangs schon festgestellt. Es kann aber doch nicht ernsthaft der Weg sein, bei der Polizei und vor allem bei den Geheimdiensten quasi auf Zuruf einfach mal so im Ausschuss ein paar Hundert Planstellen mehr in den Haushalt zu schreiben, ohne dass klar ist, wofür diese künftig vorgesehen sind. Statt immer mehr neue Stellen zu schaffen, sollten vielleicht erst einmal die bestehenden Stellen richtig besetzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Was fehlt, ist eine grundlegende Aufgabenkritik. Ist es wirklich nötig, dass Polizistinnen und Polizisten an der Grenze gegen Flüchtlinge wegen sogenannter illegaler Einreisen Tausende offizielle und bürokratisch aufwendige Verfahren eröffnen,

(Armin Schuster [Weil am Rhein] [CDU/CSU]: Natürlich!)

die später in aller Regel ohnehin wieder eingestellt werden?

(Armin Schuster [Weil am Rhein] [CDU/CSU]: Nein!)

Brauchen wir 300 neue Beamte, die allein für die Abschottungsoperationen von Frontex eingestellt werden sollen? Wir als Linke wollen das nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Überaus bescheiden sind dagegen die Stellenzuwächse beim Technischen Hilfswerk und beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Bescheiden? Wieso denn bescheiden?)

Sie erhalten gerade so viel, dass sie ihre Aufgaben halbwegs erfüllen können. Vor allem hinken die Ausgaben im Bereich der technischen Ausstattung trotz der erfolgten Aufstockung, die wir auch sehen, dem tatsächlichen Bedarf weiter hinterher. Anstatt hier im wahrsten Sinne des Wortes einmal aufzurüsten, schaffen die Großkoalitionäre lieber neue Stellen für Vorratsdatenspeicherung und Big-Data-Projekte.

Nach dem Willen von Union und SPD sollen die drei deutschen Geheimdienste für 2017 zusammen sage und schreibe 1 250 Millionen Euro erhalten. 1 250 Millionen Euro – eine utopische und, wie wir meinen, durch nichts zu rechtfertigende Summe.

(Beifall bei der LINKEN)

Allein der Haushalt des Bundesamtes für Verfassungsschutz soll um 88 Millionen Euro steigen, der Etat des Bundesnachrichtendienstes gar um 108 Millionen Euro. Wir als Linke halten ein derartiges Konjunkturprogramm für die Geheimdienste für unverantwortlich und werden ihm auch nicht zustimmen.

Der BND will demnächst – so hört man – sogar eigene Spionagesatelliten in den Orbit schicken. Glaubt man zeit.de , sollen dafür bis 2022 mindestens 400 Millionen Euro an Steuergeldern bereitgestellt werden. Wir als Linke lehnen ein solches Weiterdrehen der Überwachungsspirale ganz entschieden ab. Und im Übrigen zeigen alle Erfahrungen mit derartigen Projekten, zum Beispiel in den USA, dass die veranschlagten 400 Millionen Euro niemals ausreichen werden. Man wird wohl eher in den Milliardenbereich kommen. Deshalb unser klarer Appell als Linke: Beerdigen Sie dieses Vorhaben, ehe wieder einmal Steuergelder sinnlos verbrannt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Abschließend noch einige Bemerkungen zum Sportbereich. Hier ist gegenüber 2016 eine Reduzierung um 11 Millionen Euro vorgesehen. Auch wenn im kommenden Jahr keine Entsendungskosten für Olympische und Paralympische Spiele anfallen, halten wir diese Kürzung für nicht akzeptabel.

(Matthias Schmidt [Berlin] [SPD]: Was ist mit Hamburg?)

Es gibt einen positiven Punkt, nämlich die Erhöhung der Zuweisung für den Deutschen Behindertensportverband. Im Sportausschuss hatte die Koalition den diesbezüglichen Antrag der Linken noch abgelehnt, im Haushaltsausschuss hat man die Mittel dann doch klammheimlich erhöht. Opposition wirkt also, auch wenn Union und SPD das niemals zugeben werden.

(Beifall bei der LINKEN – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Opposition wirkt immer!)

Für uns ist klar: Die Stärkung des Behindertensports war längst überfällig. Der gesamte Sportetat ist unter dem Strich aber unzureichend und auch nicht geeignet, das in Geheimverhandlungen zwischen DOSB und Innenministerium ausgehandelte und hochumstrittene Konzept zur künftigen Spitzensportförderung finanziell auch nur halbwegs zu untersetzen.

Wir halten dieses Konzept ohnehin für sehr problematisch. So fehlt darin jeder Bezug zum Breitensport, der letztlich die Basis aller späteren Erfolge im Leistungssportbereich ist.

Bei aller Akzeptanz für einen Leistungsbezug als Kriterium für die Förderung des Spitzensports haben wir erhebliche Zweifel, ob die in der Konzeption aufgeführten Ziele und Methoden wirklich richtig definiert sind. Was reitet eigentlich einen Bundesinnenminister, wenn er von den deutschen Spitzensportlern bei gleicher Förderhöhe ein Drittel mehr Medaillen fordert? Ist denn die Dopingdebatte an Ihnen, Herr de Maizière, komplett vorbeigegangen? Haben Sie nicht verstanden, dass immer mehr Nationen aussichtsreich um eine gleichbleibende Anzahl von Podestplätzen wetteifern?

Wer ernsthaft glaubt – das ist die letzte Bemerkung –, mit irgendwelchen Computerprogrammen, für die 2017 erstmals 700 000 Euro bereitstehen, auch nur halbwegs verlässlich künftige Olympiasieger herausfiltern zu können, wird gnadenlos scheitern.

Das haben unsere Spitzensportlerinnen und -sportler und auch die Trainer nicht verdient. Die Reform darf nicht über ihre Köpfe hinweg, sondern kann nur mit ihnen gemeinsam umgesetzt werden.

Aus diesen Gründen werden wir den Etat des Innenministeriums ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN)