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Lieber Verkehrs- als Kinderlärm?

Archiv Linksfraktion - Rede von Ralph Lenkert,

Rede zu TOP 5 am 26.05.2011

 

a.) Entwürfe Bundesregierung und Regierungskoalition „Zehntes Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Privilegierung des von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen ausgehenden Kinderlärms“

 

b.) Antrag SPD: „Kinderlärm – Kein Grund zur Klage“

Antrag DIE LINKE.: „Für eine immissions- und baurechtliche Privilegierung von Sportanlagen“

Antrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Vorrang für Kinder – Auch beim Lärmschutz“

Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich wundere mich schon, was Gerichte auch beim Lärmschutz manchmal aus Gesetzen machen. Den Lärm von Fröschen müssen Anwohner dulden, aber Kinderlärm wurde verboten. Mit der nun von der Bundesregierung geplanten Änderung der Lärmgesetzgebung dürfen nicht nur Frösche quaken, sondern auch Kinder laut spielen. Gegen Spielplätze und Kindertagesstätten sind Lärmklagen zukünftig unzulässig.
Das finden wir gut.

Aber leider gibt es ein Problem, denn nur bis zum 14. Geburtstag dürfen Kinder lärmen, weil nach dem Gesetz da die Kindheit endet. Pech für die Jugendlichen, Pech auch für Freizeitsportler - sie müssen leise sein, die Frösche dürfen quaken. Dass Sportfeste zwischen 13 und 15 Uhr untersagt werden, dass Jugend- und Freizeitsport in enge Zeitfenster gezwungen wird, das lehnen wir ab.
Deshalb beantragt die Linke, dass für den Jugend- und Freizeitsport die erlaubten Lärmgrenzwerte um 5 Dezibel angehoben werden. Diesen Antrag haben Sie von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen jedoch im Ausschuss abgelehnt mit der Begründung, Jugendliche und Sportler seien nicht wie Kinder, die für ihr Verhalten nichts können.
Sie fördern Sportler, die nicht hörbar sind.

Prinzipiell unterstützt die Linke den Schutz vor Lärm. Aber erklären Sie mir und allen Bürgern: Weshalb lassen Sie per Gesetz einen Straßenlärm von 59 Dezibel in Wohngebieten zu, und warum darf ein Militärflugzeug nach Gesetz mit mehr als 90 Dezibel über ein Haus hinwegdonnern, wenn Sie gleichzeitig Sportgeräusche von nur 54 Dezibel verbieten?

Nach Ihrem Gesetz ist Folgendes zu erwarten: Auf einem Bolzplatz spielen Kinder im Alter von 13 Jahren; gegen diese Geräusche kann man nicht klagen. Wenn aber ein 15-Jähriger mitspielt, könnte man dagegen klagen. Spielt das 8-jährige Mädchen mit ihrer Freundin Basketball, dann ist das Scheppern erlaubt. Spielt Papa mit, ist das Scheppern untersagt. Was für ein Schwachsinn! Wie sollen die Kommunen da mit Beschwerden von Anwohnern umgehen? Sollen sie Schilder aufhängen mit der Aufschrift „Spielen an Wochenenden für Kinder erlaubt! Für Jugendliche, Eltern und Großeltern verboten!“?
Ehrlich: Was soll das?

Die von uns geforderte Änderung der 18. Bundesimmissionsschutzverordnung mit um 5 Dezibel höheren Grenzwerten hilft Jugendlichen, Sportlern, Vereinen und Kommunen, auf rechtssicherer Basis ihre Arbeit und Freizeit zu organisieren. So könnten Opa, Paul und Lisa auch sonntags gemeinsam Fußball spielen, und die 15-Jährigen werfen den Basketball aus Freude statt Flaschen aus Frust. Um Ihnen die Angst zu nehmen: Auch mit der Änderung darf der Sportler noch immer nicht so viel Lärm verursachen wie der Autofahrer. Deshalb fordere ich Sie auf: Stimmen Sie hier im Plenum neben dem Gesetzentwurf auch unserem Antrag zu!

Zeigen Sie endlich Herz - nicht nur für Kinder und Frösche, sondern auch für Jugendliche und Sportler!
Danke.