Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit von Sportwettbetrug und der Manipulation berufssportlichen Wettbewerben“ (Drs. 18/8831) (Rede zu Protokoll gegeben)
(Anrede)
Nach dem Anti-Doping-Gesetz soll nun auch ein Gesetz gegen Wettbetrug und Manipulation im Sport vom Bundestag verabschiedet werden. Das ist auf den ersten Blick gut und sinnvoll, denn wer sollte etwas dagegen haben, dass Betrug bei Sportwetten sowie die Bestechung von Sportlern oder Schieds- und Kampfrichtern bestraft wird.
Schaut man sich nun aber die im Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen genauer an, so stellen sich gleich mehrere Fragen. Ich kann hier nur einige nennen: Reichen die derzeit geltenden strafrechtlichen Regelungen wirklich nicht aus, um Schuldige zu belangen? Warum soll nur die Manipulation in berufssportlichen Wettbewerben strafbar sein? Was geschieht zum Beispiel, wenn beim Fußball Spiele im Amateurbereich gekauft werden, die am Ende aber über den Aufstieg in den professionellen Bereich entscheiden? In wie vielen und welchen Sportarten gibt es überhaupt echte Profis? Ist es nicht so, dass selbst die Spitzenathleten in vielen Sportarten nicht davon leben können und zusätzliche Unterstützung benötigen? Soll dort dann straffrei manipuliert werden dürfen? Will die Koalition also ein Gesetz, dass nur für eine Minderheit der Sportdisziplinen überhaupt Anwendung findet, also für die Profi-Bereiche im Fußball, Handball, Volleyball, Eishockey; Tennis; Boxen und dem Radsport?
Die Zielsetzung des Gesetzentwurfes, die „Integrität des Sportes“ mit allen verfügbaren Mitteln zu schützen, klingt natürlich gut, und dass die Politik hier hinsichtlich der Zukunft des Sports in der Verantwortung steht, ist auch für DIE LINKE unstrittig.
Der Deutsche Olympische Sportbund nahm auf Vorschlag seines Präsidiums in der Mitgliederversammlung am 7. Dezember 2013 eine Erklärung mit dem Titel „Die Integrität des sportlichen Wettbewerbs sichern – Doping und Wettbetrug konsequent bekämpfen“ an. Darin wird auf zunehmende Probleme der organisierten Kriminalität auf dem globalen Sportwetten-Markt verwiesen, denen der Sport national wie auch international konsequent entgegen treten muss. Und der DOSB kündigte an, was er diesbezüglich tun wolle.
Inzwischen sind wir fast drei Jahre weiter, und die Situation in diesem Bereich hat sich nicht wirklich verbessert.
In der Debatte um das Antidoping-Gesetz im vergangenen Jahr schlug ich vor, im Rahmen dieses Gesetzes auch Fragen des Wettbetrugs und der Manipulation von Sportwettbewerben mit zu regeln. Ich habe dabei die Schaffung eines neuen Straftatbestandes „Sportbetrug“ angeregt, der für ganz unterschiedliche Bereiche, aber eben auch für Sportwetten und Spielmanipulationen zur Anwendung kommen könnte, und eben nicht nur im Profibereich. Dies wurde von der Koalition leider abgelehnt. Jetzt präsentiert uns die Bundesregierung nun also einen eigenständigen Gesetzentwurf.
Schon nach Veröffentlichung des Referentenentwurfs gab es sehr kritische Stellungnahmen, zum Beispiel vom Deutschen Richterbund und vom Deutschen Anwaltsverein. Ich denke, man muss sich mit diesen Einwänden ernsthaft auseinandersetzen, zumal sich der nun vorliegende Gesetzentwurf wirklich nur marginal von seinen Vorläufern unterscheidet.
In der Stellungnahme des Deutschen Richterbundes vom Januar 2016 heißt es klipp und klar (Zitat): „Der Richterbund lehnt die Einführung eines Straftatbestandes des Sportwettbetruges und der Manipulation berufssportlicher Wettbewerbe ab. Er fordert den Gesetzgeber auf, das Gesetzesvorhaben nicht weiter zu verfolgen.
