Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es kann nicht sein, dass ein Teil des Kapitalmarkts so gut wie gar nicht reguliert wird.
Auf dem sogenannten grauen Kapitalmarkt werden Verbraucherinnen und Verbraucher Jahr für Jahr um Milliardenbeträge in zweistelliger Höhe geprellt.
Was ändert nun das Gesetz der Bundesregierung ‑ das ist der Streitpunkt ‑ an dieser misslichen Lage? ‑ Aus unserer Sicht leider ausgesprochen wenig. Ich möchte auf einige Schwächen des Gesetzentwurfs eingehen, der heute zur Abstimmung steht. Zuerst zu den bereits angesprochenen Beipackzetteln. Die von Verbraucherschutzministerin Aigner immer so gerne angepriesenen Infoblätter für Finanzprodukte sind kaum standardisiert. Sie unterliegen keiner Aufsicht. So können sie doch gar keine zuverlässige Informationsquelle für Verbraucherinnen und Verbraucher sein.
Dann kritisieren wir die Reichweite des Gesetzes. Wir sind der Auffassung, dass eine Ausweitung der Regulierung auf Schrottimmobilien dringend notwendig ist. Wir sind als Linke selbstverständlich der Auffassung, dass solche Produkte überhaupt nicht auf den Markt gehören.
Aus unserer Sicht ist der zentrale Kritikpunkt Folgendes: Freie Vermittler sollen nach dem Willen der Bundesregierung der Gewerbeaufsicht unterstellt werden statt der Finanzaufsicht.
Damit wird eine kompetente und länderübergreifend einheitliche Aufsicht verhindert. Auf diesen Punkt werde ich gleich näher eingehen.
Damit bleibt aus unserer Sicht der graue Kapitalmarkt ein Einfallstor für Betrug und ein Tummelplatz für unkalkulierbare Risiken. Leidtragende dieser mangelhaften Regulierung sind Kleinanlegerinnen und Kleinanleger, die ihr Erspartes in sicheren Händen wissen wollen, also Menschen, die über relativ wenig Geld verfügen und nur geringe Anlageerfahrung haben. Wir sagen als Linke: Einen solchen grauen Kapitalmarkt darf es überhaupt nicht mehr geben.
Mit unserem Entschließungsantrag legen wir ein Maßnahmenpaket zur Überwindung des grauen Kapitalmarkts vor. Lassen Sie mich auf einige Aspekte eingehen. Wir fordern schon seit langem einen sogenannten Finanz-TÜV. Wir möchten, dass alle Formen der Geldanlage geprüft und zugelassen werden müssen, bevor sie auf den Markt kommen. Nur so kann verhindert werden, dass sogenannte Finanzinnovationen, die sich später als Finanzschrott herausstellen, ungeprüft auf den Markt gelangen.
Des Weiteren sagen wir: Nicht nur die Finanzprodukte, sondern auch die Finanzvermittler müssen einer fachlich kompetenten und einheitlichen Finanzaufsicht unterliegen. Ein Flickenteppich zwischen Finanzaufsicht und Gewerbeaufsicht ‑ das wäre die Konsequenz aus dem Gesetz ‑ kann die Anforderungen nicht erfüllen. An dieser Stelle kann ich mich der Kritik von Kollegen Sieling völlig anschließen.
Auch wir als Linke sind allerdings der Auffassung, dass die BaFin an Interessenkonflikten leiden kann, nämlich denen zwischen Unternehmen auf der einen Seite und Verbraucherinnen und Verbrauchern auf der anderen Seite. Deshalb schlagen wir als Linke mittelfristig eine eigene Verbraucherschutzbehörde für die Finanzmärkte vor.
Einen letzten Punkt möchte ich ansprechen. Wir Linke kümmern uns nicht nur um den Anlegerschutz, sondern wir kümmern uns auch um die Menschen, die gar kein Geld haben, das sie anlegen könnten, und die darauf angewiesen sind, sich Geld am Markt zu leihen. Es gibt nicht nur den grauen Kapitalmarkt, sondern es gibt auch einen grauen Kreditmarkt. Anleger locken zum Beispiel mit Schufa-freien Krediten und berechnen Vorleistungen, ohne dass überhaupt ein Kredit vermittelt wird. Auch dagegen muss aus unserer Sicht dringend etwas geschehen. Das sieht auch die Verbraucherschutzministerkonferenz vor. Sie hat bereits vor einem Jahr, und zwar einstimmig, also auch mit den Stimmen der Koalition, ein Vorleistungsverbot bei der Kreditvermittlung gefordert. Geschehen ist seitdem nichts. Auch hier muss die Bundesregierung endlich handeln.
Ich komme zum Schluss. Dieser Gesetzentwurf ist aus unserer Sicht ein viel zu vorsichtiger Schritt. Ausreichend zur Überwindung des grauen Kapitalmarkts ist er bei Weitem nicht.
Vielen Dank.