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»Keiner der Kriege der letzten Jahre hat irgendeinen Fortschritt gebracht«

Archiv Linksfraktion - Rede von Gregor Gysi,

Kurzintervention

Frau Präsidentin,

ich möchte etwas sagen, weil ich glaube, dass die Rügen in Bezug auf die Kritik an Äußerungen des Bundespräsidenten völlig fehl am Platze sind. Der Bundespräsident hat sich auf der Sicherheitskonferenz vor Verteidigungsministern und Generälen geäußert. Er hat gesagt, dass wir uns den Gefahren nicht genügend stellen:

Die Kernfrage lautet doch:

- jetzt zitiere ich ihn wörtlich -

Hat Deutschland die neuen Gefahren und die Veränderung im Gefüge der internationalen Ordnung schon angemessen wahrgenommen?

Er meint, dass wir mehr Verantwortung übernehmen müssen. Damit meint er - das sagte er schließlich vor lauter Generälen und Verteidigungsministern - selbstverständlich auch militärische Verantwortung. Denn er geht die ganze Zeit auf Kriege und auf Sicherheitsfragen ein. Das ist eine zulässige Interpretation, die auch von fast allen Medien vorgenommen wurde.

(Zuruf von der CDU/CSU: Nein!)

Der Zusammenhang, den Sie zwischen Politikern und Nazis herstellen, ist völlig indiskutabel, Herr Oppermann. Ich muss Ihnen sagen: Das ist völlig indiskutabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Zweite ist: Dass sich dieses Mitglied falsch ausgedrückt, hat die eigene Fraktion in Brandenburg schon klar erklärt.

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Ach, was!)

- Ja, das ist nicht unsere Ausdrucksweise, und das ist Herr Gauck auch nicht. Das weise ich genauso zurück. - Aber mir dafür die Verantwortung zu geben, Herr Kauder, ist auch völlig albern. Das hatte er schon gesagt, bevor ich hier gesprochen habe. Nein, die Auseinandersetzung mit Äußerungen, die in die Richtung gehen, dass wir militärisch die Probleme der Menschheit lösen können, muss stattfinden. Ich bin froh, dass die Linke diese Auseinandersetzung führt. Es kann schon sein, dass der eine oder andere bei uns einmal über das Ziel hinausschießt,

(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh!)

aber das ist in der SPD und auch bei der Union nicht anders. Soll ich Ihnen einmal Äußerungen von Mitgliedern Ihrer Partei zu Fragen von Rassismus etc. vorhalten? Niemals habe ich Sie persönlich dafür verantwortlich gemacht. Das muss hier aufhören.

(Bettina Hagedorn (SPD): Es geht um den Bundespräsidenten!)

Keine Partei kann für die Äußerungen jedes einzelnen Mitglieds die Haftung übernehmen. Das ist absurd. Dazu haben wir zu viele Mitglieder; das will ich klar sagen. Das ergeht Ihnen nicht anders.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Deshalb bitte ich, sachlich zu bleiben. Ich werde niemals den Bundespräsidenten beleidigen, aber rügen darf ich schon, dass auch er verteidigungspolitisch argumentiert, obwohl wir diese Menschheitsfragen unbedingt zivilrechtlich lösen müssen. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Ich sage es noch einmal: Keiner der Kriege der letzten Jahre hat irgendeinen Fortschritt gebracht, ganz im Gegenteil. Lassen Sie uns doch endlich einmal anders denken, nicht rüstungspolitisch, sondern friedenspolitisch. Es wird höchste Zeit.

(Beifall bei der LINKEN)