Der Terrorismus ist in dieser Debatte das beherrschende Thema. Auch wir sind natürlich der Meinung - hier herrscht Einigkeit -, dass er keine Chance haben darf: weder durch Anschläge noch durch die Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten, zu denen es aus einem Gefühl der Angst heraus kommt. Diese Angst wurde in den letzten Wochen zum Teil kräftig geschürt.
Allein in den letzten zwölf Jahren sind mehr als 160 Gesetze geändert worden, mit denen entweder - je nach Großwetterlage - die organisierte Kriminalität, oder, wie aktuell, der Terrorismus bekämpft werden sollten. Eine Evaluation ist bis heute ausgeblieben. Die Eingriffe in die Grundrechte sind aber geblieben.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Beim Vorschlag zur Bleiberechtsregelung machen wir natürlich mit. Wir haben dazu bereits einen Vorschlag eingebracht. Dem können Sie sich gerne anschließen.
Ich möchte nun zu einigen Dingen etwas sagen:
Der Terrorismus ist in dieser Debatte das beherrschende Thema. Auch wir sind natürlich der Meinung - hier herrscht Einigkeit -, dass er keine Chance haben darf: weder durch Anschläge noch durch die Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten,
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Überraschend!)
zu denen es aus einem Gefühl der Angst heraus kommt. Diese Angst wurde in den letzten Wochen zum Teil kräftig geschürt.
(Beifall bei der LINKEN)
Allein in den letzten zwölf Jahren sind mehr als 160 Gesetze geändert worden, mit denen entweder - je nach Großwetterlage - die organisierte Kriminalität, oder, wie aktuell, der Terrorismus bekämpft werden sollten. Eine Evaluation ist bis heute ausgeblieben. Die Eingriffe in die Grundrechte sind aber geblieben. Ich nenne ein paar Beispiele: die Rasterfahndung, also die Aufhebung der Unschuldsvermutung - man muss sich einmal vorstellen, was dahinter eigentlich steht -, die Schleierfahndung - x-beliebige Menschen geraten dadurch in die Fänge der Polizei, dass sie beispielsweise verdächtig aussehen -, der Lauschangriff - Deutschland ist mittlerweile Abhörweltmeister - und die jetzt aktuelle Vorratsdatenspeicherung - der wissenschaftliche Dienst hat alles dazu gesagt; dieses Vorhaben ist klar rechtswidrig.
Hinzu kommt dann wie eine Phobie die ständige Debatte über die Bundeswehr im Innern. Das ist wirklich schon völlig irre, weil nicht einmal konkret gesagt wird, wie das durchgeführt werden soll. Wollen Sie irgendwelche Spürpanzer neben die Gepäckabfertigung stellen oder wie soll das Ganze aussehen? - Nein, hier wird mit der Angst gespielt. Das ist zur Bekämpfung des Terrorismus denkbar ungeeignet.
Das aktuellste Beispiel ist die Antiterrordatei, in der ganz offen die Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten aufgehoben werden soll. Dazu möchte ich eines anmerken - offensichtlich ist dieses Haus zunehmend geschichtslos geworden -: Die Trennung von Geheimdiensten und Polizei ist eine Lehre aus der Nazivergangenheit. Die Väter des Grundgesetzes haben sich das sehr wohl überlegt. Wir sollten uns beizeiten vor Augen führen, warum es diese Trennung gibt. Die Datei ist gefährlich, weil die Grenzen, die das Gesetz der Polizei gebietet, verwischt werden. Mir graut es vor einer Polizei, die nicht mehr Straftaten, sondern Gesinnungen ahndet. Das dürfen wir nicht zulassen.
(Beifall bei der LINKEN)
Der größte Klopfer ist, dass die Geheimdienste als zweite Nutzer der Datei wieder kräftig mitmischen sollen, und das in einer Zeit, in der die Geheimdienste - wir haben es in den letzten Monaten festgestellt - völlig aus den Fugen, völlig außer Rand und Band geraten sind. Der BND bespitzelt Journalisten, gewinnt Erkenntnisse in syrischen Folterknästen. Man muss sich das einmal vorstellen! All das ist erst ein paar Monate her.
Der Verfassungsschutz hat offensichtlich nichts anderes zu tun, als wirklich integere Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion und im Übrigen antifaschistische Jugendliche, die tagtäglich gegen Rassismus und Antisemitismus kämpfen, zu bespitzeln. Das kann nicht wahr sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Spitze des Eisbergs ist - jetzt wird es wirklich absurd -, dass der Militärische Abschirmdienst nichts anderes zu tun hat, als auf Parteitagen der Linkspartei zu sitzen - es ist natürlich erhellend, daran teilzunehmen - und Buch über Bundestagsabgeordnete im Hause zu führen.
