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"Jobwechsel: ""Schröder und Clement sollten Schamfrist einhalten"""

Archiv Linksfraktion - Rede von Gesine Lötzsch,

Wenn Politiker nicht an Glaubwürdigkeit verlieren wollen, müssen gesetzliche Regelungen geschaffen werden , die eine nachgelagerte Bestechung ausschließen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf den Rängen! Es gibt eine Massenflucht von ehemaligen Politikern in die Wirtschaft. Exwirtschaftsminister Müller wechselte zur RAG AG, Exkanzler Schröder zum Konsortium der Nordeuropäischen Gaspipeline und Exstaatssekretär Caio Koch-Weser will zur Deutschen Bank. Dafür gibt es nur zwei mögliche Erklärungen: Erstens. Einige Politiker glauben nicht mehr daran, dass man mit der SPD noch einen Blumentopf gewinnen kann. Zweitens. Die ehemaligen Politiker haben augenscheinlich politische Vorleistungen gegenüber Unternehmen erbracht, die jetzt mit Vorstands- und Aufsichtsratsposten versilbert werden. (Beifall bei der LINKEN) Ich habe überhaupt nichts dagegen, dass ehemalige Politiker in die Wirtschaft gehen. Ich habe aber sehr wohl etwas dagegen, dass Mitglieder der Bundesregierung Entscheidungen zugunsten von Unternehmen treffen Stichwort: Ministererlaubnis , um sich ihre zukünftigen Jobs in der Wirtschaft zu sichern. Das ist eine Form von Korruption, die in Deutschland leider legal ist. (Dr. Rainer Wend (SPD): Das ist strafbar, was Sie da sagen! - Christian Lange (Backnang) (SPD): Unglaublich!) Wir müssen das im Bundestag gesetzlich ändern. Offensichtlich betrachten einige Politiker die Zeit in der Bundesregierung nur als so etwas wie das Qualifying für die Poleposition, (Beifall bei der LINKEN - Dr. Uwe Küster (SPD): Mit Frau Lötzsch in den Pool! - Weitere Zurufe) um sich dann beim Rennen einen Spitzenplatz in der Wirtschaft zu sichern - nach dem Motto „Erst die Macht, dann das Geld“ oder, wie Kollege Lange sagte: Erst regieren, dann kassieren. Das zeugt, finde ich, von einer gewissen Verachtung gegenüber den Wählerinnen und Wählern. Man hat fast den Eindruck, dass die Herren ihren Eid auf das Grundgesetz bei ihrer Entlassung an der Garderobe des Bundespräsidenten abgegeben hätten. Niemand glaubt doch ernsthaft, dass Herr Clement aufgrund seiner wirtschaftlichen Kompetenz in den Aufsichtsrat von RWE Power berufen wurde. (Beifall bei der LINKEN) Herr Clement wurde als Wirtschafts- und Arbeitsminister nicht nur von den Wählerinnen und Wählern, sondern auch von seiner eigenen Partei wegen Unfähigkeit in die Wüste geschickt - und das zu Recht. (Christian Lange (Backnang) (SPD): Ehrlich? Wie kommen Sie auf solche Ideen? Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?) Alles, was Herr Clement als Minister angefangen hat, ist unfertig, unausgereift und aus dem Ruder gelaufen. Er hat die wirtschaftlichen Probleme nicht gelöst, sondern uns unzählige Probleme hinterlassen. Er trägt die Verantwortung für die unsäglichen Hartz- Gesetze. (Dr. Rainer Wend (SPD): Dafür ist er mit einem Aufsichtsratsposten belohnt worden! Jetzt wissen wir es!) Wir haben in der vergangenen Woche darüber diskutiert und festgestellt, dass nichts Positives eingetreten ist. (Beifall bei der LINKEN) Ich glaube nicht, dass RWE einen solchen Mann wirklich zur Lösung der eigenen Probleme braucht. Nein, die Erklärung kann nur sein, dass der Posten als Dankeschön für frühere Entscheidungen des Ministers vergeben wurde. Wenn wir als Politiker nicht an Glaubwürdigkeit verlieren wollen, müssen wir das ist schon angesprochen worden gesetzliche Regelungen schaffen, die eine nachgelagerte Bestechung ich sage ausdrücklich: nachgelagert ausschließen. (Christian Lange (Backnang) (SPD): Was heißt denn „nachgelagerte Bestechung“?) Das ist sehr gut verständlich. Auch Sie verstehen das sehr gut. Sie haben sich mit solchen Fragen schon auseinander setzen müssen. (Christian Lange (Backnang) (SPD): Das ist ein Straftatbestand! Wollen Sie damit unterstellen, dass die strafbar geworden sind? Wollen Sie das unterstellen? Unglaublich, solche Behauptungen!) Bekanntlich gibt es in anderen Ländern wie Schweden, aber auch in den USA ganz klare gesetzliche Regelungen, die eine große Transparenz garantieren. Warum sollten wir in Deutschland nicht auch solche Regelungen schaffen können? Das würde uns, glaube ich, sehr gut tun. (Beifall bei der LINKEN) Wir können aber auch ganz klein bei uns anfangen. Der Kollege Koppelin hat es schon angesprochen. Auch wir Abgeordneten sollten unsere Einkünfte so offen legen, dass jeder genau weiß, woher und von wem wir unser Geld bekommen. (Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU): Das machen wir doch schon! Offener kann man es nicht legen! - Christian Lange (Backnang) (SPD): Das machen wir doch jetzt!) Kollege Koppelin, wir alle werden Sie sicherlich unterstützen, dass Sie auch in Ihrer Fraktion dafür eine große Mehrheit oder gar 100 Prozent Zustimmung bekommen. (Beifall bei der LINKEN) Aber Sie haben ja schon gesagt: Man kann nicht jeden für alles haftbar machen. (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP) Oskar Lafontaine ist da, glaube ich, sehr offen. (Dr. Uwe Küster (SPD): Wer nach allen Seiten offen ist, kann nicht ganz dicht sein!) Er wird Ihnen alles vortragen. Wir in der Fraktion haben viele technische Möglichkeiten, das im Internet zu veröffentlichen. Er wird das bestimmt gern tun, Herr Koppelin, und Ihnen damit eine besondere Freude machen.Ich möchte einen Vorschlag der deutschen Sektion von Transparency International aufgreifen. Danach soll die Karenzzeitregelung, die für Beamte gilt, auch für Parlamentarische Staatssekretäre, Minister und natürlich Kanzler gelten. Das Bundesbeamtengesetz legt für solche Fälle eine Karenzzeit von fünf Jahren fest. Eine solche Frist man könnte sie auch Schamfrist nennen sollten auch Herr Schröder und Herr Clement einhalten. Ihre beachtlichen Ruhestandsbezüge werden eine Verarmung dieser Herren in dieser Zeit weiß Gott verhindern. Vielen Dank.