Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch aus Sicht der Linken ist es natürlich unbedingt erforderlich, dass wir endlich gesetzliche Regelungen treffen, um die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern zu beseitigen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, mit Ihrem Gesetzentwurf machen Sie zwar durchaus einen Schritt in die richtige Richtung, aber er ist, wie ich finde, nicht ausreichend.
(Beifall bei der LINKEN)Sie können mit Ihrem Vorschlag zwar Ungleichheiten in den Betrieben aufzeigen, aber konsequent beseitigen können Sie damit die Ungleichheit nicht. Problematisch finde ich, dass Sie damit die Forderung nach einem Verbandsklagerecht, zum Beispiel für die Antidiskriminierungsstelle, faktisch aufgeben. Betroffene müssen auch nach Ihrem Vorschlag weiterhin in mühseligen Einzelklagen gegen Diskriminierungen dieser Art vorgehen. Das dauert viele Jahre, verschlingt viel Geld der Betroffenen und ist kein wirksamer Ersatz für die Möglichkeit, als Verband im Rahmen eines Bußgeldverfahrens, was Sie vorhaben, zu klagen. Es wäre aber bitter nötig, hier wirkliche Schritte konsequent zu gehen. Wir haben hier schon gehört: Frauen erhalten auch im Jahre 2012 durchschnittlich immer noch ein Viertel weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen, obwohl sie exakt das Gleiche tun, die gleiche Ausbildung und den gleichen Verantwortungsbereich haben. Das ist ungeheuerlich und gehört genau wie die ungleiche Bezahlung gleichwertiger Tätigkeiten endlich auf den Müllhaufen der Geschichte. (Beifall bei der LINKEN) Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen an dieser Stelle Lilly Ledbetter vorstellen bzw. diejenigen, die sie kennen, an sie erinnern. Auf ihre Geschichte geht der Equal Pay Day zurück, mit dem seit 2008 auf die ungleiche Bezahlung aufmerksam gemacht wird. Wir wissen, dass auch in diesem Jahr Frauen 84 Tage länger arbeiten müssen, bis sie auf den gleichen Lohn wie die Männer kommen. Lilly Ledbetter war Angestellte einer Reifenfirma in den USA und stellte kurz vor ihrer Pensionierung fest, dass sie während der 19 Arbeitsjahre für dieselbe Arbeit rund 200 000 Dollar weniger Gehalt bekommen hat. Sie zog mit ihrer Klage bis zum obersten Gericht. Präsident Obama unterzeichnete wenige Tage nach seinem Amtsantritt ein Gesetz, den Lilly Ledbetter Fair Pay Act, mit dem Entgeltdiskriminierung aufgrund von Geschlecht, Herkunft und Hautfarbe unterbunden werden soll. Das brauchen wir auch, (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) und zwar ohne Schlupflöcher und zusätzlich mit dem Recht auf einen Diskriminierungsausgleich versehen. Denn auf ähnliche Differenzen kommen wir auch hierzulande. Lassen Sie mich ein paar Beispiele nennen, wie viel weniger eine Frau über 35 bis 40 Berufsjahre mit gleicher Ausbildung und bei gleicher Arbeit bekommt als ein Mann. Eine Großhandelskauffrau erhält circa 564 Euro weniger Monatsgehalt. In 40 Jahren kommen wir auf eine Summe von knapp 271 000 Euro. Bei einer Köchin beträgt die monatliche Differenz 210 Euro. Das sind nach 40 Jahren immerhin stattliche 100 000 Euro. Einer Ärztin entgehen in 35 Jahren 441 000 Euro, nur weil sie eine Frau ist. Wenn wir gleichwertige Arbeiten vergleichen, nämlich die einer Erzieherin und die eines Maschinenschlossers, muss die Kollegin, die sich um unser aller Nachwuchs kümmert, für 231 000 Euro weniger Gehalt arbeiten als der Mann. 100 000, 231 000, 270 000, 440 000 Euro: Ich meine, das sind schon stattliche Summen. Dabei sind die entgangene Altersvorsorge und die geringere Lebensqualität noch nicht einmal mit eingerechnet. Das ist schlicht Lohnraub. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Liebe Frauen im ganzen Land, wenn wir überlegen, was uns durch diesen Lohnraub entgangen ist und noch entgeht, muss ich sagen: Es ist viel zu viel. um nett „Bitte, bitte macht das nicht wieder!“ zu sagen. (Beifall bei der LINKEN) Für Raub müssen Räuber eigentlich lange in den Knast, für Diebstahl und Betrug übrigens auch. Wir könnten doch in diesem Falle von so einer schweren Strafe absehen und den vorenthaltenen Lohn in ein zinsloses Darlehen verwandeln. Wenn Frauen in Rente gehen, gibt es die Rückzahlung cash oder auf die schwäbische Art: als Häuschen. Bis wir das erkämpft haben, streiten wir auch weiterhin für ein Gesetz, das Entgeltungleichheit gar nicht erst entstehen lässt. Damit es eine echte Durchsetzungschance gibt und nicht die Einzelnen den mühseligen Klageweg beschreiten müssen, brauchen wir zusätzlich das Recht der Verbände, zu klagen. Dem Antrag der Linken dazu dürfen Sie dann im Oktober gerne zustimmen, wenn Sie es ernst meinen. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN)