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Jörg Cezanne: Es gibt keine Schwarm-Finanzierungsintelligenz

Archiv Linksfraktion - Rede von Jörg Cezanne,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schwarmfinanzierungen haben nichts mit der vielerorts betriebenen Schwarmintelligenz zu tun. Crowdfunding – der vielleicht verbreitetere englische Name – kann allerdings vor allem im Anfangsstadium eines Start-ups oder eines Projektes eine nützliche alternative Finanzierungsquelle sein. Für solche Start-ups oder kleine und mittlere Unternehmen sind Bankkredite oft schwer zu bekommen. Deshalb ist hier eine verlässliche Regulierung gut und wichtig.

Es geht in der Regel aber nicht um die Finanzierung eines Dorfladens, sondern um Beträge in Millionenhöhe – in diesem Gesetzentwurf bis zu 5 Millionen Euro; es gibt auch noch größere Investitionen. Und weiter: Investitionen im Bereich der Schwarmfinanzierung sind riskant, weil ohne Einlagenfinanzierung eigentlich immer ein Totalverlust droht. Auf dem deutschen Markt kam es von 2011 bis 2019 zu kumulierten Ausfallraten von 30 Prozent – ein weiterer Grund für eine gute Regulierung.

Aus unserer Sicht sollte am besten ein präventives Instrument – sagen wir mal: ein Plattform- oder Projektträger-TÜV – eingeführt werden. Zumindest aber muss die BaFin, über die die Zulassung läuft, laufende Tragfähigkeits- und Mittelverwendungskontrollen durchführen. Das gilt insbesondere für noch größere Emissionen als die hier in diesem Gesetz geregelten.

Ein weiteres Thema – die Frau Staatssekretärin hat es auch angesprochen – ist die sogenannte Europarente, PEPP genannt, womit eine private, kapitalgedeckte Altersvorsorge europaweit attraktiv gemacht werden soll, ein Europa-Riester sozusagen. Im Vergleich zu bisherigen Produkten hat dieses Modell sogar einige Vorteile. Es gibt ja tatsächlich Menschen, die keinen Zugang zur umlagefinanzierten gesetzlichen Rente haben; für sie wäre so etwas hilfreich.

Trotzdem ist auch PEPP letztlich vor allen Dingen ein Goldesel für die Versicherungsbranche: In der EU werden Vorsorgeprodukte in Höhe von gut 700 Milliarden Euro verwaltet. Bis 2030 soll dieser Wert mithilfe der PEPP auf bis zu 2,1 Billionen Euro steigen, also eine Verdreifachung erfahren. Gerade die großen Kapitalorganisatoren wie BlackRock oder Vanguard versprechen sich hier ein Riesengeschäft. Das wird zu weiteren Ungleichgewichten auf den Finanzmärkten führen – eine problematische Entwicklung.

(Beifall bei der LINKEN)

Und zahlreiche Untersuchungen zeigen die Schwächen privatwirtschaftlicher Altersvorsorgeprodukte: hohe Kosten, geringe Rendite, fehlender sozialer Ausgleich sowie eine starke Abhängigkeit von konjunkturellen und spekulativen Schwankungen. Da helfen auch die zusätzlichen Regelungen im Detail in diesem Gesetzentwurf nicht.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)