Die Expertenkommission Forschung und Innovation hat, beauftragt durch die Bundesregierung, ihr zweites unabhängiges Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands vorgelegt. Bemerkenswert ist, dass man sich wiederum der Komplexität des Themas gestellt hat.
Es werden Rahmenbedingungen zur Stärkung der Innovationskraft Deutschlands betrachtet: - von der Kindertagesstätte, über Schul-, Aus- und Hochschul- bis zur lebenslangen Weiterbildung, - von den Akteuren bis zu Strukturen von Wissenschaftseinrichtungen, - von Grundlagen- über anwendungsorientierte Forschungsförderung durch spezifische staatliche Programme bis zu spezifischen steuerlichen Anreizen der Innovations- bzw. F&E-Förderung in Unternehmen. Anfangs wird ganz klar festgestellt, dass Deutschland die Zielsetzung - 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Forschung und Entwicklung zu investieren - verfehlen wird, sofern es bei beim bisherigen Herangehen bleibt. Es finden sich auch alle der Öffentlichkeit längst bekannten Kritiken am Bildungssystem Deutschlands in diesem Gutachten wieder: Unterfinanzierung, Qualitäts- und Personalmangel, soziale Auslese mangels adäquater Förderangebote und zusätzlicher Hürden zwischen einzelnen Bildungsabschnitten, um nur einige wesentliche zu nennen.
Die große Koalition hat daran in den letzten vier Jahren nichts geändert. Von einer grundlegenden demokratischen Bildungsreform mit sozialer Ausrichtung ist sie weit entfernt. Das Gutachten jedoch fordert zudem von PolitikerInnen nachdrücklich, eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung auf den Weg zu bringen.
DIE LINKE will sich dieser Debatte nicht verschließen, unterstützen wir doch auch Maßnahmen, die innovativen kleinen und mittelständischen Unternehmen bessere Perspektiven bieten. Gerade die ostdeutschen Bundesländer leiten daraus attraktivere Entwicklungschancen ab. Wir haben uns also gefragt, was steuerliche Förderung für Forschung und Entwicklung bewirken kann. Dabei hilft eine Analyse der Praxis in anderen Ländern. Deren Ergebnisse geben Befürwortern von Steuersubventionen keineswegs Recht. Gerade Länder, die besonders viel in Bildung und Grundlagenforschung investieren und keine Steuerermäßigungen für Unternehmen gewähren, stehen in der Summe ihres Innovationspotenzials, speziell auch bei den industriellen FuE-Ausgaben besonders gut da - Schweden, Finnland und die Schweiz etwa.
Umgekehrt schaffen es einige Länder seit Jahren nicht, trotz steuerlicher Förderung, bessere Ergebnisse zu erzielen, sondern zeigen geringe, zum Teil weiter abnehmende FuE-Ausgaben - siehe Niederlande und Großbritannien. Von den sechs OECD-Spitzenländern bei den FuE-Ausgaben nutzen lediglich zwei dieses Instrument. Die Hebelwirkung steuerlicher Förderung kann also nicht universal belegt werden.
Vielmehr muss diese, eingebettet in das gesamte innovationspolitische Umfeld, geprüft werden. Rankings wie der „Innovationsindikator“ des BDI zeigen, dass Deutschland verglichen mit anderen Industrienationen vor allem in der Bildung nachholen muss. Und wer Unternehmen Steuern erlässt, verschenkt eben auch Mittel für Bildung und Ausbildung! Das von der Forschungsministerin bevorzugte Steuermodell etwa würde zwischen vier und fünf Milliarden Euro pro Jahr kosten. Um genau die gleiche Summe haben sich Bund und Länder bei den Hochschul- und Forschungspakten nun fast ein Jahr gestritten. Die Unternehmen würden dieses Geld gern annehmen, jedoch kein eigenes investieren.
Forschung und Entwicklung gehören ohnehin zu den Kernaufgaben von Unternehmen, um am Markt zu bestehen. Staatliche Unterstützung ließe sich nur dann begründen, wenn dadurch ein deutlich überproportionaler Zuwachs an privaten Forschungsaktivitäten erzielt werden könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Lediglich in Höhe der Gutschrift würden die Steuergutscheine zusätzliche private Forschungsmittel induzieren, stellte ein international vergleichendes Gutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums fest. Das hieße, sie bekommen die Investitionen zu 100% subventioniert. Aussagekräftiger kann die Mitnahmementalität kaum belegt werden.
Die steuerliche Förderung von FuE stellt weder die Arbeitsplatzbilanz noch sozial-ökologische Basisziele in den Vordergrund, sondern ausschließlich die Steigerung der Wertschöpfung. Nicht jede Innovation dient jedoch der Allgemeinheit und sollte daher mit Steuermitteln gefördert werden. Weder sichern oder schaffen Innovationen per se Arbeitsplätze, noch fördern sie stets wünschenswerte Entwicklungen. Bestes Beispiel ist etwa die Pharmaindustrie, die mit Milliardenbeträgen Medikamente für erfundene Krankheitsbilder oder ausgewiesene Wohlstandskrankheiten entwickelt und bewirbt, nur weil diese kaufkräftige Nachfrage abschöpfen, während andere wichtige, globale Krankheiten vernachlässigt werden.
DIE LINKE zeigt in ihrem Antrag einen alternativen Weg für die Pharmaentwicklung auf. Ja selbst Nanotechnologie, zu welcher ebenfalls Anträge gestellt wurden, muss differenziert bewertet werden. Schließlich sind auch Waffensysteme, Sportwagen oder Atomreaktoren Produkte, bei deren Entwicklung Deutschland führend ist und die, folgt man den Empfehlungen der Gutachter, steuerlich gefördert würden. Das will DIE LINKE nun ganz und gar nicht. Technologie unabhängige steuerliche Erleichterungen ohne jegliche Steuerungswirkung halten wir für höchst problematisch. Politik steht in der Verantwortung, Forschungs- und Technologieförderung an einer sozial und ökologisch nachhaltigen ergo gemeinnützigen Perspektive auszurichten!