Mit den Namen Kurnaz, el-Masri und Zamar sind drei Schicksale verbunden, die für das Versagen der Bundesrepublik und der Dienste, deren Kompetenz jetzt erweitert werden soll, stehen. Deswegen lehnt die Linke eine Erweiterung der Kompetenzen ab. Nach all diesen Vorgängen ist nämlich davon auszugehen, dass die Geheimdienste kein Garant für Bürgerrechte, sondern eine reale Gefahr für einen liberalen, demokratischen und freiheitlichen Staat sind. Sie wollen deren Befugnisse schon wieder erweitern. Das darf nicht wahr sein!
Zwei konkrete Beispiele: Stellen Sie sich vor, Sie fah¬ren mit den falschen Leuten, also mit Terrorverdächtigen, in einem Zugabteil, oder Sie leihen im Studentenwohnheim dem Nachbarn Ihr Telefon; schon sind Sie mindestens als Kontaktperson in dieser Datei erfasst. Bekanntermaßen kommt man aus solch einer Datei in der Regel nicht wieder heraus. Das sind Folgen, die für Sie offensichtlich gar keine Rolle spielen.
Ein klassischer Vorschlag, der immer wieder gemacht wird: Die Videoüberwachung soll ausgeweitet werden. Ich dachte, dass zumindest die Bundeskanzlerin hier an meiner Seite streitet. Sie hat sich nämlich kräftig darüber aufgeregt, dass vom Pergamonmuseum aus in ihre Küche hinein gefilmt worden ist.
(Beifall bei der LINKEN - Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war nicht die Küche, das war das Wohnzimmer!)
Leider ist aber offensichtlich nicht zu Ihnen durchgestellt worden, dass das nichts bringt und in die Privat- und Intimsphäre von anderen Menschen eingreift.
Sie spielen mit der Angst, um weiterhin autoritäre Maßnahmen zu erlassen. Wahre Populisten sind die Sicherheitspopulisten, nicht wir: Im Gegensatz zu Ihnen machen wir vielleicht populäre, nicht aber populistische Vorschläge.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie geben vor, mehr Sicherheit schaffen zu wollen. Das ist erst einmal in Ordnung. Es stellt sich nur die Frage, wie das vonstatten gehen soll. In den letzten Jahren sind Tausende Stellen bei den Polizeibehörden in den Ländern abgebaut worden. In Ihrem Privatisierungswahn, der sich nicht nur in Fragen der sozialen Gerechtigkeit, sondern auch in Fragen der Sicherheit zeigt, übertragen Sie Sicherheitsaufgaben an private Unternehmen, die für ein paar Euro am Flughafen Gepäckkontrollen durchzuführen haben. Das sorgt nicht für mehr, sondern für weniger Sicherheit. Damit gefährden Sie auch in diesem Bereich durch willkürliche Privatisierung die Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland.
Suchen Sie also nach Alternativen. Wir sollten der Gefahr des Terrors bürgerschaftliches, zivilgesellschaftliches Engagement entgegensetzen und deutlich machen, dass wir für bestimmte Werte der Demokratie und der Weltoffenheit stehen. Es muss eine friedliche Außenpolitik betrieben werden. Es muss eine Integration ermöglicht werden, die gleiche Rechte und gleiche Teilhabe in diesem Land gewährleistet. Es muss auch darum gehen, im In- und Ausland die fortschrittlichen, progressiven Menschen, beispielsweise die Studenten im Iran, zu unterstützen und ihnen Anerkennung zukommen zu lassen, um letztendlich Dogmatismus und Ideologie zu überwinden. Das ist eine andere Herangehensweise, die zwar Zeit braucht, aber auf Dauer erfolgversprechend ist.
Ich möchte noch einen letzten Punkt ansprechen. Wenn man möchte, dass die Menschen in diesem Land an demokratischen Entscheidungen teilhaben, für sie streiten und einstehen, dann hat das auch etwas mit sozialer Gerechtigkeit zu tun. Denn nur diejenigen, die materiell gut versorgt sind und nicht jeden Tag über das Essen und die Finanzierung der nächsten Woche nachdenken müssen, sind in der Lage, am gesellschaftlichen Leben und an demokratischen Prozessen teilzuhaben.
Ich glaube, dass im Haushaltsplanentwurf in diesem Sinne nichts Progressives enthalten ist. Stattdessen wird Sie, wie Jutta Limbach zu Recht sagt, das Verfassungsgericht wie in den letzten Jahren auch regelmäßig in Ihre Schranken verweisen.
Zum Ende der Sommerpause auch von mir noch ein gütiges Wort: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Genosse Edathy!
Danke.
(Beifall bei der LINKEN)