Die neuen Tatbestände der §§ 265c ff. Strafgesetzbuch“, so der Richterbund weiter, „sollen die ‚Integrität des Sports‘ und das Vermögen von Wettteilnehmern und Anbietern von Sportwetten schützen. Bei der ‚Integrität des Sports‘ handelt es sich nach Ansicht des Richterbundes um kein Rechtsgut, welches strafrechtlichen Schutz beanspruchen könnte. Der Versuch des Gesetzgebers, die ‚Integrität des Sports‘ über das Gesetz zur Bekämpfung von Doping im Sport und über die hier neu zu schaffenden Straftatbestände erst als Rechtsgut zu erschaffen, um Verletzungen dieses Rechtsguts dann strafrechtlich schützen zu können, ist abzulehnen. Die Integrität des Sports, dessen Werte und gesellschaftliche Funktion muss sich der Sport selbst erarbeiten. Sie kann nicht durch den Gesetzgeber als existent postuliert und durch Strafverfolgung gesichert werden.“
Und weiter heiß es beim Richterbund: „Mit der geplanten Strafbarkeit von Wettbetrug und Manipulation von Veranstaltungen des ‚organisierten Sports‘ bzw. von ‚hochklassigen Veranstaltungen‘ sollen Tatbestände für sportliche Ereignisse geschaffen werden, welche ‚infolge der Professionalisierung, Medialisierung und Kommerzialisierung … zu einem herausragenden wirtschaftlichen Faktor‘ geworden sind.
Dieser Wertung sportlicher Großereignisse als Wirtschaftsfaktor ist zuzustimmen. Daher sind auf diese Veranstaltungen uneingeschränkt die Regeln wirtschaftlichen Handelns, einschließlich des Verbotes von Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB, anzuwenden. Darüber hinausgehende Sonderstraftatbestände sind nicht erforderlich.“, so das Fazit des Richterbundes. Ähnlich lautet die Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins, der den Referentenentwurf ebenso deutlich ablehnt.
Diskussionsbedarf sehe ich auch bei der mit diesem Gesetz verbundenen Ausweitung verdeckter Ermittlungsmaßnahmen wie der Telefonüberwachung. Ein weiteres Problem sind fehlende Definitionen zentraler Begriffe. Sport wird, wie bereits im Antidoping-Gesetz, nicht definiert. Was ein berufssportlicher Wettbewerb ist, bleibt weitgehend offen. Ebenso, was strafrechtlich als wettkampfwidrig anzusehen ist.
Dr. Peter Schneiderhan, Oberstaatsanwalt in Stuttgart und Mitglied im Präsidium des Deutschen Richterbundes betont in seinem Beitrag: „Die ‚Integrität des Sports‘ als ein Schutzgut ist eine Forderung an den Sport, welche dieser selbst einlösen muss. Sie kann nicht vom Gesetzgeber mit der Feststellung, der Sport sei Träger von positiven Werten, wie Leistungsbereitschaft, Fairness, Toleranz und Teamgeist‘ postuliert werden. So sehr die Einhaltung dieser Werte zu fordern ist, sind sie in dieser Unverbindlichkeit keine Rechtsgüter, die strafrechtlich geschützt werden könnten. Es ist offen, welchen Sport der Gesetzgeber schützen will. Daher ist das Gesetz überflüssig.“ (Ende des Zitats)
Für Transparency International Deutschland e.V. war bei der Beurteilung entscheidend, ob die geplanten Regelungen geeignet erscheinen, Sportwettbetrug und Manipulationen von Sportwettbewerben effektiv einzudämmen. Die Organisation kommt zu folgenden Schluss: „Das in der Überschrift formulierte Ziel der ‚Strafbarkeit von Sportwettbetrug‘ wird so jedenfalls nicht oder zumindest nicht vollständig erreicht. Hierfür ist der Referentenentwurf zu eng gefasst und nur auf den Vermögensschutz konzentriert.“ Viel wichtiger wäre es aus der Sicht von Transparancy endlich die überfällige angemessene und rechtssichere Regulierung des Sportwettmarktes anzugehen, die bekanntlich jedoch nicht in der Zuständigkeit des Bundes liegt. Berechtigt sind aus Sicht der LINKEN auch die Einwendungen des Nationalen Normenkontrollrates, der eine Evaluierungsfrist im Gesetz einfordert.
Mein Resümee: Nicht alles was in bester Absicht vorgelegt wird und auf dem ersten Blick gut aussieht, ist letztlich wirklich geeignet. Der Diskussionsbedarf zu diesem Gesetzentwurf, auch mit den Vertretern des Sports und den Juristen, ist offensichtlich. DIE LINKE wird sich hierbei gern einbringen. Herzlichen Dank!