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LINKE für gründliche Reform des Bundemeldegesetzes nach bürgerrechtlichen Kritierien

Archiv Linksfraktion - Rede von Jan Korte,

Rede zu Protokoll von Jan Korte

 

TOP ZP 5.:

 

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesmeldegesetzes und weiterer Vorschriften (Drucksache 18/8620)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses (Drucksache 18/9087)

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,


vorweg geschickt sei Folgendes: Ich finde es schon ziemlich bemerkenswert, dass es nach gerade einmal etwas mehr als einem halben Jahr nötig ist, dieses Gesetz erneut nachzubessern. Wenn Sie Ihr damaliges Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens handwerklich vernünftig gemacht hätten, hätten Sie uns allen sehr geholfen. Aber gegen Änderungen und tatsächliche Verbesserungen haben weder ich noch meine Fraktion etwas einzuwenden. Nur das, was Sie hier vorgelegt haben, ist leider auch nur wieder ein Rumdoktern und geht überhaupt nicht weit genug:

Anstatt die Mitwirkungspflichten der Vermieter bei An- und Abmeldung in § 19 in Gänze zu streichen, sieht Ihr Gesetzentwurf nur die Streichung der Mitwirkungspflicht des Wohnungsgebers vor, wenn der Mieter ins Ausland verzieht. Warum nur dann? Warum nicht auch bei der Anmeldung oder dem Auszug im Inland?

Die unverhältnismäßige Hotelmeldepflicht, die nichts anderes als eine umfangreiche, verdachtslose Datenerhebung auf Vorrat ist, wird erst gar nicht angetastet. Und das, obwohl nach wie vor nicht erkennbar ist, was diese Meldepflicht bringt außer unbeachteten Datenbergen bei den Meldebehörden.

Stattdessen soll bei der automatisierten Melderegisterauskunft, das Geschlecht wieder als Suchkriterium aufgenommen werden. Während überall auf der Welt darüber nachgedacht wird, das Geschlecht aus Datenerhebungen und sogar aus Ausweisdokumenten zu streichen, soll es hierzulande nach kürzester Zeit erneut eingeführt werden. Das könnte man vielleicht noch unter kurios abbuchen, aber leider konnte mir niemand auch nur halbwegs nachvollziehbar begründen, warum dies nun passiert. Und leider haben wir auch heute wieder nicht die Möglichkeit zu einer echten Debatte, sonst könnten Sie mir vielleicht folgende Fragen beantworten:

 

Warum hat sich im letzten Jahr bei der automatisierten Melderegisterauskunft nach § 38 Absatz 1 BMG die Erteilungsquote deutlich verschlechtert, weil die abfragenden Stellen das Geschlecht nicht angeben dürfen? Sie begründen das damit, da bei ausländischen Namen die Rücklaufquote sonst niedriger sei als erwünscht. Wenn wir eine echte Debatte hätten, könnten Sie mir vielleicht sagen, in welcher Höhe sich die Rücklaufquote bzw. die Fehlquote so bewegen, bezogen auf deutsche bzw. europäische und nicht-europäische Vornamen? Und ob hier nicht das größere Problem die unterschiedliche Transkription arabischer Namen wäre?

 

Im Vorblatt des Gesetzentwurfs heißt es etwas nebulös: Die „Ableitung des Geschlechts des Meldepflichtigen aus ausländischen Vornamen“ sei „nicht immer eindeutig möglich“. In der Begründung wird darauf verwiesen, dass das Geschlecht als Merkmal weiterhin nur abgerufen werden dürfe, wenn es erforderlich sei, beispielsweise bei „geschlechtsspezifischen Schutzmaßnahmen“, und die Aufgabenerfüllung ohne Kenntnis des Geschlechts unmöglich oder wesentlich erschwert wäre. Das verstehe ich nicht, denn an sämtliche Sicherheitsbehörden darf ja ohnehin auch im automatisierten Verfahren das Geschlecht beauskunftet werden (§38 Abs. 3). Es wäre schön gewesen in den Beratungen von Ihnen vielleicht mal ein Beispiel für typische Fallkonstellationen zu erfahren.

 

Mit dem Änderungsantrag werden Vorschläge des Bundesrates aufgenommen, die zum einen eine selbst gewählte Auswahl der erweiterten Melderegisterauskunft für die Vorlage bei anderen öffentlichen Stellen oder im privaten Bereich ermöglicht und zum anderen die automatisierte Abfrage von Melderegisterauskünften so gestaltet, dass eine massenhafte Ausforschung von Daten verhindert werden soll. Das ist positiv. Genau wie der Punkt, dass der bedingte Sperrvermerk nicht allein für Personen, sondern auch für Adressen gelten soll.

Diese Punkte sind vernünftig. Aber meiner Fraktion reichen diese wenigen Änderungen eben nicht aus. Wir werden uns daher enthalten und hoffen, dass das Bundesmeldegesetz bei der nächsten Änderung gründlich und nach bürgerrechtlichen Kriterien reformiert wird.

Vielen Dank.