Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Die Linke beantragt, das gesamte Wissenschafts- und Forschungssystem, insbesondere in förderbedürftigen Regionen, auf solide Füße zu stellen. Das ist erforderlich, weil die Regierung von Union und SPD im Exzellenzwahn feststeckt.
Ja, Spitzenforschung aus Deutschland wurde weltweit sichtbarer; das haben Sie erreicht. Aber dafür zehrt die Forschungsbasis von ihrer Substanz, und dieser Preis ist zu hoch.
Lehrkräfte fehlen an Schulen und Hochschulen. Bibliotheken können neue Technik und Literatur, auch Onlineausgaben, nicht im notwendigen Umfang bereitstellen. Unser Wissenschafts- und Forschungsnachwuchs lernt in überfüllten Hörsälen und Laboren. Sie von der Koalition vernachlässigen die Basis, und damit gefährden Sie perspektivisch auch die Leistungen der Spitze.
Die Linke fordert in ihrem Antrag, die Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen insgesamt zu stärken. Ein gravierendes Problem ist die mangelnde Finanzkraft vieler Bundesländer. Das Kooperationsverbot im Bildungsbereich behindert die Beteiligung des Bundes bei der Schulfinanzierung. Das Kooperationsverbot gehört abgeschafft.
Der bis 2020 befristete Hochschulpakt muss dauerhaft fortgesetzt werden. Die für 2017 geplante Erhöhung der Bundeszuschüsse zum Hochschulpakt begrüßt die Linke und fordert ab 2018 eine jährliche Steigerung um 3 Prozent.
In Thüringen werden 2016 über 800 neue Lehrerinnen und Lehrer in die Schulen kommen. Bundesweit stellen die Länder Pädagogen ein. Aber es fehlt inzwischen massiv an Nachwuchskräften. Deshalb will die Linke 50 000 Studienplätze für die Ausbildung von Lehrkräften mit Bundesmitteln schaffen.
Sie von der Union reden immer gern von der Industrie 4.0. Doch Sie vergessen: Industrie 4.0 verlangt einen höheren Anteil an bestausgebildeten Spezialisten. Warum schaffen Sie nicht die notwendigen Studienplätze?
Die Linke weiß, dass im Sozialbereich, in der Verwaltung und auch bei der Integration deutlich mehr Fachkräfte benötigt werden. Deshalb wollen wir zusätzliche 80 000 Studienplätze für Fachkräfte im Sozialbereich, für kleine und mittlere Unternehmen, für Verwaltungen, für die Wissenschaft, für die Industrie und auch für die Integration ausländischer Studentinnen und Studenten schaffen.
Vor wenigen Wochen, Mitte Dezember, hatte die Koalition eine Verbesserung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes in der Größenordnung einer homöopathischen Dosis beschlossen. Sie haben versagt. Der Befristungswahnsinn mit sechs Einjahresverträgen eines Wissenschaftlers, der aber stets im gleichen Labor arbeitet, der Mangel an Dauerstellen, all das droht weiterzugehen, und das will die Linke verändern.
Von unseren jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erwarten wir, dass sie die kulturelle und technologische Zukunft unseres Landes mitgestalten und entwickeln. Sie von der Union speisen 80 Prozent mit befristeten Verträgen ab und verhindern planbare Lebenswege. Das ist unwürdig und gefährlich.
Wie sollen unter diesen Bedingungen unsere Hochschulen und Forschungsinstitute die klügsten Köpfe halten gegen die verlockenden Angebote aus Wirtschaft, Industrie und dem Ausland?
Hunderttausende Wissenschaftlerinnen und Doktoranden warten bisher vergeblich auf eine Verbesserung ihrer Zukunftschancen in Deutschland. Deshalb fordert die Linke ein zehnjähriges Anreizprogramm mit 100 000 unbefristeten Stellen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Ein weiterer Punkt. Der Hochschulbau war bis 2006 eine im Grundgesetz verankerte Gemeinschaftsaufgabe. Sie wurde 2006 mit der Föderalismusreform abgeschafft. In drei Jahren laufen die als Ausgleich vereinbarten Kompensationsmittel des Bundes endgültig aus.
Sollen dann die Bildungschancen von der Finanzkraft der Länder abhängen? Machen wir den Hochschulbau wieder zur Gemeinschaftsaufgabe, verankert im Grundgesetz. Anders kommt keine Chancengleichheit zwischen den Regionen zustande.
Die rot-rot-grüne Landesregierung in Thüringen hat die Hochschulausstattung bereits 2015 um 40 Millionen Euro erhöht. Im Jahr 2017 wird die Linke in Thüringen zusammen mit SPD und Grünen den Hochschuletat um weitere 60 Millionen Euro - das sind 10 Prozent mehr - auf insgesamt 640 Millionen Euro steigern.
In der Summe wachsen in Thüringen im Jahr 2017 die Bildungsausgaben um fast 300 Millionen Euro im Vergleich zu den Ausgaben der letzten CDU-geführten Landesregierung. Mehr kann der Freistaat Thüringen für unseren Fortschritt nicht stemmen, und anderen Bundesländern geht es ähnlich. Deshalb: Arbeiten Sie in den Ausschüssen mit an unserem Antrag. Die Bundesregierung muss endlich Verhandlungen mit den Bundesländern starten, um die Grundfinanzierung an Hochschulen und Forschungseinrichtungen solide und dauerhaft zu finanzieren.
Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunft von Forschung und Wissenschaft in unserem Land und um eine Zukunft für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Bundesrepublik.
Vielen Dank.