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Jan Korte: Krankenhäuser sollen keinen Profit abwerfen, sondern Menschen gesund machen

Archiv Linksfraktion - Rede von Jan Korte,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es heute? Ein privater Krankenhauskonzern, nämlich die Sana Kliniken AG, hat allein 2019 66 Millionen Euro Gewinn gemacht. Was ist daraus die Conclusio? Sie schmeißt 1 000 Beschäftigte raus.

Dazu schreibt der Konzernbetriebsrat an die Bosse des Vorstandes – ich zitiere –:

"Ohne die Kolleginnen und Kollegen an den Patienteninformationen, der Bettenreinigung, des Lagers und der Versorgungsdienste ständen viele unserer Klinken vor der Kapitulation. Wie wäre die Pflege und die medizinische Betreuung, die eh schon kaum zu leisten sind, möglich ohne Stationshilfen und Patientenbegleitdienst?"

Daraus kann es für den Deutschen Bundestag nur eine Schlussfolgerung geben: Diese Kündigungen müssen sofort vom Tisch, und der Grundsatz „Ein Betrieb, eine Belegschaft“ muss gelten – auch in diesem Konzern.

(Beifall bei der LINKEN)

Die zweite Schlussfolgerung, die wir daraus ziehen müssen – und das ist eigentlich nichts Neues; es ist erschreckend, dass man das hier anhand von solch unfassbaren Vorgängen immer wieder aufrufen muss –, ist, dass der Irrweg der Privatisierung der Krankenhäuser sofort gestoppt werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Um das einmal für all diejenigen, die das erleiden müssen – Patienten, Beschäftigte und andere – und für all die Menschen da draußen übersetzt zu sagen: Krankenhäuser müssen Menschen bestmöglich gesund machen und keinen Profit abwerfen. – Das muss die Maxime der Politik sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Vorgänge führen uns zu einer sehr grundsätzlichen Frage: In was für einer Gesellschaft und was für einem Land wollen wir eigentlich leben? Deswegen müssen wir uns grundsätzlich fragen: Was bedeutet Privatisierung? Privatisierung von öffentlichem Eigentum bedeutet nichts anderes als Raub und Enteignung der Bevölkerung. So einfach ist das.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der FDP: Jetzt mach mal halblang!)

Das hatte seinen guten Grund mit dem Beginn der Bundesrepublik Deutschland und übrigens auch in der DDR, wo es, um das hier auch mal klar zu sagen, auch einen vorbildlich organisierten Gesundheitsbereich gab. Es hatte schon einen Sinn, warum die Gesundheit in staatlicher Hand gewesen ist. Das war eine sehr sinnvolle Sache, weil Krankenhäuser und Gesundheitsversorgung Kerne des Sozialstaates sind.

(Zuruf der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Die Grünen können sich ja gleich an die Seite von Jens Spahn werfen; dazu haben Sie gleich die Gelegenheit.

(Beifall bei der LINKEN – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)

Ich will sagen – das ist der zweite Punkt zur Privatisierung –: Privatisierung geht grundsätzlich immer auf Kosten der Beschäftigten. Bei mir in Sachsen-Anhalt, in meinem Wahlkreis, treibt ein besonders übler Krankenhauskonzern sein Unwesen, nämlich Ameos. Eine Beschäftigte hat Folgendes dazu gesagt, was Privatisierung für die Mitarbeiter dort bedeutet – das sollte man sich mal sehr gut anhören; ich zitiere –:

"Vor sechs Jahren wurden wir an Ameos verkauft. Im wahrsten Sinne des Wortes. Als wir übernommen wurden, hatten wir eine gut laufende Einrichtung, wo verschiedene medizinische Bereiche Hand in Hand miteinander gearbeitet haben. Heute sieht man frustrierte, gestresste Mitarbeiter, traurige Patienten und genervte Angehörige. Wie konnte es so weit kommen? Geld wurde über Leben gestellt."

Das ist der Kern, über den wir hier heute reden, und deswegen will ich Folgendes sagen, was ganz interessant ist – vielleicht als kleiner Servicehinweis an die spärlich besetzten Reihen der CDU/CSU; das müssen Sie alle, die zuhören, wissen –: 2018 haben die Anteilseigner von Sana der CDU/CSU 85 000 Euro gespendet; das ist zumindest der Betrag, der offiziell angegeben wurde. Das beantwortet immerhin die Frage, wie es so weit kommen konnte: Sie sind nämlich geschmiert worden von dem privaten Krankenhauskonzern – so einfach ist das.

(Beifall bei der LINKEN)

Eines ist doch wirklich irre: In den Zeiten der Pandemie überhaupt Pflegepersonal und ‑kräfte in den Krankenhäusern zu feuern, ist ja schon völlig bekloppt. Aber es geht noch deutlich bekloppter: Im Jahr der Pandemie, im Jahr 2020, wurden in der Bundesrepublik allen Ernstes 21 Kliniken dichtgemacht. Das sind doch kaputte Zustände! Wo leben wir hier eigentlich?

1991 gab es in der Bundesrepublik – gerade vereinigt – 2 411 Kliniken, und 2019 gab es gerade noch 1 914 Krankenhäuser. Und warum ist das so? Das ist so, weil es dazu politische Entscheidungen gegeben hat, die das so vorgesehen haben. Noch vor anderthalb Jahren hat Jens Spahn – keine Ahnung, wo der Gesundheitsminister überhaupt ist; das ist auch eine gute Frage – gefordert: Wir brauchen mehr Mut bei Krankenhausschließungen. – Was ist das für eine zynische Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf der Abg. Karin Maag [CDU/CSU])

Das waren seinerzeit die politischen Entscheidungen, und deswegen – das hat die Pandemie doch auf erschreckende Weise gezeigt – brauchen wir jetzt andere politische Entscheidungen. Das kann doch nur die einzige logische Schlussfolgerung sein. Was also tun?

Erstens. Ein sofortiger Stopp aller Privatisierungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Ein sofortiger Stopp aller Krankenhausschließungen.

Drittens. Wir brauchen sofortige umfangreiche Hilfe für die Kommunen, in denen es noch kommunale Krankenhäuser gibt,

(Beifall bei der LINKEN)

die aufgrund der pandemiebedingten Ausfälle vor der Pleite stehen. Denen muss sofort geholfen werden.

Viertens. Es muss eine ganz neue Regel geben, und die kann man einfach beschließen, –

– und zwar die Regel: Die privaten Krankenhauskonzerne, die Dividenden auszahlen, bekommen keinen Cent Steuergeld mehr. So einfach ist das! Das könnten wir hier beschließen.

Last, but not least, –

– es muss endlich darum gehen, eine anständige, würdige und respektvolle Bezahlung der Pflegekräfte, der Reinigungskräfte und all der anderen zu gewährleisten.

Das kann politisch entschieden werden. Da haben Sie so versagt! Und das ganze Sonntagsredengeschwätz, –

– das wir seit einem Jahr hören – – Da müsste man echt noch was zu sagen!

(Beifall bei der LINKEN)

Dieses ganze Gerede kann man sich sparen,

(Das Mikrofon wird abgeschaltet)

wenn man hier nicht – –

(Beifall bei der LINKEN)