Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Vorab, Frau Groden-Kranich: Auf die Idee, dass die Bezahlung nichts mit der Beschäftigungssituation von Frauen zu tun hat, kann man doch eigentlich nur dann kommen, wenn man denkt, dass Frauen nur für Luft und Liebe arbeiten wollen. Diese Verbindung ist, wie ich finde, eindeutig.
Das Thema, das wir heute in der Aktuellen Stunde behandeln, ist so aktuell, wie es leider auch ein Dauerbrenner ist. Schon die ersten Forderungen zum Frauentag zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren in diese Richtung formuliert.
Wir haben gehört: Der Anteil von Frauen mit Vollzeiterwerbstätigkeit ist gesunken, der mit Teilzeitarbeit ist gestiegen. Diese Frauen hängen - das ist das Problem - in der Teilzeitfalle fest, und damit steigt auch erheblich deren Armutsrisiko. Aber das bedeutet nicht, dass Frauen weniger arbeiten. Frauen stemmen eben einen Großteil genau jener Tätigkeiten, die unsere Gesellschaft erhalten. Das Problem ist: Sie werden dafür entweder nicht oder nur schlecht entlohnt, nicht mit Geld, aber auch nicht mit Zeit für sich selbst. Die Folge ist eine Doppel- und Dreifachbelastung. Das bedeutet dann schlicht: Überforderung, Krankheit und Armut. Eigentlich ist es an der Zeit für einen Aufschrei. Aber ich befürchte, dass selbst dafür die Mehrheit genau dieser Frauen viel zu kaputt ist und ihr dafür die Zeit fehlt.
Der Teilzeittrend von Frauen ist nicht unbedingt freiwillig und wird in der Regel auch nicht aus Liebe gewählt. 2 Millionen Frauen geben an, wegen der Kinderbetreuung in Teilzeit zu gehen, weitere 2 Millionen wegen sonstiger familiärer Verpflichtungen. Die Arbeit im Haushalt, die Pflege von Familienangehörigen, die Erziehung von Kindern wird noch immer hauptsächlich von Frauen übernommen. Bei Männern haben diesen Antrieb übrigens nur schlappe 4 Prozent. Bei Männern ist der meistgenannte Grund, um in Teilzeit zu gehen, die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungen. Tja, ich frage Sie: Wer macht denn den Haushalt, wenn sich die Männer fortbilden? Wer kümmert sich um die Kinder, wenn sie dann Karriere machen? Und wer ist angeschmiert, wenn die Beziehung zerbricht? Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eben keine Frage, die nur in Beziehungen auszuhandeln wäre; hier geht es um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und sie gehört viel stärker in den Blick dieses Parlaments und viel stärker in den Blick der Bundesregierung.
(Beifall bei der LINKEN)
Außerdem ändern sich die Lebensmodelle, auch wenn das einige von Ihnen nicht wahrhaben wollen. Es gibt immer mehr Frauen, die lieber alleinerziehend leben und kein Interesse an einer Ehe oder an einer Vater-Mutter-Kind-Beziehung haben. Sie wollen etwas anderes, als es das konservative Familienmodell der Regierung hergibt.
(Beifall bei der LINKEN)
Viele der Frauen in Teilzeit sind alleinerziehend. Wenn diese dann auch noch auf Hartz IV angewiesen sind, wird der Teufelskreis verstärkt. Risikomerkmale für Armut rechnen sich hoch. Frauen sind davon besonders betroffen und - was noch viel schlimmer ist - immer stärker betroffen. Bei Männern stieg die Armutsquote seit 2006 um 8 Prozent, bei Frauen um satte 12,5 Prozent. Immer weniger Frauen davon sind erwerbslos, aber immer mehr sind im Niedriglohnsektor und in prekären Beschäftigungsverhältnissen beschäftigt, sind also arm trotz Arbeit. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist beschämend.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Alleinerziehende, ob in Teilzeit oder Vollzeit, arbeiten nicht gesund, sondern sie arbeiten sich krank. Und damit sind wir wieder am Anfang: Stress, Überforderung, Armut. Kurzum: Frauen geraten in die Abwärtsspirale, nein, Frauen werden in die Abwärtsspirale gedrängt. Doch was macht die Bundesregierung angesichts dieser bestürzenden Fakten? Ich finde, viel zu wenig oder auch das Falsche. Ein Mindestlohn mit Löchern, ein Festhalten an Minijobs, die Armut gleich mitliefern und in biografische Sackgassen führen, die unsägliche Bedarfsgemeinschaft bei Hartz IV und unwürdige Sanktionen erschweren den Frauen und Kindern täglich das Leben. Für Alleinerziehende gibt es nur unzureichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten und keine ausreichende Steuerentlastung. Stattdessen möchte Minister Schäuble jetzt das Kindergeld um lachhafte 6 Euro erhöhen. Ich finde, das kann man schon als echte Provokation bezeichnen, erst recht deshalb, weil diese Erhöhung bei denen, die sie eigentlich bräuchten, gar nicht ankommt.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Sylvia Pantel (CDU/CSU): Und wenn wir es nicht gemacht hätten, wäre es auch nicht recht!)
Die Schwerpunktsetzung geht doch in eine klare Richtung: Da wird mehr Geld für neue Panzer bereitgestellt anstatt Investitionen in Beschäftigung und Familie zu stärken. Diese Koalition ist nicht in der Lage, eine Politik für Frauen im Interesse der Allgemeinheit zu machen. Liebe SPD, vielleicht merken Sie irgendwann wirklich, auf was Sie sich da eingelassen haben. Gegen dieses konservative Frauen- und Familienbild der CDU/CSU ist doch wirklich kein Kraut gewachsen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir in einem Jahr rund um den Internationalen Frauentag wieder über die Situation von Frauen reden, dann glaube ich zwar nicht, dass mehr als warme Worte von der Bundesregierung kommen dafür sind Sie sich viel zu uneinig , aber ich kann Ihnen versichern: Die Linke wird diese Themen immer wieder auf die Tagesordnung setzen, damit wir irgendwann den Frauentag auch wirklich einmal feiern können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)