Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Hunderte von Patientinnen und Patienten haben in den letzten Jahren allein bei mir im Büro angerufen, weil sie Hilfe suchten im Umgang mit Krankenkassen, mit Krankenhäusern, mit Ärztinnen und Ärzten. Ich glaube, alle Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitsausschuss kennen das. Da war es ein richtiger Lichtblick, als vor sechs Jahren endlich die UPD, die Unabhängige Patientenberatung Deutschland, mit über 20 Beratungsstellen und einer telefonischen Hotline vom Projektversuch zur Regelleistung wurde – kostenfrei zugänglich für jede und jeden. Herr Kollege Meier, es ist ja bekannt, dass gerade wir Linke generell kritisch eingestellt sind gegenüber der Tendenz, alles im Gesundheitswesen, womit man irgendwie Profit machen könnte, zu privatisieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Dass allerdings auch noch die Patientenberatung privatisiert werden könnte, das haben wir uns nicht vorstellen können, selbst in unseren schlimmsten Albträumen nicht.
(Reiner Meier [CDU/CSU]: Das ist eine gemeinnützige GmbH!)
Und doch ist es geschehen: Die Krankenkassen, die über die Vergabe der UPD entscheiden, haben mit Zustimmung des Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann von der CDU, vor einem Jahr entschieden, die UPD an einen privaten Callcenterbetreiber zu vergeben. Ich halte das nach wie vor für einen der größten gesundheitspolitischen Skandale dieser Wahlperiode.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Seit einem Jahr arbeitet diese neue UPD-Gesellschaft. Der WDR hat kürzlich untersucht, was die Ratsuchenden dort erwartet. Das ist einigermaßen ernüchternd. Tatsächlich ist die Hotline gut erreichbar. Aber das ist ja wohl das Mindeste, was man erwarten kann, wenn man die Zuwendungen fast verdoppelt und das Ganze an einen Callcenterbetreiber vergibt.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Das ist jetzt aber auch nicht schlecht, Frau Kollegin!)
Zudem werden nicht mehr Ratsuchende erreicht. Effizient werden die 9 Millionen Euro aus der GKV offenbar nicht genutzt.
Die Zahl der lokalen Beratungsstellen wurde ebenfalls erhöht. Das haben wir immer gefordert. Doch diese sind nur stundenweise besetzt. Sie haben oft nicht einmal ein eigenes Türschild. Und auf einen Termin muss man auch einmal zwei Wochen warten.
(Reiner Meier [CDU/CSU]: Ist das auch schlecht?)
Das Schlimmste ist: Die Beratungsqualität hat schwer gelitten, weil der neue Anbieter nicht über die erfahrenen Beraterinnen und Berater der alten UPD, die von Patienten- und Verbraucherschutzorganisationen getragen wurden, verfügt. So wurden den Ratsuchenden teilweise am Telefon andere Auskünfte erteilt als in der persönlichen Beratung oder per E-Mail. Die Beraterinnen und Berater wussten häufig auch nichts über lokale weiterführende Hilfe- und Beratungsangebote. Das ist ja kein Wunder, wenn Sie heute in Münster, morgen in Bielefeld und übermorgen in Dortmund arbeiten müssen. Das ist ein grundsätzliches Problem des Ausschreibungsverfahrens auf Zeit. Bei jedem Anbieterwechsel gehen wichtige Kompetenzen verloren. Vor allem kann man die Vernetzung vor Ort nicht ohne Weiteres schnell wieder aufbauen.
Die Linke sagt: Patientenberatung darf nicht zum Renditeobjekt werden, sondern muss ausschließlich dem Wohl der Patientinnen und der Patienten und dem Gemeinwohl dienen.
(Beifall bei der LINKEN – Reiner Meier [CDU/CSU]: Wird es auch nicht!)
Das können die gemeinnützigen Organisationen, die für die Vertretung von Patienteninteressen anerkannt sind, am besten.
(Reiner Meier [CDU/CSU]: Auch eine gemeinnützige GmbH!)
Und deshalb fordern wir, die Unabhängige Patientenberatung dauerhaft von diesen Organisationen durchführen zu lassen, die schon von ihrer eigenen Motivation her viel näher an den Interessen der Patienten sind.
(Beifall bei der LINKEN)
Jetzt zur Finanzierung. Das Sozialgesetzbuch V regelt, dass die gesetzlichen Krankenkassen die UPD finanzieren müssen. Die Privatversicherungen können sich freiwillig beteiligen. Es sind aber auch Privatversicherte oder Nichtversicherte, die bei der UPD Rat suchen. Deswegen ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Linke hält es für angebracht, dass wir das aus Steuermitteln finanzieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Damit müssen wir übrigens nicht bis 2023 warten, bloß weil die Sanvartis-UPD den Zuschlag für sieben Jahre erhalten hat. Bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss haben wir gehört, dass der Vertrag bei einer neuen Rechtslage automatisch ausläuft und kein finanzieller Schaden für die Krankenkassen entsteht. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, können Sie ruhig über Ihren Schatten springen und unserem Antrag zustimmen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)