Im Rüstungshaushalt werden noch immer Projekte aus dem Kalten Krieg realisiert, die keine Antwort auf die heutigen sicherheitspolitischen Herausforderungen geben. Wenn die Bundeswehr eine Parlamentsarmee sein soll, dann muss auch hier offen und ehrlich über solche Fragen geredet werden. Doch als Parlamentarier trifft man auf eine Mauer des Schweigens. Zu diesem Fazit kommt Gesine Lötzsch in der Haushaltsdebatte zum Etat des Bundesministeriums der Verteidigung:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste auf der Tribüne! „Es gibt nichts mehr zu verteilen“ lautet die Dauerfalschbehauptung der Kanzlerin und des Finanzministers, die man am Verteidigungsetat sehr schön widerlegen kann. Da es mein Vorredner von der CSU nicht getan hat, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es sich dabei um den drittgrößten Einzelhaushalt im Bundeshaushalt handelt. Er macht fast 11 Prozent des gesamten Haushaltes aus. (Steffen Kampeter (CDU/CSU): Sehr richtig!) Der Verteidigungsetat hat nach den Beratungen im Haushaltsausschuss ist der Etat noch etwas erhöht worden ein Gesamtvolumen von 27,87 Milliarden Euro. (Steffen Kampeter (CDU/CSU): So viel Wahrheit war selten bei der PDS!) Das ist mehr, als zum Beispiel das Land Niedersachsen insgesamt für die Erfüllung seiner staatlichen Aufgaben im Jahr 2006 zur Verfügung hat. (Steffen Kampeter (CDU/CSU): Auch das glauben wir Ihnen!) Der niedersächsische Landeshaushalt hat lediglich ein Gesamtvolumen von 22 Milliarden Euro. Herr Schäuble hat, als er noch in der Opposition war, keine Tagung und kein Interview ausgelassen, um den aus seiner Sicht bedauernswerten Zustand der Bundeswehr zu beklagen. In den Medien wurde berichtet, dass sich die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan selbst mit Tchibo-Ferngläsern ausrüsten müssten, weil die Bundeswehr dafür kein Geld habe. Es ist immer das gleiche Spiel: Bei der Sicherheit und der persönlichen Ausrüstung der Soldaten wird gespart. Dafür fließt das Geld üppig, wenn es um die Beschaffung von neuen Rüstungsgütern geht, die keiner braucht. Wir als Linke lehnen zum Beispiel um das etwas deutlicher zu machen die Anschaffung des Hubschraubers Tiger ab. (Beifall bei der LINKEN) Er ist als zweisitziger Begleit- und Unterstützungshubschrauber konzipiert und soll den Panzerabwehrhubschrauber Bo 105 ersetzen. Der Steuerzahler soll dafür 380 Millionen Euro bezahlen. Welche Panzer sollen denn damit abgewehrt werden? Es ist vielleicht die Technik, die begeistert; die Bundeswehr braucht sie aber nicht. Wie Sie alle wissen, werden im Rüstungshaushalt noch Projekte aus dem Kalten Krieg realisiert, die keine Antwort auf die heutigen sicherheitspolitischen Herausforderungen geben. (Beifall bei der LINKEN) Ich finde es erstaunlich, dass Rüstungsprojekte in der Öffentlichkeit so gut wie gar nicht diskutiert werden. Wie viele andere Projekte werden solche Anschaffungen von der Koalition häufig, wie bei MEADS, mit Unterstützung der Grünen durch den Bundestag gewunken, ohne dass in den Medien davon Notiz genommen und über den Sinn oder Unsinn solcher Projekte diskutiert wird. Wie lange zum Beispiel wurde öffentlich über das Für und Wider der Angleichung des Arbeitslosengeldes II Ost an das Westniveau gestritten? (Bartholomäus Kalb (CDU/CSU): Was spricht denn aus Ihrer Sicht gegen MEADS?) Jetzt gibt es für jeden Arbeitslosengeld-II-Empfänger im Osten 14 Euro mehr. Das macht insgesamt 120 Millionen Euro. Aber allein die Anschaffung der Tigerhubschrauber kostet den Steuerzahler 380 Millionen Euro im Jahr 2006 und kein Mensch möchte darüber reden. (Beifall bei der LINKEN) Es verwundert mich, dass sich die kritischen Medien und der Bund der Steuerzahler so gar nicht für die Verschwendung von Steuergeldern bei der Rüstungsbeschaffung interessieren. In letzter Zeit hört man leider auch wenig darüber, wenn es um Korruption in diesem Bereich geht. Ich habe die Bundesregierung gefragt, wie hoch die Korruptionsschäden im Gesundheitswesen, bei der Rüstungsbeschaffung und im Bauwesen geschätzt werden. War die Antwort, bezogen auf das Bauwesen, noch halbwegs informativ, habe ich über Korruption bei der Rüstungsbeschaffung nichts erfahren. Dabei wissen wir alle doch seit den Geschäften, die die Bundesregierung Kohl mit Waffenhändlern realisiert hat, dass es hier in der Regel um sehr viel Geld geht. Wenn die Bundeswehr eine Parlamentsarmee sein soll, dann muss auch hier offen und ehrlich über solche Fragen geredet werden. Doch als Parlamentarier trifft man auf eine Mauer des Schweigens. (Beifall bei der LINKEN) Wir, die Linke, fordern die Bundesregierung auf, die Heimlichtuerei endlich zu beenden und mehr Transparenz bei der Rüstungsbeschaffung herzustellen. (Steffen Kampeter (CDU/CSU): Das ist eines der transparentesten Beschaffungsvorhaben überhaupt, Frau Lötzsch!) Unsere Fraktion hat in den Haushaltsberatungen Kürzungen beim Verteidigungsetat in Höhe von 2,6 Milliarden Euro vorgeschlagen. Das sind nicht einmal 10 Prozent dieses Etats. Dieser Konsolidierungsbeitrag würde die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in keiner Weise einschränken. Leider sind alle unsere Vorschläge abgelehnt worden. (Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Gott sei es gedankt!) Deshalb werden wir gegen den Einzelplan 14 stimmen. Abschließend möchte ich Ihnen klar und deutlich sagen, dass wir, die Linke, der begründeten Auffassung sind, dass die Bundeswehr die Sicherheit unseres Landes nicht zu garantieren vermag. Wer glaubt, die Sicherheit durch neue Waffensysteme zu garantieren, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Nur eine gerechtere Wirtschafts- und Sozialpolitik, die Bekämpfung von Armut sowie die Verhinderung bzw. die Beendigung von Kriegen können uns allen mehr Sicherheit geben. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN Steffen Kampeter (CDU/CSU): Das war keine überzeugende Rede!) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Nächster Redner ist der Kollege Johannes Kahrs, SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD Steffen Kampeter (CDU/CSU): Johannes, bleib sachlich!)Heimlichtuerei endlich beenden - mehr Transparenz bei der Rüstungsbeschaffung
Archiv Linksfraktion -
Rede
von
Gesine Lötzsch,