Zum Hauptinhalt springen

Jörg Cezanne: Zu wenig und an den Betroffenen vorbei

Archiv Linksfraktion - Rede von Jörg Cezanne,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht alles falsch – das stimmt –, aber zu wenig, zu ungenau und an den wirklich Betroffenen vorbei! Das ist nicht genug in der derzeitigen Krisensituation.

(Beifall bei der LINKEN)

Selbstverständlich ist es gut und richtig, wenn die Bundesregierung einen einmaligen Kinderbonus von 150 Euro zahlen will, der auch Hartz-IV-Empfängerinnen und Hartz-IV-Empfängern zugutekommt. Das ist gut, aber eben zu wenig, weil er nicht mal die zusätzlichen Kosten deckt, die durch Hygienemaßnahmen, Masken oder den zusätzlichen Aufwand für den heimischen Fernunterricht der Kinder entstehen. Die Sozialverbände fordern 100 Euro – aber monatlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Und wirklich konsequent wäre es, den Regelbedarf in der Grundsicherung, wie ihn nicht nur Die Linke berechnet hat, auf mindestens 658 Euro im Monat zu erhöhen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Mehrwertsteuer auf Speisen in Gaststätten weiterhin auf 7 Prozent zu verringern, statt 19 Prozent zu erheben – das kam schon zur Sprache –, nutzt im Moment niemandem. Wo kein Umsatz, gibt es auch keine niedrigere Umsatzsteuer. Noch schwerwiegender ist, dass Kneipen, Bars, Cafés und Klubs, die ausschließlich oder überwiegend Getränke anbieten, von einer Steuerentlastung für Speisen sowieso nichts haben. Direkte, zielgenaue Hilfen wären hier sehr viel besser und sind weiterhin dringend notwendig.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Im Gesetzentwurf wird erneut die Summe erhöht – sie wird sogar verdoppelt –, bis zu der Unternehmen Verluste mit Vorjahresgewinnen steuerlich verrechnen können. Diese erneute Erhöhung beim sogenannten Verlustrücktrag auf 10 bzw. 20 Millionen Euro nutzt aber nur großen Unternehmen und Konzernen. Nur diese erzielen überhaupt Gewinne in dieser Größenordnung. Selbstständige und kleine Unternehmen werden von der Maßnahme nicht erreicht.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt es da?)

Auch hier wären Direkthilfen der bessere Weg.

(Beifall bei der LINKEN)

„Zu wenig und zu ungenau“ wird vor dem Hintergrund früherer Versäumnisse zu einem Gesamtbild unzureichenden Handelns der Regierung in der Pandemie. Von 190 000 Mitgliedern der Künstlersozialkasse haben inzwischen über 10 000 Mahnbescheide wegen ausbleibender Beitragszahlungen gegen sich laufen. Seit März 2020 haben Kulturschaffende – zumindest viele Freiberufler – praktisch gar keine Einnahmen mehr erzielt

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ja!)

und dafür völlig unzureichende Ausgleiche erhalten. Ein Unternehmerlohn für Soloselbstständige und vor allen Dingen für Künstlerinnen und Künstler ist nach wie vor eine sinnvolle Forderung, an der wir festhalten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Insgesamt zeigen sich in den Maßnahmen eine soziale und eine politische Schlagseite zulasten der Menschen mit den geringsten Einkommen, zulasten der abhängig Beschäftigten und zulasten von Soloselbstständigen, Kleinunternehmern und vor allen Dingen von Kulturschaffenden. Da wird Die Linke weiterhin dranbleiben und deutliche Verbesserungen fordern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)