Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Verfahren ist hier schon etwas gesagt worden. Auch wir finden es äußerst bedenklich, dass man bei einer solchen Frage nicht die Oppositionsfraktionen einbindet. Es sollte beispielsweise darauf Rücksicht genommen werden, dass in Sachsen-Anhalt, Herr Bergner, gerade eine Kreisgebietsreform durchgeführt wurde. Für die Abgeordneten aus Sachsen-Anhalt, die nicht der SPD oder der CDU angehören, ist nicht nachvollziehbar, inwieweit das berücksichtigt wurde. Das erschließt sich aus Ihrer Vorlage überhaupt nicht. Deswegen hätten wir es sinnvoll gefunden, wenn hier alle eingebunden worden wären. Mir haben Kollegen aus allen Fraktionen, die dem Bundestag schon mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte angehören, gesagt, dass das früher möglich gewesen ist.
Trotzdem stehen in dem Gesetzentwurf einige sinnvolle Sachen; das ist völlig unbestritten. Ich möchte nur an zwei Punkten deutlich machen, warum es politisch ein Problem ist, dass über den Gesetzentwurf nicht diskutiert wurde. Der erste Punkt ist, dass Ostdeutschland zwei Wahlkreise in Sachsen und Sachsen-Anhalt verliert. Das ist nicht nur ein arithmetisches Problem, das man mit der Notwendigkeit der Reform erklären könnte. Vielmehr ist es auch ein politisches Problem. Das hätten wir doch gemeinsam diskutieren müssen.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Folge ist, dass die Regionen in diesem Land, die die größten strukturellen und sozialen Probleme haben, dadurch an Repräsentanz verlieren. Das hätte man als Anlass nehmen können, über folgende Fragen zu diskutieren: Wie können wir die weitere Abwanderung aufhalten? Wie können wir jungen Menschen im Osten Perspektiven geben? Wie können wir endlich zu gleichwertigen Lebensverhältnissen in Ost und West kommen?
(Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist keine Frage des Wahlrechts!)
Genau das interessiert die Menschen. Ich finde, das ist nur bedingt witzig. Diese wichtigen Fragen hätte man diskutieren können, um so mit den Menschen aus Ostdeutschland ins Gespräch zu kommen.
Der zweite Punkt, der angesprochen worden ist und bei dem es einen Dissens gibt, ist die Regelung der Wahllisten. Es geht darum, dass Parteimitglieder nicht für eine andere Partei kandidieren dürfen. Wir als Linke haben mit genau dieser Regelung sehr gute Erfahrungen gemacht, was auch unsere Debatten sehr bereichert hat. Deswegen finde ich diese Regelung nicht sehr sinnig. Vielmehr empfinde ich sie als einen Eingriff in die Autonomie der Parteien.
(Beifall bei der LINKEN)
Kollege Benneter, das Problem der Rechtsextremen ist bei allen Debatten, die wir führen, zuallererst eine Sache der politischen zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung. Das werden wir mit einem solchen Gesetzentwurf nicht lösen können. So viel dazu.
Abschließend komme ich zu unserem Antrag „Wahlmanipulationen wirksam verhindern“. Es ist eben nicht so, dass es mit dem Einsatz von Wahlcomputern keine Erfahrungen gibt. Im Gegenteil: Es gibt damit sehr schlechte Erfahrungen. Diese wurden in den Niederlanden gemacht; die niederländische Regierung hat die Wahlgeräte daher aus dem Verkehr gezogen.
Warum ist das auch grundsätzlich ein Problem? Das Verfahren der Wahl, vom Aufstellen der Urne über das Einwerfen des Wahlzettels bis hin zum Auszählen, ist öffentlich. Der Bürger kann also nachvollziehen, was dort passiert. Das Problem ist, dass das bei einem Wahlcomputer nicht möglich ist. Nicht möglich ist es auch, Fehler auszuschließen, wie jeder an seinem PC mindestens ein- bis zweimal im Jahr feststellen kann. Auch das ist ein Problem.
Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Korte, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mayer?
Jan Korte (DIE LINKE): Ja.
Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU):
Wie viele Fälle von Wahlmanipulation mit Wahlcomputern in Deutschland sind Ihnen bekannt?
Jan Korte (DIE LINKE): Das Problem ist, dass Wahlmanipulation möglich ist. Einen solchen Fall gab es gerade in Hamburg; dort hat übrigens auch die SPD nun gesagt: Die Wahlcomputer müssen wir aus dem Verkehr ziehen. Der Chaos Computer Club hat nachgewiesen, dass eine Manipulierbarkeit jederzeit möglich ist. Wir wollen das von vornherein ausschließen. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt. Er ist weit in die Zukunft schauend, aber doch praktisch in der Tagespolitik. Es ist nun in mehreren Fällen nachweisbar gewesen, dass Manipulationen möglich und technisch ein Leichtes sind und vor allem dass es Anfälligkeiten bei Computern gibt. Das ist doch völlig unbestritten. Auch hier kann wohl niemand ernsthaft begründen, warum es bei Wahlcomputern anders sein sollte als bei privaten PCs. Der Antrag blickt in die Zukunft und soll Irritationen im Vorfeld verhindern.
Letzte Anmerkung, die ich dazu machen will. Wir wollen nicht irgendwann wie in Florida enden, dass wir also Wahlcomputer haben, die nicht funktionieren. Dort wurde zu allem Überfluss der Falsche zum Präsidenten gewählt, weil der Computer nicht funktionierte. Das geht nicht. Ich glaube, auch hier im Hause gibt es eine Mehrheit, die nicht unbedingt will, dass Angela Merkel, wenn sie real knapp verliert, wegen einer Computerpanne noch einmal Bundeskanzlerin wird. Das wollen wir ausschließen. Es sollte eine genaue Wahl geben.
(Beifall bei der LINKEN)
Deswegen fände ich es sinnig, wenn Sie diesem, wie ich finde, sehr guten Antrag zustimmen würden.
Eine letzte Anmerkung an Kollegin Piltz gerichtet: Natürlich ist es so, dass wir das wieder ändern können, wenn nachgewiesen ist, dass Wahlcomputer sicher sind. Das wäre kein Problem. Das kann ja nicht davon abhalten, dem Antrag jetzt zuzustimmen. Denn klar ist: Wo der Fortschritt ist, ist auch immer die Linke.
(Gisela Piltz (FDP): Das ist mir aber neu!)
Deswegen ist das kein Hinderungsgrund. Schönen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Keine Wahlcomputer
Archiv Linksfraktion -
Rede
von
Jan Korte,